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Das Leben ist groß

Das Leben ist groß

Titel: Das Leben ist groß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Dubois
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bis er mir eins der Gläser herüberreichte. Ich nahm einen Schluck und hustete.
    »Wo haben Sie Englisch gelernt?«, fragte ich.
    »Zuletzt in Oxford.«
    »Was haben Sie davor gemacht?«
    »Ich habe japanische Videorekorder importiert.«
    »Wirklich?«
    »Wirklich.«
    »Und jetzt sind Sie der PR-Mensch.«
    »Der bin ich. Und Sie?« Er wirkte amüsiert.
    »Wo ich Englisch gelernt habe?«
    »Was Sie machen.«
    »Nichts.«
    »Natürlich. Wäre das eher ein diplomatisches Nichts? Oder ein kommerzielles Nichts?« Sein quasi-britischer Akzent klang, als sei er immer kurz davor, sich zu entschuldigen. Sein Gesichtsausdruck war der eines Menschen, der sich in seinem ganzen Leben nicht entschuldigt hat.
    »Ich weiß nicht, wovon Sie reden«, sagte ich.
    »Oder akademisch? Einfach nur verquer?«
    »Ich weiß es wirklich nicht.«
    »Ah. Na schön.«
    Ich wusste, dass er mich nach einem verworrenen sozialen Koordinatensystem beurteilte, das ich nicht durchschaute. Ich nippte noch einmal an meinem Wodka und ließ den Alkohol meine Schleimhäute beizen.
    »Also, was dann? Was wollen Sie?« Er hielt sein zweites Glas in der Hand und fuhr den feuchten Ring nach, den es auf dem Tisch hinterlassen hatte. »Soll ich Ihnen ein Schachbrett signieren lassen oder so?«
    Ich wandte den Kopf zur Seite. Der Mann hatte irgendetwas an sich, dass ich ihm nicht alles auf einmal sagen mochte. »Mein Vater war ein Fan von Besetow«, sagte ich. »Ich würde mich einfach gern mit ihm treffen.«
    »Ihr Vater war sein Fan?«
    Ich nickte. Mir war klar, wie das klang; ich wusste, was für unappetitliche Gebrechen dieser Mann jetzt in meiner Psyche sah oder zu sehen glaubte. Ich wollte diesen Teil der Unterhaltung so schnell wie möglich hinter mich bringen.
    »Besetow hat viele Fans«, sagte Viktor.
    »Klar.«
    »Wahrscheinlich haben viele Menschen Väter, die seine Fans waren.«
    »Bestimmt.«
    »Und sie kommen nicht alle her und wollen ihn sprechen.«
    »Sicher nicht.«
    Er lehnte sich zurück und nahm einen Schluck, und gleich darauf einen kräftigeren Schluck von seinem Wodka. »Es ist eine Art sentimentale Mission, oder?«
    Ich zuckte zurück. Ich hasse es, wenn man mir Sentimentalität vorwirft. Aber ich wusste, dass es nicht half, sie abzustreiten; mit jedem Versuch machte man sich erst recht verdächtig. »Kann sein. So kann man es vielleicht ausdrücken.« Ich hielt inne, um großspurig noch einen Schluck zu trinken. »Er ist sicher sehr beschäftigt.«
    »So beschäftigt auch wieder nicht.«
    »Nein?« Ich wartete lange genug auf eine Erläuterung, um zu begreifen, dass es keine geben würde. »Wie lange arbeiten Sie schon für ihn?«
    »Seit zwei Jahren.«
    »Und wie kam es dazu?«
    »Ich bin zu einer Kundgebung gegangen.«
    »Und dann?«
    »Dann habe ich ihn angesprochen und ihm meinen Lebenslauf in die Hand gedrückt.«
    »Verstehe. Sie sind also einfach hingegangen?«
    »Ich habe einfach einen eindrucksvollen Lebenslauf.«
    »Daran zweifele ich bestimmt nicht. Stellt er sein Personal immer so ein?«
    »Welches Personal?«
    »Wer arbeitet denn für ihn?«
    »Da wäre erst einmal ich. Dann Nina, Besetows Frau. Ein echter Sonnenschein. Dann Vlad, der Leibwächter, der zu zwei Drittelnverblödet ist. Und Boris, mein Assistent. Er selbst würde sich nicht so nennen, aber genau das ist er.«
    »Wie würde er sich denn nennen?«
    »Er würde vermutlich behaupten, mein Kollege zu sein. Besetows Personalentscheidungen haben nicht viel mit Logik zu tun. Wenn Sie seine Frau kennten, wüssten Sie, was ich meine. Sagen Sie niemandem, dass ich das gesagt habe.«
    »Natürlich nicht.«
    Viktor bestellte mit einem Fingerschnipsen die nächste Runde. Er lehnte sich zurück und sah mich lange an. »Also – das ist alles? Ihr Vater war ein Fan von ihm, und Sie wollen sich mit ihm treffen?«
    »Ja.« Ich wusste selbst nicht, warum ich ihn belog. Ihm die Wahrheit zu sagen konnte meiner Sache nur nützen – vielleicht betrieb Besetow ja eine Wunscherfüllungsstiftung für todkranke Amerikaner. Aber Viktor Dawidenko war attraktiv, schätze ich, und sein Blick war ungewöhnlich klar, und ich wollte nicht sehen, was mit seinem Gesicht passierte, wenn wir dieses spezielle Gespräch führen mussten. »Ja«, sagte ich. »Ich schätze, das ist alles.«
    Er schien skeptisch zu sein. »Manchmal verstehen wir uns wohl nicht einmal selbst.«
    »Ziemlich oft sogar, würde ich sagen.«
    »Aber – wirklich? Ist das wirklich alles? Sind Sie nicht hier, um ihn zu

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