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Das Land am Feuerfluss - Roman

Das Land am Feuerfluss - Roman

Titel: Das Land am Feuerfluss - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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brannte.
    Der verletzte Mann lag unter einer Plane, die an die Überreste eines umgestürzten Baums gebunden war und vorn von zwei Holzstöcken hochgehalten wurde. Die anderen Männer hatten unter dem Teekessel ein Feuer gemacht und verscheuchten mit ihren Hüten die Fliegen vom blutgetränkten Hemd über der Wunde. Sie stellten sich als Paddy und Mike vor.
    »Schön, Sie zu sehen, Doc«, stöhnte der Verletzte. »Ich heiße Ross.«
    »Hallo, Ross«, sagte Terence und warf einen kurzen Blick auf das blutige Hemd. »Versuch nicht zu sprechen, Kumpel.« Ross war vermutlich Mitte zwanzig. Er hatte die gegerbte Haut eines Mannes, der seinen Lebensunterhalt im Freien verdiente. Sein Gesicht war von Schmerz gezeichnet, sein Atem ging flach, seine Haut hatte die trockene Hitze von Fieber.
    Terence öffnete den Arztkoffer und holte eine Subkutanspritze und eine Phiole Morphium heraus. »Das wird die Schmerzen lindern«, beruhigte er den Verletzten und gab ihm eine Injektion in den muskulösen Arm.
    Als Ross in die Bewusstlosigkeit driftete, schnitt Terence vorsichtig das Hemd auf, das vom Blut des Mannes steif war. Die klaffende Wunde hatte den Mann beinahe zweigeteilt. Ross musste die Konstitution eines Ochsen haben, wenn er so lange überlebt hatte.
    »Halte die Fliegen von ihm fern, während ich mich auf die Operation vorbereite«, sagte Terence zu dem Fährtensucher. Er wandte sich an die beiden Viehtreiber und erteilte ihnen Anweisungen. Kurz darauf war das Fuhrwerk nah an das provisorische Zelt geschoben worden, damit man die Plane höher anbringen konnte, sodass sie mehr Schatten und Handlungsspielraum bot; kochendes Wasser wurde in eine Nierenschale geschüttet, in der Terence sich die Hände waschen konnte, und unter dem Verletzten wurde sehr sorgfältig eine große Gummiunterlage auf dem Boden ausgebreitet. Um den Staub fernzuhalten, wurde die Trage als Windschutz aufgestellt, und die vier Petroleumlampen, die der Fährtensucher aus dem Farmhaus mitgebracht hatte, waren für den Einbruch der Dunkelheit vorbereitet.
    »Ich werde Hilfe benötigen«, sagte Terence zu den Viehtreibern. »Wer von euch hat den besseren Magen?«
    »Ich wahrscheinlich«, antwortete Paddy und warf einen Blick auf seinen jungen Beifahrer, dessen Gesicht bereits eine grüne Färbung angenommen hatte. »Ich war Blessiertenträger im Sanitätstrupp der Armee; daher bin ich an so was gewöhnt.«
    Terence reichte ihm Seife und Nagelbürste. »Gut. Du kennst das Verfahren. Wasch dich bis an die Ellbogen und berühre dann nichts, bis ich es dir sage.«
    Dem Fährtenleser gab er eins seiner sauberen Handtücher. »Du musst mir den Schweiß aus den Augen wischen, Sam, und die Fliegen von der Wunde fernhalten.« Der Fährtensucher nickte, und Terence legte die chirurgischen Instrumente auf dem zweiten sauberen Handtuch bereit, das er im Windschatten der Trage ausgebreitet hatte.
    »Mike, du bringst die Pferde von hier weg und räumst den Dung fort – der zieht die Fliegen an. Dann hältst du das Feuer in Gang. Wir werden noch mehr heißes Wasser brauchen.«
    Sobald Terence einen Tropf für das Narkotikum aufgebaut hatte und alles zu seiner Zufriedenheit vorbereitet war, betrachtete er die beiden Männer, die mit ihm unter der Plane kauerten. Die Miene des Fährtenlesers war unergründlich. Er vertrieb weiterhin die Fliegen, während Paddy auf den Fersen hockte und die geschrubbten Hände ausstreckte, um die Instrumente anzureichen.
    »Fertig?«, fragte Terence leise. Sie nickten, und er holte tief Luft. »Dann wollen wir mal.«
    Das Horn des Tieres hatte Muskeln und Bindegewebe durchtrennt sowie Magen, Leber und Darm durchbohrt. Solche Wunden hatte Terence nach Mörserbeschuss schon erlebt. Es war fraglich, ob Ross durchkommen würde, selbst wenn es gelingen sollte, den Schaden zu beheben.
    Doch da Paddy ihm ruhig und sicher die Instrumente und Tupfer reichte und der Fährtenleser ihm unermüdlich den Schweiß von den Augen wischte und die Fliegen verscheuchte, schöpfte Terence allmählich ein wenig Hoffnung. Ross war jung und gesund, sein Herzschlag regelmäßig und erstaunlich kräftig. Wenn keine Infektion aufträte, hatte er eine Chance zu überleben. Die Gallenblase war zu stark durchbohrt, um gerettet zu werden. Aber Terence schaffte es, alle Blutungen zu stillen und die Risse in Magen und Leber zu schließen. Gerade schnitt er vorsichtig den zerstörten Teil des Darms heraus, als Mike sich leise von der anderen Seite des Fuhrwerks

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