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Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Titel: Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Schatten, aber ihr Atem ging laut und unregelmäßig, und man konnte den Wein riechen.
    «Das ist das Endspiel», sagte sie noch einmal. «Es ist, als wären wir alle Bestandteil einer großen Tragödie auf einem Wandteppich, in dem die Zeiten miteinander verwoben sind. Und jetzt gehe ich in diesem Haus und dieser Stadt um wie ein Geist. Wie der Geist …»
    «Wie der Geist», sagte Merrily leise, «zu dem Sie eines Tages werden?»

37  Wie im Glockenturm
    Jane stand in der Küche und machte sich Frühstück, als im Spülküchenbüro das Telefon klingelte.
    «Gib den Hörer bitte deiner Mutter weiter, Jane.»
    «Sie ist nicht hier.»
    «Dann hole sie bitte», sagte Sophie Hill.
    Es war fast halb zehn. Durch das Fenster sah Jane die ersten zarten Blüten an den Apfelbäumen, obwohl der Himmel trüb war. Ethel saß auf der Mauer und lauerte auf Bewegungen zwischen den Gräbern auf dem Friedhof.
    «Das geht nicht», sagte Jane. «Sie ist gestern Abend nach Ludlow gefahren und noch nicht zurückgekommen. Ihr Handy hat sie natürlich vergessen.»
    «Oh Gott», sagte Sophie. Es war Samstag, also rief sie wahrscheinlich von zu Hause aus an. «Dann ist sie jetzt in Ludlow?»
    «Was ist denn los?»
    Sophie holte Luft, als wollte sie etwas erklären.
    «Sophie? Stimmt irgendwas nicht? Soll ich ihr was ausrichten, wenn sie –?»
    «Danke, Jane», sagte Sophie und legte auf.
    Jetzt machte sich Jane Sorgen, weil Sophie sich Sorgen machte – das war allzu deutlich gewesen.
     
    Lol war schon seit ein paar Stunden wach, als Gomer Parry an seiner Hintertür auftauchte.
    Gomer hatte einen kleinen Jungen bei sich – ungefähr zehn, blondes Haar, Kampfhosen.
    «Erzähl’s ihm», sagte Gomer.
    Der kleine Junge sah Lol an und ließ seinen Blick dann über den Zaun in den Obstgarten schweifen. Dann versuchte er, an Gomer vorbei zurück in die Church Street zu rennen.
    Gomer erwischte ihn. «Erzähl’s ihm.»
    «Lass mich los, du Pädophiler!»
    «Solln wir das auf die sanfte Tour machen, Junge, oder auf die harte?», sagte Gomer. «Entweder du erzählst dem Mann hier jetzt, was du gemacht hast, oder wir gehn zusammen zu dei’m Dad.» Gomer sah Lol an, der im Türrahmen stand. «Sein Dad is im Stadtrat von Hereford – Liberaldemokrat, konnte sich gerade so halten. Der würds bestimmt nich so klasse finden, wenn er erfährt, dass sein Junge Drohbriefe schreibt. Jetzt erzähl’s ihm.»
    Das Kind starrte auf die Stufe hinunter, auf der Lol stand.
    «Hab Ihnen ’n Brief geschickt.»
    «Verstehe», sagte Lol. «Und hast du, äh, den Brief auch geschrieben?»
    «Erzähl’s ihm», knurrte Gomer
    «Ja», sagte der Junge. «Aber ich hab’s mir nicht selber ausgedacht. Er hat mir gesagt, was ich schreiben soll.»
    «Wer?», sagte Gomer.
    «So ’n Kerl.»
    «Was für ’n Kerl?»
    «Weiß ich nicht! Das sag ich Ihnen doch schon die ganze Zeit, und Sie glauben’s mir einfach nicht. Er hat mir beide Male Geld gegeben.»
    «Wie viel?»
    «Fünf Pfund.» Der Junge sah zu Gomer hinauf. «Und zehn, damit ich nicht rede.»
    «Damit wir uns richtig verstehen, Junge. Der Kerl hat dir das Papier gegeben, dir gesagt, was du schreiben sollst, dann hat er es in einen Umschlag getan und dir gesagt, wo du ihn hinbringen sollst. Richtig?»
    «Ja. Wenn es dunkel ist.»
    «Und wie sah der Kerl aus?»
    «Ich weiß nicht – groß.»
    «Wars ’n Einheimischer?»
    «Hä?»
    «Hatteste den hier schon ma gesehn?»
    «Nein.»
    «War er mit dem Auto?»
    «Ja.»
    «Na gut», sagte Gomer. «Wenn du ihn nochma siehst, kommste zu mir und erzählstes mir. Weißt ja, wo ich wohne – in dem Bungalow unten am Hügel, mit den großen Schuppen.»
    «Ja.»
    «Wenn du’s mir schnell genug erzählst, hab ich vielleicht auch ’n Zehner für dich. Oder ich sag’s einfach deinem Dad nicht. Und jetzt verschwinde.»
    Als der Junge weg war, sagte Lol: «Das verstehe ich nicht.»
    «Pädophiler – haste das gehört? Die wern heutzutage ganz schön früh schlau, nich?»
    «Wie haben Sie das herausgefunden?»
    «Maggie Tomlin – wohnt über die Straße. Sitzt im Rollstuhl am Fenster und hört Radio. Kennt jeden. Sie hat direkt gesagt: Jasper Ashe. Sie dachte, er würde Faltblätter verteilen, für einen Flohmarkt oder so, hat aber nur hier was verteilt. Der Sohn von Gavin Ashe.»
    «Ich kapier’s nicht, Gomer.»
    «Ah, is auch nich so leicht», gab Gomer zu. «Jemand hat es auf dich und die Pfarrerin abgesehen, aber niemand von hier. Aber vielleicht sollste denken,

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