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Das Leben einer anderen: Roman (German Edition)

Das Leben einer anderen: Roman (German Edition)

Titel: Das Leben einer anderen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joyce Maynard
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du’s glaubst oder nicht: Es verkauft sich immer noch enorm gut.«
    In dem Umschlag befand sich ein Scheck über dreiundsiebzigtausend Dollar.

Dana
    Unvergleichliche Süße
    F ünf Jahre nachdem ich meinen Antrag eingereicht hatte, bekam ich einen Brief vom Fachbereich Agrar- und Gartenbauwirtschaft der Universität.
    Nachdem ich so viele Jahre auf die Züchtung der neuen Erdbeerart verwandt hatte, konnte ich mich schon kaum mehr freuen, als ich endlich erfuhr, dass sie für gut befunden und zum Patent angemeldet worden war. Man empfahl mir einen Rechtsexperten auf diesem Feld, der mich bei der Vermarktung des neuen Produkts beraten könne. Derzeit war meine Erdbeerart noch unter der Bezeichnung Fragaria S-4762 registriert, aber ich hatte die Möglichkeit, ihr einen eigenen Namen zu geben.
    Nach einer Weile, als alle Papiere unterzeichnet waren, sicherte sich Ernies Samenvertrieb das Exklusivrecht, im nächsten Katalog eine neue aufregende Erdbeerart anzubieten. Sie war mit der Höchstzahl von vier Sternen bewertet worden und wurde besonders für den Anbau im Nordosten des Landes empfohlen. Im Begleittext hieß es, die mittelgroße Frucht besäße eine unvergleichliche Süße. Ich hatte die neue Art inzwischen benannt. Sie hieß Clarice.
    Als ich mit dem Wagen zum Hauptsitz von Ernies Samenvertrieb in Burlington, Vermont, fuhr, um die letzten Papiere zu unterzeichnen, ereignete sich etwas Seltsames. Ich hatte im Radio einen Sender für Countrymusic eingestellt, weil Clarice diese Musik so geliebt hatte – die ich allerdings meist als unfassbar schnulzig empfand.
    Dann lief ein Song, der mir irgendwie bekannt vorkam, ein Duett von zwei Frauen, die sich zusammen wie ein Engelschor anhörten. Ich fing an, unwillkürlich mitzusingen, und wunderte mich darüber, dass ich sogar den Text kannte.
    Zuerst dachte ich, es sei vielleicht einer von Clarice’ Lieblingssongs gewesen, den ich nebenbei oft gehört hatte. Doch dann wurde mir schlagartig bewusst, dass es Georges Song war. Der auf irgendwelchen verschlungenen Wegen in die Hände dieser beiden Frauen gekommen war. Ich kannte das Duo nicht, aber sie waren offenbar berühmt, und der Song war in den Countrycharts. Er war ein Hit geworden.
    Ich hätte mich vermutlich dahinterklemmen, jemanden verklagen und viel Geld verdienen können. Aber ich beschloss, mich nicht damit abzugeben. Ich würde selbst an diesem Tag eine große Geldsumme für mein eigenes Werk in Empfang nehmen – mein Werk und das des Mannes, von dem ich nun wusste, dass er mein leiblicher Vater war. Das genügte mir.

Ruth
    Was ist damals geschehen?
    N achdem ich durch Nancy Edmunds’ Brief von dem Geheimnis erfahren hatte, das meine Familie verändert und über so viele Jahre belastet hatte, fiel es mir erstaunlich leicht, mich als Valerie Dickersons Tochter zu sehen. Dieser Prozess wurde sicher zusätzlich erleichtert durch die Tatsache, dass Connie sich mir gegenüber nie wirklich mütterlich verhalten hatte. Und es war in gewisser Weise tröstlich, nun endlich die Hintergründe zu verstehen.
    George Dickerson als meinen Vater zu sehen, fand ich dagegen erheblich schwieriger. Nicht nur, weil der Mann so ein Chaot gewesen war. Sondern vor allem, weil ich Edwin Plank, den Mann, der mich großgezogen hatte, so liebte. Und was die Gene auch behaupten mochten: Für mich würde Edwin immer mein Vater bleiben.
    Wenn ich ihn im Pflegeheim besuchte, sprach er häufig gar nicht, und wenn er etwas sagte, war es meist wirr und unverständlich. Bei gutem Wetter machten wir manchmal einen Spaziergang auf dem Gelände, auch wenn es dort nicht viel zu sehen gab außer ein paar kümmerlichen Geranien und ein paar Grünstreifen.
    Wer weiß, weshalb mein Vater an jenem Tag so anders war, aber es fiel mir sofort auf, als ich hereinkam – er sah wach und lebhaft aus, und seine Augen, die seit geraumer Zeit nur stumpf gewirkt hatten, waren an diesem Tag klar und ein wenig feucht, als hätte er geweint.
    Er sah mich an und lächelte zum ersten Mal seit langer Zeit.
    »Endlich kommst du«, sagte er. »Ich hab mich schon gefragt, wo du abgeblieben bist.«
    »Ich war doch letzte Woche hier, Dad«, erwiderte ich, aber er schien mich nicht zu hören.
    »Du hattest recht mit der Musik«, sagte er. »Diese Peggy Lee kann wirklich singen.«
    »Ich hab dir eine Tomate mitgebracht. Die habe ich schon seit Wochen im Auge, eigens für dich.«
    »Du musst mir nichts mitbringen, meine Süße«, sagte er. »Nur dich selbst.«
    Er saß

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