Das Land am Feuerfluss - Roman
über die Schulter, kehrte der Straße den Rücken zu, drang tiefer in den Busch vor und ließ sich von seinem inneren Kompass nach Hause führen.
4
D as dreieckige, rostige Eisengestell der Windmühle stand schon seit Jahrzehnten Wache über der weiten Ebene der Wilga-Farm. Wenn der Wind wehte, schwenkte die Wetterfahne in die Gegenrichtung und die dünnen Metallflügel drehten sich und pumpten das lebenserhaltende Wasser aus einem tiefen Bohrloch in Kühltanks und Viehtränken. Der Boden rings um Windmühle und Tränken war von Hunderten durstiger Tiere platt getrampelt worden. Wenn es regnete, verwandelte sich der gesamte Bereich schnell in Morast.
Doch der Schlamm war längst zu feinem Staub getrocknet, der von den unruhigen Hufen aufgewirbelt wurde und wie ein ockerfarbener Schleier über das sterbende Flachland wehte. In den Tränken fand sich nur ein dünnes Rinnsal, und die Windmühlenflügel standen in der schweren Luft still, während immer dichter werdende Wolken unheimlich über das Land zogen. Die Rinder witterten das nahende Gewitter, sie muhten, schnaubten und zogen unruhig als dicht gedrängte Herde um die Mühle.
Es war kurz vor der Morgendämmerung. Noch immer zuckten Blitze über den fernen Bergen, der Donner hallte mit bedrohlicher Intensität wider. Als die heißen Winde aus dem Westen einsetzten, schwankte die Wetterfahne leicht. Die Flügel setzten sich quietschend in Bewegung, und als der Wind zunahm, begannen sie sich zu drehen.
Der erste Wasserschwall kam aus dem Rohr, und das Vieh drängte sich an die Tränken. Vor lauter Durst vergaßen die Tiere ihre Angst vor dem Gewitter.
Ein Blitz zerriss den schwarzen Himmel, traf die Windmühle, fuhr mit ohrenbetäubendem Knall in die Metalltröge und tötete dabei zwei Rinder. Das überlebende Vieh suchte das Weite, als blaue Funken aufstoben, an dem alten Gestell entlangzischten und es kurz wie ein Leuchtfeuer erstrahlen ließen, bis sie erstarben.
Von den Trögen war der Blitz auf einen Stacheldrahtzaun übergesprungen. Niemand sah den Funken in das welke Grasbüschel fliegen, das an einem Zaunpfahl klebte, niemand bemerkte, wie der erste zarte Rauchschwaden über den Boden zog – und wie der heiße Wind den Funken zu einer Flamme anfachte.
Rebecca hatte unruhig geschlafen, nicht nur von der erdrückenden Hitze und dem krachenden Donner beeinträchtigt, sondern von dem Gedanken an die unmögliche Lage, in der sie sich befand. Danny hatte ihr das Gefühl vermittelt, Adam untreu zu sein, weil sie einen anderen Mann liebte. Außerdem war deutlich geworden, dass ihr Sohn Ben wohl eher nicht als Ersatzvater akzeptieren würde. Dennoch hatte sie sich endlich mit Adams Verlust abgefunden; er hätte nicht gewollt, dass sie ewig um ihn trauerte – das Leben musste weitergehen. Doch solange Danny unfähig war, seinen Schmerz und die Verwirrung zu überwinden, stand jede Zukunft, die sie mit Ben haben könnte, in Zweifel. Würde er warten? Liebte er sie genug, um zu begreifen, in welchem Dilemma sie steckte? Würde er die nötige Geduld aufbringen? Sie wusste es einfach nicht.
Sie merkte, dass sie doch eingeschlafen sein musste, als sie die Augen aufschlug. Es war kurz vor Sonnenaufgang, und ein himmlischer Duft nach gebratenem Speck zog durch das Haus. Rebeccas Verstand arbeitete träge, während sie sich wusch und frische Unterwäsche und das dünne Schwesternkleid anzog. Sie hatte keine Ahnung, was der Tag bringen würde. Da Danny seinen zehnten Geburtstag beging und für den Nachmittag eine Feier geplant war, hoffte sie, dass seine Laune etwas besser und durch nichts zu verderben sein möge.
Sie nahm die Glückwunschkarte und das ordentlich verpackte Geschenk, das sie vor Monaten aus einem Katalog bestellt hatte, und betrat die Küche.
Ihre Mutter hatte die Nachtschicht auf der Station beendet und trank verschlafen Tee. Sie hatte das Frühstück für die Patienten zubereitet und den Abwasch und das Putzen den drei Aborigine-Frauen überlassen. Diese wurden von den beiden Harpers beaufsichtigt, die pedantisch auf Disziplin und Sauberkeit achteten.
Hugh schwang über dem Herd emsig eine Bratpfanne, in der Speck und Eier brutzelten. Er machte sich für besondere Gelegenheiten gern besonders zurecht, und wenn seine Patienten ihn so erleben würden, würden sie sich fragen, ob er noch recht bei Trost sei. Er trug eine Augenklappe und Dannys alten Indianerkopfschmuck, dessen Endfedern ihm ins verschwitzte Gesicht hingen. Seine Füße
Weitere Kostenlose Bücher