Das Lächeln der toten Augen
hatte, weil der Kleiderhaken am Aktenschrank wieder einmal abgebrochen war.
Locker legte er die Jacke über den Arm und wandte sich zum Gehen. Plötzlich wurde die Bürotür aufgerissen. Dietmar Petermann stürmte in das Zimmer. Ein breites Grinsen lag auf seinem Gesicht. »Gut, dass du noch da bist. Ich habe Neuigkeiten.«
»Wie wär’s das nächste Mal mit anklopfen?«, entgegnete Trevisan gereizt.
Dietmar überging den Einwand und ließ sich auf Trevisans Stuhl fallen. »Mir flimmern noch die Augen«, sagte er. »Aber es ist kein Wunder, dass sich Halbermann und unser Abgeordneter kennen. Schließlich studierten sie zur gleichen Zeit in Oldenburg an der Hochschule. Behrends Recht und Halbermann Betriebswirtschaftslehre.«
Dietmar blickte Trevisan erwartungsvoll an. Offenbar erwartete er eine überraschte Reaktion.
»Das ist interessant«, antwortete Trevisan gelassen. Er kannte Dietmars rhetorische Pausen, wenn er Neuigkeiten überbrachte. Dietmar ließ sich gerne alles aus der Nase ziehen, obwohl er innerlich vor Rededrang fast zu platzen drohte.
»Es kommt noch besser«, fuhr Dietmar fort. »Sie bewohnten sogar gemeinsam ein Zimmer. Zusammen mit zwei weiteren Studenten hatten sie eine Zwei-Zimmer-Wohnung angemietet. Sie stehen anscheinend allesamt noch immer in Kontakt.«
Jetzt war Trevisan doch neugierig geworden. »Wie kommst du darauf?«
Dietmar lächelte und nahm ein Sahnebonbon aus der Schatulle auf Trevisans Schreibtisch. Umständlich packte er es aus.
»Der eine, Elbers heißt er, ist sein Steuerberater und der andere, Kranewitt, ist mittlerweile ebenfalls Inhaber einer Firma in Emden. Ein Zulieferbetrieb der Halbermann-Werke.«
Wiederum schwieg Dietmar.
»Gut, ich muss jetzt nach Hause. Wir reden morgen darüber«, sagte Trevisan und ging zur Tür.
»Elbers und Kranewitt sind auch Mitglieder in diesem Kulturverein.«
Trevisan blieb stehen.
»Und beide, sowie auch Behrends, verbringen viel Zeit im Ausland. Vor allem am Wochenende. Sie haben alle Privatflugzeuge und fliegen ausgesprochen gerne nach Dänemark.«
Trevisan fuhr herum. »Das ist interessant, gibt es sonst noch etwas?«
Dietmar hatte mittlerweile die Hände vor der Brust verschränkt. »Es muss damals während des Studiums einen Vorfall mit Halbermann gegeben haben«, sagte er. »Er wäre beinahe von der Uni geflogen.«
Trevisan hatte seine Jacke wieder über den Stuhl gehängt und setzte sich. »Was für einen Vorfall?«
»Ich werde nicht ganz schlau daraus«, erwiderte Dietmar. »Offenbar hat er einen Dozenten geohrfeigt. Die Sache wurde unter den Teppich gekehrt. Aber ich habe die Adresse des Dozenten. Er ist mittlerweile pensioniert und wohnt hier ganz in der Nähe.«
»Mensch, Dietmar, woher weißt du das alles?«
»Melderegister, die Abschlusslisten, Diplomarbeiten und ein paar vergilbte Studentenzeitungen aus der guten alten Zeit.«
Trevisan lächelte. »Manchmal bist du einfach unbezahlbar.«
22
Sie hatten es geschafft. Mehrerer Versuche hatte es bedurft, doch dann hatte sich der Leib des Flugzeuges auf einem Teppich aus luftgeflutetem Kunststoff in die Höhe erhoben und war aus den Fluten aufgetaucht, die ihn Stunden zuvor verschlungen hatten. Der Bug war eine einzige gezackte und riesige Wunde. Die linke Hälfte fehlte. Die Tür, der Pilotensessel, Teile der Bordinstrumente und des Chassis waren einfach herausgerissen und von der See verschlungen worden, auf immer und ewig. Der harte Aufschlag auf dem Wasser hatte seine untrüglichen Spuren hinterlassen.
»Es hat keinen Sinn, nach dem Piloten zu suchen«, sagte der Einsatzleiter des Bergeteams. »Der Rote Sand wird von zwei gegensätzlichen Strömungen umspült. Die starke Sogwirkung nimmt alles mit sich. Unsere Taucher sind nun schon vier Stunden im Einsatz, es wird langsam Zeit, die Operation zu beenden.«
Alex Uhlenbruch nickte. »Kann die Frau noch identifiziert werden?«
Der Einsatzleiter der Marine schüttelte den Kopf. »Das Gesicht ist nicht mehr vorhanden, falls Sie das meinen. Sie hat sich ganz schöne Blessuren am Kopf zugezogen, und ein paar Fische werden wohl auch schon dran gewesen sein.«
»Wie lange wird es noch dauern, bis sie aus dem Wrack befreit ist?«, fragte Tina.
»Das kommt darauf an, wann wir an die Maschine ran dürfen«, antwortete der Marineoffizier. »Die Ingenieure vom Luftfahrtbundesamt untersuchen das Flugzeug. Sie wollen den Originalzustand erst einmal sichern, bevor sich unser Bergeteam an die Arbeit machen kann.«
»Also
Weitere Kostenlose Bücher