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Das Leben ist eine Oeko-Baustelle

Das Leben ist eine Oeko-Baustelle

Titel: Das Leben ist eine Oeko-Baustelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Paul
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deutliche Beschleunigung. Wenig Fleisch essen ist ein kultureller Wandel, der sehr schnell zur Gewohnheit werden sollte. Dafür ist es wichtig, dass man das nicht nur als neuesten, hippen Trend von besser verdienenden Bildungsbürgern denunziert, sondern als das begreift, was es ist: eine wichtige und notwendige Errungenschaft des 21. Jahrhunderts.
    Überhaupt erscheint mir die bisweilen geäußerte Kritik, das neue Ökobewusstsein sei nur eine Modeerscheinung einer bestimmten Schicht, die sich damit wohlfühlen oder von anderen abgrenzen wolle, zu kurz gegriffen, zu einfach gedacht. Vor eini ger Zeit wurden die Lohas populär, das sind Menschen, die »life styles of health and sustainability« anstreben, gesunde und nach haltige Lebensstile. Dann wurde die Kritik an Lohas populär. Weil sie angeblich nur Bio kaufen, weil es gerade chic ist, und das sofort aufgeben, wenn es anstrengend wird. Zum einen kann man es doch erst mal gut finden, wenn jemand überhaupt irgendetwas macht, statt ihn sofort zu verdammen, weil er nicht mehr macht. Zum anderen ist es aber sicher richtig, dass wir Menschen brauchen, die ihre Konsumveränderung auf einem festen und politisch-gesellschaftlichen Fundament vollziehen.
    Das Missverständnis besteht darin, dass man Lohas mit allen gleichsetzt, die nicht schon vor 30 Jahren in Birkenstock rumgelaufen sind, sondern sich erst vor Kurzem in Bewegung gesetzt haben. Ich denke, das Zeitalter der Verallgemeinerungen ist definitiv vorbei. Und das Problem besteht darin, dass diese Menschen dafür kritisiert werden, was sie alles nicht oder noch nicht machen – weil sie anfangen, überhaupt etwas zu machen. Das ist ein unangenehmes Überbleibsel aus den 90ern, als immer die fein raus waren, die nichts machten. Weil sich zu engagieren als uncool galt. Manche haben immer noch nicht gemerkt, dass diese Zeiten aus verschiedenen Gründen unwiderruflich vorbei sind und sein müssen.
    Die eigene Gesundheit als Ausgangspunkt für Nachhaltigkeit interessiert mich eher weniger und ist nicht das, was mich umtreibt. Aber wenn wir in der »Fleischfrage« die quantitative Radikalität erreichen wollen, von der Jonathan Safran Foer spricht, brauchen wir Verknüpfung mit möglichst vielen. Ob die das dann machen, weil sie die Dimension des Problems akzeptiert haben oder weil es gesünder ist oder weil sie hip oder cool sein wollen, ist mir vollkommen egal. Hauptsache, wir sind viele.
    Die Schauspielerin und Oscar-Preisträgerin Natalie Portman beschreibt in einem Essay, was nach ihrer Entwicklung von der Vegetarierin zur Veganerin passierte, die sie vollzog, motiviert durch Foers Buch und die Erkenntnis, wie sehr Tiere auch für unsere Frühstückseier und den Liter Milch in unserem Kühlschrank leiden und sterben müssen.
    Manche Zeitgenossen hätten sie gefragt: »Was machst du, wenn sich herausstellt, dass Karotten auch Schmerz empfinden?«
    Früher hätte ich gedacht: interessante Frage. Heute weiß ich, dass solche Fragen in der Regel dazu dienen, die Entwicklung zur Veganerin als überzogen und »spinnert« darzustellen. Die Botschaft hinter der Frage heißt: Das bringt doch alles nichts. Andere kommentierten bereits Portmans Vegetarierinnentum mit dem Satz: »Hitler war ja auch Vegetarier.« Das ist gedankenlos, kann sein in ironischer Absicht, aber infam ist es jedenfalls, weil es das unbeschreiblich Schreckliche, das mit Hitler verbunden ist, mit fleischfreier Ernährung in Zusammenhang bringt.
    Meine Schwester Simone hat auch eine Ökophobie. Ihr sind die sogenannten Ökos und generell die Umweltaktivisten immer fremd geblieben.
    »Was stört dich denn an ihnen, Simone?«
    »Weißt du, irgendwie stört mich schon ihr äußeres Erscheinungsbild. Und wer bezahlt die eigentlich, dass die da auf den Bäumen hängen? Das regt mich auf.«
    »Aber es muss doch Leute geben, die von außerhalb dieses Gesellschaftssystems das System selbst hinterfragen?«
    »Ja, schon.«
    »Ohne Menschen, die sich gegen die herrschenden Umstände wehren, gäbe es keine Demokratie. Denk an den Osten.«
    »Klar, das stimmt schon, aber weißt du, ich zahl Steuern, nicht zu knapp, und die hängen an Bäumen. Das ärgert mich!«
    Es gibt unglaublich viele individuelle und gesellschaftliche Blockaden gegenüber einer Entwicklung hin zur Nachhaltigkeit. Und eine der größten ist die des Kellners: der Hinweis darauf, dass wir alle ja tot seien, bevor es richtig schlimm werde. Das kann man so sehen. Mir gefällt aber viel besser, was

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