Das Leben meiner Mutter (German Edition)
es für den Hans so, wie er’s errechnet hatte. Erst nach und nach erfuhren die Berger von seiner ungewöhnlichen »Heldentat« und lachten insgeheim darüber. Zum Maxl dagegen sagte er es offen: »Ich muß dir sagen, mein Bett beim Wiesmaier ist mir lieber! Lauter so weiches Flaumzeug und seidige Spitzen, rein zum Ersaufen drinnen. Nichts für unsereins! Aber –«, und dabei zog er die Augenbrauen hoch und spitzte lustig den Zeigefinger in die Luft – »aber außer mir hat noch keiner im König seinem Bett geschlafen, und der Schlaf hat sich rentiert. Respekt! … Der Hans weiß, was er tut! Der Hans bleibt königstreu!« Er kicherte und verzog seinen breiten Mund. Der Maxl lachte schüttelnd. Nach einer Weile aber wurde er wieder nachdenklich und meinte: »Herrgott, was das noch wird … Man kennt sich nicht aus!« Immerhin aber blickte er ruhig in die Zukunft.
»Mein Geschäft steht, Hans. Ob der Hof bleibt oder nicht, es schadet mir nicht mehr«, sagte er und setzte dazu: »Die ganz großen Kundschaften von mir sind woanders.« Er meinte damit die Hotels und Wirtschaften, die feinen Sommergäste und die Leute weitum. »Freilich, die Majestät zieht die Herrschaften her zu uns, aber – mein Gott – woanders leben die Geschäftsleut’ auch, und ist kein König in ihrer Näh’«, schloß er. Ihm ging das, was sich vielleicht ereignen konnte, nicht nahe. Er verfolgte die Austragung des Kampfes zwischen dem König und seinen Ministern mit unbeteiligter Neugier. Er wog lediglich ab, was an alldem für ihn und sein Geschäft nützlich oder schädlich sein konnte, und verhielt sich demnach. Im übrigen ereigneten sich in jener Zeit in seinem Haus Vorfälle, die ihm allerhand Sorgen und Ärger machten. Endlich hatte der Schmalzer-Franz doch geheiratet und war in die Stadt gezogen. Jetzt fuhr die Magd, die rothaarige Zenzl, welche vor einiger Zeit den Dienst angetreten hatte, das Brot aus. Sie war eine ziemlich couragierte Person mit einem gut rechnenden Hirn, aber sie wollte lange nicht verstehen, daß die Herrschaften auf reinliche, gefällige Kleidung Wert legten, und der Maxl hatte Mühe, ihr das beizubringen. Dann aber geschah mit der Kathl wieder ein peinliches Unglück. Sie war zum zweiten Male schwanger geworden, und die Leute redeten viel darüber. Freilich jetzt, nachdem seine Schwester hinten im Häusl für sich lebte, fühlte der Maxl sich nicht mehr so davon betroffen, aber es war ihm doch höchst zuwider. Außerdem ließ sich doch leicht errechnen, daß die Kathl, wenn sie auch jetzt wieder nicht heiratete, ihre zwei Kinder kaum ernähren konnte.
»Ja, Herrgott! Und wer ist denn jetzt der Vater?« stellte der Maxl sie eines Tages zur Rede und erfuhr, daß es der Fischer Hölzl von Starnberg sei, von dem man nur wußte, er sei arm wie eine Kirchenmaus und suche seit langem eine »geldige Partie« zu machen. Die Kathl schien aber diesmal nicht so bedrückt und fing sogleich zu streiten an. Sie ging, nachdem sie sich von der Resl ihre Milch hatte geben lassen, aus der Stube und schrie den Maxl giftig an: »Wenn du mit mir reden willst, nachher komm zu mir! Hab nur keine Angst, ich häng’ dir meine Kinder nicht an!«
Da wurde der Maxl blaß vor Wut und brüllte unbesonnen: »Aber deine Marie hab’ ich! Jetzt da schau her! Um und um voller Not sein und saufrech auch noch! Himmelkreuzkruzifix! Sakrament! Sakrament!« Er fluchte noch lange gotteslästerlich, nachdem die Kathl draußen war. Die Resl hantierte mit bekümmertem Gesicht am Herd und sagte flehentlich: »Aber Max! Fürcht doch die Sünden! Max!!« Er aber fuhr sie giftig an und wurde noch wütender. Die Resl sagte nichts mehr und schüttelte nur noch ab und zu den Kopf. Die spielenden Kinder draußen vor dem Haus schauten ein paarmal durch die Fenster, bekamen für etliche Augenblicke ernste Gesichter und machten wieder weiter. Der Zwerg auf dem Kanapee raunzte irgend etwas und machte eine abwehrende Handbewegung.
»Nein! Herrgott! Herr bin ich im Haus!« bellte der Maxl schließlich, schlug mit der Faust auf die escherne Tischplatte, schnellte empor und ging zur Kathl hinter. Er kam lange nicht mehr zurück. Sein bellendes Schreien drang bis auf die Gasse. Die Nachbarn lächelten hämisch. »Da sind zwei Giftige beisammen«, murmelten sie schadenfroh, denn auch die Kathl hörte man keifen. Verfeindet gingen Bruder und Schwester auseinander. Die Kathl ließ sich nur mehr in aller Frühe bei der Resl im Hause sehen, sonst mied sie jede
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