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Das Land des letzten Orakels

Titel: Das Land des letzten Orakels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Whitley
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aus, die sie vorübergehend innehalten ließ. Dann aber sahen sie, wie sich die Türen knarrend öffneten und einige ihrer »Eintreiberkollegen« sie herbeiwinkten, und sie konzentrierten sich wieder auf ihr Vorhaben.
    Als sie durch das Hauptportal schlüpften, sank Bens Mut. Hier standen mindestens zwölf Eintreiber Wache, bei weitem zu viel, als dass sie sie hätten überwältigen können, und die Türen selbst waren mit Eisenbeschlägen versehen. Selbst wenn es den Aufständischen gelang, das Gebäude des Direktoriums zu erreichen, würde ihnen niemand wie geplant die Türen öffnen können. Ben und Laud wechselten Blicke. So viel zum Thema Unterstützung.
    »Sorgt dafür, dass diese Türen offen bleiben!«, rief eine Stimme hinter ihnen. Alarmiert drehten sie sich um, und die Türwächter um sie herum scharten sich zusammen, während auf der anderen Seite des Platzes eine kleine Gruppe Eintreiber auftauchte. Sie erkannten Inspektorin Poleyn, die in ihre Richtung eilte und dabei in ihre Pfeife blies. Ben spürte, wie Laud ihre Schulter berührte. Poleyn würde ihre Verkleidung sofort durchschauen.
    »Entschuldigung, Captain?«, meldete sich Ben bei einer der gestressten Wachen. »Wir müssen dem Direktor eine Nachricht übermitteln. Er sagte, es sei dringend …«
    »Der Direktor ist weg, habt ihr das nicht gehört?«, erwiderte der Captain barsch, ohne sich zu ihnen umzudrehen. »Hat seine neuen Gefangenen mitgenommen und ist verschwunden, gemeinsam mit diesem unheimlichen Mönch.«
    Ben packte Laud am Arm, um ihren Bruder davon abzuhalten, einen Satz nach vorn zu machen und sich den Captain vorzunehmen. Wenn sie weitere Fragen hierzu stellten, würden sie zu viel Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Ihre Gedanken rasten, während Inspektorin Poleyn sich weiter den Türen näherte.
    »Wem sollen wir sie dann übermitteln, Sir? Es ist wirklich dringend …«
    »Überbringt sie Lady Astrea!«, knurrte der Captain und deutete dabei tiefer ins Direktorium hinein. »Und kommt dann wieder hierher zurück. Wir brauchen hier jeden, den wir kriegen können.«
    »Ja, Sir«, murmelte Ben und zog Laud hinter sich den Korridor entlang. Sobald sie außer Sichtweite waren, wandte sie sich ihm zu und schaute ihm in die Augen. »Sag mir jetzt, dass du vorhin nicht vorhattest zu fragen, wohin sie Lily und Mark verschleppt haben«, sagte sie.
    Statt einer Antwort blickte Laud sie finster an. »Sie sind nicht einmal hier«, murrte er. »Unsere Leute werden bei ihrer Ankunft feststellen, dass das Direktorium verrammelt ist, und wir können nicht einmal unsere Freunde befreien …« Wütend trat er gegen die Wand. »Wie konnte Poleyn so schnell wieder zurückkehren?«
    »Dann ändern wir eben den Plan«, sagte Ben, hastig bemüht, ihren Bruder zu besänftigen, bevor jemand auf sie beide aufmerksam wurde. »Wir haben es ins Direktorium geschafft, oder? Es muss etwas geben, das wir hier unternehmen können.«
    Laud schloss die Augen. Sein Atem ging schnell und flach, worauf Ben ihm besorgt eine Hand auf den Arm legte. Es ging nicht bloß darum, dass er wütend war. Wütend waren sie alle. Nachdem Mark und Lily verschwunden waren, hatte sogar Theo zugestimmt, dass ihr Angriff auf das Direktorium nun nicht mehr aufgeschoben werden durfte. Sobald die Nachricht von der Gefangennahme von Mark, Lily und Nick die Runde gemacht hatte, das wussten sie, würde es sich nicht mehr verhindern lassen, dass die Menge sich zusammenrottete. So aber konnten sie zumindest die Sache selbst in die Hand nehmen und es vielleicht sogar mit einer Taktik versuchen.
    Aber so wie Laud hatte niemand reagiert. Leicht war es mit ihm noch nie gewesen, doch solange Ben denken konnte, war er stets derjenige gewesen, der sich beherrschen konnte, der große Bruder, der einen kühlen Kopf bewahrte und die Welt verspottete. Doch vorhin auf dem großen Marktplatz hatte sie gesehen, wie er sich kämpfend einen Weg durch die Eintreiber gebahnt hatte, bevor er in seine Verkleidung geschlüpft war. Einen der Eintreiber hatte er gegen eine Bude gedrängt und ihn immer wieder mit seinem eigenen Schlagstock malträtiert, bis Ben ihren vor Wut schäumenden Bruder von dem Mann weggerissen hatte. Diese unbekannte Raserei machte ihr Angst. Er wirkte völlig verzweifelt.
    Da hinter ihnen im Korridor Unruhe aufkam, ergriff sie vorsichtig seine Hand. Sie mussten weiter. Sofort .
    »Sie haben sie in der Hand, Ben«, sagte Laud plötzlich. Er hielt die Augen nach wie vor geschlossen und zitterte

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