Das Lavendelzimmer: Roman (German Edition)
Gesicht.
»O ja. Wie die Liebe, von der man nicht weiß, ob sie erwidert wird, so verrückt und dumm und nervös macht einen der vent du fada. Aber wenn alles vorbei ist, ist zugleich alles geputzt. Das Land und der Kopf. Alles ist wieder sauber und klar, und wir fangen das Leben neu an.«
Sie verabschiedete sich mit den Worten: »Ich werde mal die Sonnenschirme einrollen und die Stühle festbinden«, und Jean fragte Max: »Was wolltest du eben noch erzählen?«
»Äh … habe ich vergessen«, behauptete Max rasch. »Habt ihr Hunger?«
Den Abend verbrachten sie im winzigen Restaurant Un p’tit coin de cuisine in Bonnieux mit wunderbarem Blick auf das Tal und seinen rotgoldenen Sonnenuntergang, gefolgt von einem so klaren, funkelnden Sternenhimmel, dass das Gleißen der Lichter fast eisig wirkte. Tom, der vergnügte Kellner, servierte ihnen provenzalische Pizza auf Holzbrettern und Lamm im Schmortöpfchen.
Dort, an den roten, wackeligen Tischen in dem heimeligen Felsgewölbe, war es, als sei Catherine ein neues, wohltuendes Element für die chemische Verbindung zwischen Jean und Max. Ihre Anwesenheit schuf Harmonie und Wärme. Catherine besaß eine Art, Menschen so anzuschauen, als ob sie alles ernst nahm. Max erzählte von sich, seiner Kindheit, seinen gescheiterten Schwärmereien für Mädchen, seiner Geräuscheflucht, was er Jean – oder vermutlich jeglichem anderen männlichen Wesen – nie erzählt hätte.
Während sich die beiden unterhielten, konnte sich Jean in Gedanken dann und wann davonstehlen. Der Friedhof lag kaum hundert Meter über ihm, auf dem Kirchberg. Es trennten ihn nur ein paar tausend Tonnen Stein und Scheu davon.
Erst als sie im jetzt schon spürbar heftigeren Wind den Weg hinab ins Tal antraten, fragte sich Jean, ob Max nur deshalb so viel erzählt hatte, um zu überspielen, dass er nicht mehr über das Treckermädchen reden wollte.
Max brachte die beiden zu ihrem Zimmer.
»Geh schon vor«, bat Jean Catherine.
Max und er standen allein im Schatten zwischen Haupthaus und Scheune. Der Wind dröhnte und jaulte leise und beständig um die Ecken.
»Was wolltest du mir denn wirklich sagen, Max?«, fragte Jean sanft.
Jordan schwieg.
»Wollen wir nicht bis nach dem Wind warten?«, bat er schließlich.
»So schlimm?«
»Schlimm genug, dass ich warten wollte, bis du da bist, um es dir zu sagen. Aber nicht … tödlich. Hoffe ich.«
»Sprich, Max, sprich, sonst überwältigen mich meine Fantasien, ich bitte dich.«
Zum Beispiel Fantasien, dass Manon noch lebt und mir nur einen Streich gespielt hat.
Max nickte. Der Mistral dröhnte.
»Manons Mann, Luc Basset, hat drei Jahre nach Manons Tod wieder geheiratet. Mila, eine in der Gegend sehr bekannte Köchin«, begann Max. »Den Weinberg hat er von Manons Vater zur Hochzeit bekommen. Weiß- und Rotweine. Sie sind … sehr beliebt. Und Milas Restaurant auch.«
Jean Perdu spürte einen kleinen, eifersüchtigen Stich.
Zusammen hatten Luc und Mila einen Weinberg, ein Gut, ein beliebtes Restaurant. Womöglich einen Garten, sie hatten die wärmende, blühende Provence und jemanden, dem sie alles sagen konnten, was sie bewegte – Luc hatte sich das Glück einfach wiedergeholt. Oder auch nicht einfach, aber für eine differenzierte Sichtweise vermochte Jean gerade keine Kraft aufzubringen.
»Wie schön«, murmelte er. Sarkastischer, als er wollte.
Max schnaubte. »Was hast du denn erwartet? Dass Luc mit einer Geißel herumläuft, keine Frau mehr anschaut und bei trocken Brot, verschrumpelten Oliven und Knoblauch auf den Tod wartet?«
»Was soll das denn heißen?«
»Ja, was wohl«, zischte Max zurück. »Jeder trauert anders. Der Weinmann hat sich für die Variante ›neue Frau‹ entschieden. Und? Ist ihm das vorzuwerfen? Hätte er es machen sollen … wie du?«
Heiße Empörung wallte in Perdu auf.
»Ich würde dir am liebsten eine runterhauen, Max.«
»Ich weiß«, antwortete Max. »Aber ich weiß auch, dass wir danach immer noch miteinander alt werden können, Blödmann.«
»Das ist der Mistral«, sagte Madame Bonnet, die sie hatte streiten hören, und ging mit düsterem Gesichtsausdruck über den knirschenden Kies an ihnen vorbei ins Haupthaus.
»Tut mir leid«, raunte Jean.
»Mir auch. Verdammter Wind.«
Sie schwiegen wieder. Vielleicht war der Wind auch nur eine praktische Ausrede.
»Gehst du trotzdem zu Luc?«, fragte Max.
»Ja. Natürlich.«
»Ich muss dir noch etwas sagen. Schon seit du da bist.«
Als Max ihm gestand,
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