Das Landmädchen und der Lord
getan.“
„Nun, das Taschentuch wird genauso wieder auftauchen wie die Perlen. Welch ein Aufhebens Sie um diesen Schmuck machen, Miss Hampton! Bald werden Sie gar nicht wissen, wohin mit all Ihren Juwelen. Die Pendleton-Erbstücke müssen ein Vermögen wert sein. Wahrscheinlich werden sie in einem Banktresor verwahrt.“
„Dort sollen sie auch bleiben. Was die Perlen betrifft – da sie ein Geschenk von Lady Elizabeth sind, bedeuten sie mir sehr viel.“
„Sicher wird sie Ihnen etwas anderes schenken. Sie besitzt Schmuck in Hülle und Fülle. Also kann sie eine zweite Perlenkette entbehren.“ Miss Hazledeane zuckte die Achseln, stand auf und schlenderte davon.
Beklommen starrte Susannah ihr nach. Nein, sie durfte Lady Elizabeths Mündel nicht des Diebstahls verdächtigen. Oder doch? Ein wachsendes Unbehagen stieg in ihr auf. Irgendwie hatte sie den Eindruck gewonnen, Miss Hazledeane wüsste mehr über die verschwundenen Perlen, als sie zugab.
Sobald Susannah ihr Schlafzimmer betrat, stellte sie fest, dass die oberste Schublade ihrer Kommode halb offen stand. Verwirrt spähte sie hinein. Ein Seidenschal war leicht zerknüllt worden, und als sie ihn beiseiteschob, sah sie das Samtetui. Sie öffnete es – und starrte auf die Perlen.
Wie waren sie hierher gelangt? Warum hatte jemand die Kette entwendet und dann zurückgebracht? Dafür gab es nur einen einzigen Grund – die unbekannte Person wollte sie der Lächerlichkeit preisgeben. Und es war in der Tat sehr peinlich. Ihretwegen hatte man das ganze Haus durchsucht, und die Gäste waren beunruhigt worden.
Natürlich musste sie gestehen, die Perlen seien wieder aufgetaucht – obwohl sie sich wie eine Närrin fühlen würde.
So schlimm sei das nicht, erklärte Lady Elizabeth – einfach nur erleichtert, weil die Kette gefunden worden war. „Vielleicht hat Ihre Zofe sie entdeckt und in die Schublade zurückgelegt, Susannah.“
„Nein, danach habe ich Iris gefragt. Und davor war das Etui verschwunden, ganz zweifellos. Jedenfalls tut es mir leid, dass ich diese Aufregung verursacht habe.“
„Deshalb müssen Sie sich nicht grämen. Die Perlen sind wieder da, alles ist in Ordnung, und wir sollten den Zwischenfall vergessen.“
Susannah dankte ihr und ging zu Bett. In dieser Nacht fand sie sehr lange keinen Schlaf. Immer wieder fragte sie sich, was die unbekannte Person bewogen haben mochte, die Perlen zu entwenden und dann zurückzugeben.
Am nächsten Morgen schien die Sonne strahlend hell. Weil es ziemlich schwül war, prophezeiten einige Leute einen Wetterumschwung noch vor dem Einbruch der Dunkelheit.
Harry hatte beschlossen, das Picknick zu veranstalten. „Von den unangenehmen Ereignissen lassen wir uns die Laune nicht verderben. Die Boote wurden auf diese Seite des Sees gebracht. Wer rudern möchte, soll sich uns anschließen. Und wer nur am Picknick interessiert ist, kann gegen Mittag zum Ufer des Sees wandern.“
„Oh, ich bin so froh, weil du die Exkursion nicht absagst“, erwiderte Susannah. „Und ich kann mich gar nicht genug entschuldigen, weil ich für all die Aufregung gesorgt habe. Aber ich muss es noch einmal betonen – vor dem Lunch lagen die Perlen nicht in meiner Schublade.“
„Das glaube ich dir. Und es ist ja auch kein Schaden entstanden. Die Schurken im Wald beunruhigen mich viel mehr. Zum Glück hat Miss Royston mir verziehen, dass sie auf meinem Landgut attackiert wurde. Am Wochenende wird sie abreisen, um unsere Hochzeit zu arrangieren.“
„Dann wollen wir nicht mehr an all das denken und einfach nur glücklich sein“, schlug Susannah vor. „Für Amelia war es gewiss sehr schlimm. Aber sie hat den Überfall gut überstanden.“
Harry stieg mit Susannah ins erste Boot und ruderte zur Mitte des Sees. Lächelnd lehnte sie sich auf ihrer Sitzbank zurück, von einem Sonnenschirm vor der Hitze geschützt. Als sie zum Ufer zurückschaute, beobachtete sie, wie der Earl of Ravenshead das Boot ruderte, in dem ihre Mutter und Amelia saßen. In Tobys Boot hatte Lady Elizabeth Platz genommen. Die meisten Damen und Gentlemen schlenderten im Gras umher, plauderten und genossen den Sonnenschein. Nur Miss Hazledeane, in einem leuchtend weißen Kleid, wanderte allein dahin, etwas abseits von den anderen.
„Amüsierst du dich?“, fragte Harry. „Das sollten wir öfter tun. Ich hatte ganz vergessen, wie angenehm es hier draußen auf dem Wasser ist.“
„O ja, mir gefällt es auch.“ Susannah ließ ihre Hand durch sanfte Wellen
Weitere Kostenlose Bücher