Das Land zwischen den Meeren
so bezaubernd und verführerisch, wie es ihr nur möglich war, als gelte es, einen Mann zu erobern. U nd eigentlich hatte sie genau das vor. Sie wollte ihren Man n für einen Plan gewinnen, der ihr Leben verändern sollte. »Du hast einmal gesagt, ich könne über die Hälfte deines Vermögens verfügen. Ich will aber nur einen kleinen Teil davon, Antonio. Nur so viel, dass ich ein Haus für junge Frauen einrichten kann, die sich in einer Notlage befinden, die kein Zuhause mehr haben und nicht wissen, wo sie leben sollen.«
Antonios verdutzter Gesichtsausdruck verriet, dass er ihren Ausführungen nur mit Mühe folgen konnte. Auch war ihm offenbar unbehaglich zumute.
»Kein vernünftiger Tico käme jemals auf einen solch absonderlichen Gedanken. Was würden meine Eltern zu deinem Vorhaben sagen? Sie würden denken, du hättest den Verstand verloren. Und alle Freunde und Bekannten übrigens auch. Nein, das schlag dir aus dem Kopf. Und jetzt entschuldige mich, mein Liebes, ich muss zurück an die Arbeit.«
Er wollte sich schon erheben, doch Dorothea ergriff seine Hand und hielt sie fest. Ganz ruhig blieb sie sitzen, sah ihn unverwandt an, während Kraft und Zuversicht ihr Inneres erfüllten. »Bitte hör mir noch einen Augenblick lang zu! Ich will das Geld nur geliehen haben, Antonio. Eines Tages sollst du alles zurückbekommen. Ich will nicht auf ewig in deiner Schuld stehen.«
»Was redest du da, Dorothea? Seit wann ist ein Ehemann ein Bankier, der seiner Frau für irgendwelche Luftschlösser und Hirngespinste Geld hinterherwirft?«
»Und seit wann ist eine Ehefrau eine Salzsäule, die die Liebhaber ihres Mannes reglos hinnehmen muss?«
Antonio biss sich auf die Unterlippe und senkte den Blick. »Verzeih mir. Ich … ich habe es nicht so gemeint. Aber du musst das verstehen, Dorothea. Sich mit ungebildeten Indianern anbiedern und ihnen auch noch eine Zuflucht anbieten … Das … das gäbe einen Riesenskandal«, stotterte er vor sich hin.
Dorothea wunderte sich selbst, wie gelassen sie trotz Antonios Ausflüchten blieb. Aber sie wollte die Vergangenheit abschütteln und endlich wieder zu sich selbst kommen. Und sie wusste, sie würde es schaffen, wenn sie die richtigen Argu mente fand. »Gäbe es nicht einen viel größeren Skandal, wen n die Frau eines zukünftigen Kaffeebarons ihren Ehemann verließe und einem eigenen Beruf nachginge? Was würden deine Eltern wohl dazu sagen? Oder deren honorige Geschäftsfreunde?«
Antonio riss ihre Hände an die Brust, sah sie flehentlich und mit Tränen in den Augen an. »Nicht, Dorothea, das kannst du nicht tun! Ich erfülle dir deine Wünsche, aber du darfst mich nicht verlassen.«
»Gut, ich schlage dir einen Pakt vor. Seit wir verheiratet sind, ist es dir nicht gelungen, dich von deinen Bekanntschaften loszusagen. Obwohl du es immer wieder versprochen hast. Ich habe mittlerweile die Hoffnung aufgegeben, dass du dich jemals ernsthaft ändern wirst. Weil du es vielleicht auch gar nicht kannst. Darüber will ich nicht urteilen. Jedenfalls brauchst du mich als Alibi, damit du weiterhin mit deinen Freunden verkehren kannst. Und ich brauche jemanden, der mein Projekt finanziert. Wenn ich das Geld von dir bekomme, dann bleibe ich bei dir. So schützen wir uns gegenseitig. Und der Rest der Welt soll glauben, wir seien eine glückliche und unbeschwerte Familie.«
Antonio blinzelte sie ungläubig an, brauchte eine Weile, bis er den Vorschlag wirklich begriffen hatte. »Das … das ist dein Ernst? Obwohl ich dich so oft verletzt habe und dich nie so glücklich machen kann, wie du es verdient hättest?«
Sie nickte ruhig und selbstgewiss und sah an der Art, wie er den Kopf hob und die Schultern straffte, wie erleichtert er war. Er umarmte sie, küsste sie lange und zärtlich.
»Danke, Dorothea, meine Liebe. Du bist eine wunderbare Frau … Ich denke darüber nach, mit welchen Argumenten ich Vater überzeugen kann. Gleich nach dem Abendessen will ich mit ihm reden und ihm sagen, dass du meine volle Unterstützung hast und ich dir bei allen Planungen freie Hand lasse.«
Dorothea sah ihm hinterher, wie er durch den Park schritt und eine Abkürzung zu seiner Blockhütte nahm. Ein schöner, eleganter – und innerlich zerrissener Mann. Erst jetzt spürte sie, wie ihr Herz raste. Ihre Ruhe war nur gespielt gewesen. Aber sie hatte eine erste Hürde genommen. Und das war Elisabeths Verdienst, der sie ihre offenen Worte zunächst verübelt hatte. Irgendwann sollte sie darüber
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