Das Lächeln der toten Augen
Seite auf. »Simon Halbermann, 46 Jahre, verheiratet, ein Kind, den Sven«, berichtete er trocken. »Halbermann ist mehrfacher Millionär, er hat zwei dicke Autos in der Garage, eine Segelyacht und sogar ein Privatflugzeug in Mariensiel. Er bewohnt eine mondäne Villa draußen in Neuengroden, hat ein Ferienhaus in Horumersiel und noch diverse Grundstücke um Wilhelmshaven herum. Alles Bauerwartungsland, bares Geld also. Er ist Hauptgesellschafter der Maschinenfabrik Halbermann, die er von seinem Vater geerbt hat. Er war das einzige Kind. Studierte Betriebswirtschaft in Oldenburg und machte dort seinen Abschluss. Allerdings ist er mittlerweile nur noch sporadisch in der Firma. Er hat einen Geschäftsführer eingesetzt, der das Unternehmen leitet.«
Trevisan richtete sich auf. »Gibt es sonst irgendwelche Aktivitäten? Vereine, Kirchen, Clubs, denen er angehört?«
Dietmar Petermann blätterte in seinem Dossier. »Das ist es gerade, was mich stutzig gemacht hat«, sagte er. »Halbermann tritt hier in der Gegend überhaupt nicht auf. Er ist kein Mitglied der Kirche, engagiert sich weder sozial noch politisch noch sonst in irgendeiner Weise. Er jettet auch nicht um die Welt und feiert rauschende Partys mit der High Society. Das Einzige, was ich in Erfahrung bringen konnte, ist, dass er Kunstsammler ist. Bilder, Skulpturen und altertümliche Gegenstände.«
Trevisan dachte an seinen ersten Besuch in der Villa Halbermann. Schon damals waren ihm die vielen Bilder an den Wänden aufgefallen. »Wie verbringt er seine Tage, gibt es etwas über seine Frau zu berichten?«
»Mit ihr verhält es sich nicht viel anders«, berichtete Dietmar. »Sie heißt Elisabeth, ist 42 Jahre alt und in Nordfriesland geboren. Auch sie ist nirgends organisiert.«
»Moment mal«, warf Monika Sander ein. »Ist er vielleicht immer noch in Dänemark?«
»Bislang wurde er hier noch nicht gesehen«, antwortete Dietmar. »Seine Maschine ist auch noch nicht wieder in Mariensiel angekommen.«
Trevisan atmete tief ein. »Mensch, Dietmar, warum sagst du das nicht gleich? Am Ende stehen wir vor verschlossener Tür.«
Dietmar lächelte. »Er hat eine Haushälterin, die vormittags bei ihm arbeitet. Sie hat heute dort ihren Putztag und ist auf alle Fälle in der Wohnung. Ich wusste ja nicht, dass du gleich mit Halbermann sprechen wolltest.«
Trevisan warf ihm einen missbilligenden Blick zu. Er hasste es, wenn Dietmar seine Spielchen trieb. »Wie viel Uhr ist es jetzt?«, fragte er, nach dem er wieder einmal vergeblich einen Blick auf sein Handgelenk geworfen hatte.
»Kurz nach neun«, antwortete Tina.
»Also gut, dann treffen wir uns in einer halben Stunde. Horst wird uns mit drei Mann unterstützen«, schloss Trevisan die Besprechung.
*
Kurz nach zehn Uhr rückte Trevisan mit seinem Durchsuchungskommando vor der Halbermann-Villa in der Eichendorffstraße in Neuengroden an. Sie fuhren mit drei neutralen Dienstwagen vor. Beck hatte Trevisan vor dem Aufbruch noch einmal eindringlich gebeten, behutsam und vorsichtig vorzugehen. Er befürchtete noch immer, in einen Skandal verwickelt zu werden.
Trevisan trat an das schmiedeeiserne Tor heran und betätigte die Türglocke. Es dauerte eine Weile, bis sich die Stimme einer Frau im Lautsprecher der kleinen Sprechanlage meldete.
»Guten Morgen, hier ist Trevisan von der Kripo Wilhelmshaven. Öffnen Sie bitte das Tor!«, sagte er energisch.
»Aber … ich bin alleine«, erklang es zögernd. »Die Halbermanns sind verreist.«
Trevisan wandte sich zu Dietmar Petermann um. »Wie heißt die Frau?«, flüsterte er leise.
»Jonas«, bekam er zur Antwort.
»Frau Jonas?«, fragte Trevisan. »Ich möchte auch mit Ihnen reden.«
Einen Augenblick herrschte Schweigen. Plötzlich war ein Knacken zu hören. Das Tor öffnete sich.
Die Frau vor der Eingangtür wirkte verstört, als sie die vielen Polizisten sah. Sie trug eine weiße Schürze und hatte ihre Haare hochgesteckt. Trevisan schätzte sie auf etwa sechzig. Sie machte einen sympathischen Eindruck. Trevisan ging voran und hielt seine Dienstmarke in der Hand.
»Ich weiß nicht … was ist denn los?«, stammelte die überraschte Frau. »Ist etwas passiert?«
Trevisan zeigte ihr den Durchsuchungsbefehl. »Ich habe auch noch ein paar Fragen an Sie«, sagte er. »Es wäre schön, wenn Sie uns unterstützen würden.«
»Aber Sie können doch nicht so einfach … Warten Sie bitte, bis Herr Halbermann wieder zurück ist. Ich verstehe das alles
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