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Das Leben, das uns bleibt (German Edition)

Das Leben, das uns bleibt (German Edition)

Titel: Das Leben, das uns bleibt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Beth Pfeffer
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Mitbringsel freuen würde. Außer vielleicht über das Aspirin, wenn er vom Holzhacken Muskelkater bekam.
    Für Jon ein Geschenk zu finden, war noch nie leicht gewesen.
    Obwohl es meilenweit niemanden gab, der mich hätte hören können, fing ich nicht an zu singen, sondern pfiff beim Fahren nur leise vor mich hin. Ich fand es schön, wie das Wasser hochspritzte, wenn ich durch die Pfützen fuhr. Und ich hatte eine tolle Erkenntnis: Man muss nicht ununterbrochen glücklich sein. Nach allem, was passiert ist, kann man das wohl auch kaum erwarten. Aber hier und da schleichen sich eben doch ein paar Glücksmomente ein, zum Beispiel in Form einer ungetragenen Jeans. Diese Momente muss man genießen, gerade weil man sie so selten und unverhofft findet.
    Jetzt konnte ich sogar verstehen, warum Matt Syl ungefähr zehn Minuten nach ihrer ersten Begegnung geheiratet hat. Sie war auch so ein seltener, unverhoffter Fund.
    Auch wenn es sicher nicht geschadet hat, dass sie damals noch lange Haare trug.
    Ich pfiff gerade den Song »I Dream of Jeannie with the Light Brown Hair«, den ich in der dritten Klasse gelernt und seitdem nicht mehr gehört habe, als ich mit dem Vorderrad in ein Schlagloch geriet und über den Lenker flog.
    Ich landete mit dem Gesicht in einer Pfütze. Einen Moment lang überkam mich Panik. Ich sah Mom vor mir, wie sie im Keller lag, und glaubte allen Ernstes, ich würde ertrinken.
    Aber die Schmerzen brachten mich schnell wieder zur Vernunft. Und die waren so groß, dass ich mir fast schon gewünscht hätte, in anderthalb Zentimeter tiefem Wasser ertrinken zu können.
    Ich rollte mich aus der Pfütze heraus und bewegte meine Finger, Hände, Arme und Beine, bis ich sichergestellt hatte, dass nichts gebrochen war. Ich hatte mir die Handflächen aufgeschürft und vermutlich auch die Knie. Mein Kinn und mein Kiefergelenk taten furchtbar weh, aber wenigstens spuckte ich keine Zähne. Ich fühlte mich wie ein einziger großer blauer Fleck. Aber an so was stirbt man bekanntlich nicht.
    Ich kroch zu meinem Rad zurück. Es lag auf der Seite, aber die Tüten waren noch ganz und auch die Reifen sahen okay aus.
    Erst jetzt wurde mir klar, was für ein Glück ich bei meiner Irrfahrt neulich gehabt hatte. Was, wenn ich mir einen Platten gefahren hätte? Ich war meilenweit von zu Hause entfernt gewesen, ohne einen Schimmer, wo ich mich befand, und hätte zu Fuß zurücklaufen müssen.
    Manchmal denke ich, ich habe in den letzten Monaten nichts anderes getan als geweint. Das hielt mich trotzdem nicht davon ab: Ich saß neben meinem Rad, hielt mir immer wieder vor Augen, was für ein Glück ich gehabt hatte, und schluchzte.
    Wenigstens musste ich mich diesmal nicht in meinen Pullover schnäuzen. In einem der Häuser hatte ich eine Packung Taschentücher gefunden. Als ich wieder dazu fähig war, kramte ich sie aus einer der Mülltüten hervor.
    Immerhin ein Fortschritt.
    Als ich gerade das letzte Taschentuch verbrauchte, hielt Syl neben mir an. Unser Treffpunkt war eigentlich weiter nördlich, aber sie hatte offenbar nach mir gesucht. Und da ich mitten auf der Howell Bridge Road lag, war ich nicht schwer zu finden gewesen.
    »Du siehst schlimm aus«, sagte sie und half mir auf.
    »Ich bin in ein Schlagloch geraten«, sagte ich.
    Syl nickte und hob mein Rad auf. »Was ist besser?«, fragte sie. »Laufen oder fahren?«
    So oder so würde es jetzt erst einmal anderthalb Kilometer bergauf gehen. »Wie wär’s, wenn du mich hier einfach sterben lässt?«, schlug ich vor.
    »Das würde Laura mir nie verzeihen«, sagte Syl. »Brauchst du noch ein paar Minuten?«
    Was ich brauchte, war ein völlig anderes Leben. »Ich versuch’s mal mit Laufen«, sagte ich. »Fürs Fahren fühle ich mich noch ein bisschen zu wackelig.«
    »In Ordnung«, sagte Syl. Sie umfasste ihren Lenker mit der einen und meinen mit der anderen Hand, um die Räder zu schieben, während ich neben ihr herhumpelte.
    »Das wird schon wieder«, sagte Syl nach ein paar Schritten, die zu den schmerzhaftesten meines Lebens gehörten. »So weit wärst du nie gekommen, wenn irgendwas gebrochen wäre.«
    Ich wusste natürlich, dass sie Recht hatte, aber das machte mich kein bisschen glücklicher.
    »Ich weiß noch, vor ein paar Monaten«, sagte Syl. »Gleich nachdem die Luft so schlecht geworden ist. Da war ich mit einer Truppe unterwegs … «
    »Einer Truppe? Soldaten?«, fragte ich.
    »Keine Soldaten«, antwortete Syl. »Einfach eine Truppe von Leuten. Auf der Straße

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