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Das Leben kommt immer dazwischen: Stationen einer Reise

Das Leben kommt immer dazwischen: Stationen einer Reise

Titel: Das Leben kommt immer dazwischen: Stationen einer Reise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Auma Obama
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weiter. Ich kann sehr stur sein. »Es schneit! Alles ist weiß! Ich sehe zum ersten Mal richtigen Schnee! My first snow! « Ich dachte, sie würde den Ernst der Angelegenheit besser erkennen, wenn ich es auf Englisch sagte.
    »Ich hab schon verstanden«, antwortete eine gedämpfte Stimme aus dem Federbett. »Noch fünf Minuten. Auch morgen und übermorgen wird da draußen noch Schnee liegen.«
    Ich setzte mich an ihren Schreibtisch und starrte sie an, beziehungsweise die Stelle, an der ich ihren Kopf vermutete. Und wartete. Endlich drehte Elke sich um und schaute verschlafen unter der Decke hervor.
    »Okay, ich kapituliere.« Sie setzte sich im Bett auf, die Haare zerstrubbelt, und lächelte müde. »Ich hätte mir gleich denken können, dass du nicht aufgibst.«
    Ich lachte.
    »Übrigens, wenn ich du wäre, würde ich mir andere Schuhe anziehen«, fügte sie noch hinzu. »Draußen wird es ziemlich nass sein.«
    Ich schaute auf meine Füße. In meiner Eile, den Schnee aus der Nähe zu sehen, hatte ich mir gar nicht überlegt, ob nicht Winterstiefel jetzt sinnvoller wären als die Hausschuhe, die ich noch trug.
    Endlich waren wir draußen, warm eingepackt und mit dem richtigen Schuhwerk ausgestattet. Wir hatten Manou, einen Studenten von der Elfenbeinküste, abgeholt, um mit ihm gemeinsam das Phänomen »Schnee« zu erleben. Manou war schon lange wach. Er war ein ernsthafter, disziplinierter Student, ein Frühaufsteher, der immer alles ordentlich und gewissenhaft erledigte. Sein Zimmer war grundsätzlich aufgeräumt. Er kochte gern und sehr gut und lud uns gelegentlich zum Essen ein. Ich glaube, er war ein bisschen in Elke verliebt, traute sich aber nicht, es ihr zu sagen. Damit neckte ich sie manchmal, sie aber wehrte immer ab. Jedenfalls mochten wir Manou gern. Hinter seinem ernsten Gesicht steckte ein Mensch voller Humor, der wunderbare Witze erzählen konnte.
    Nun hatte er sich zu uns gesellt, um den Schnee zu betrachten, anzufassen, abzuschmecken und mit ihm zu spielen. Es war ein wunderbares Erlebnis. Wie die Kinder tobten wir in der weißen Pracht umher, veranstalteten Schneeballschlachten, schlugen Räder, machten Handstand und aßen das weiße Zeug sogar – und einer von uns fotografierte immer, denn dieses Ereignis musste ich unbedingt für meine Familie in Kenia dokumentieren. Und obwohl es im Schnee kalt und nass war, froren wir nicht. Die Sonne schien, beim Herumtollen gerieten wir ins Schwitzen, und bald zogen wir sogar unsere Winterjacken aus.
     
    Wenig später folgte das nächste beeindruckende Erlebnis: mein erstes deutsches Weihnachtsfest. Elke lud mich ein, es mit ihrer Familie zu verbringen. Um die teure Zugfahrt nach Trunkelsberg zu umgehen, besorgten wir uns über eine Vermittlungszentrale eine Mitfahrgelegenheit.
    Die Idee mit den geteilten Benzinkosten fand ich genial, und ich überlegte auf der Fahrt, ob so etwas nicht auch in Kenia funktionieren könnte. Dort würde diese Form des gemeinsamen Reisens vielen Armen die hohen Kosten für öffentliche Verkehrsmittel ersparen. Doch dann ging mir durch den Kopf, dass in Kenia leider einige wichtige Voraussetzungen dafür fehlten, in erster Linie die Vertrauenswürdigkeit von Fahrern und Mitfahrern. Die Gefahr, ausgeraubt zu werden, oder dass einem noch Schlimmeres widerfahren könnte, war groß. In Deutschland konnte man im Normalfall ohne allzu große Schwierigkeiten über das Melderegister den Wohnsitz des Fahrers oder der Mitfahrer herausbekommen, falls etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen war. Allein diese Tatsache schien mir eine Garantie für eine sichere Reise. In Kenia gab es (und gibt es bis heute) keine vergleichbare Registrierung der Bevölkerung. Und nicht zuletzt ist die Kluft zwischen Arm und Reich einfach zu groß, um einem die nötige Zuversicht in eine Fahrgemeinschaft aus lauter völlig Fremden einzuflößen.
     
    In Trunkelsberg angekommen, einem Dorf im Unterallgäu, stellte ich begeistert fest, dass hier noch mehr Schnee lag als in Saarbrücken. Aber es war auch um einiges kälter als dort.
    Am Tag nach unserer Ankunft gingen Elke, ihre Schwester Gabi und ich sofort hinaus und wanderten durch die verschneite Landschaft bis zu einem Hügel am Waldrand, an dem die Dorfkinder rodelten oder auf schwarzen Lkw-Schläuchen den Hang hinuntersausten. Unten machten sie kehrt und stapften sofort wieder den steilen Hang hinauf, um erneut bergab zu rasen.
    Es dauerte nicht lange, bis Gabi ein paar Schulkameradinnen aufgetan hatte,

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