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Das Leben meiner Mutter (German Edition)

Das Leben meiner Mutter (German Edition)

Titel: Das Leben meiner Mutter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oskar Maria Graf
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Mistfuhrwerk aus dem Dorf. In den umliegenden braunen Kartoffeläckern ernten gebückte Menschen die frisch aufgerissenen Furchen ab, und tief in den Feldern pflügt vereinzelt ein Bauer.
    In diese Zeit fällt Allerseelen. Da versammeln sich mit der Familie die Verwandten um die frischgezierten Gräber auf dem Gottesacker, der die Pfarrkirche umgibt. Nach einem Umgang zelebriert der Pfarrer im Freien. Auf seine monoton klingenden Totengesänge antwortet der Lehrer ebenso. Es riecht nach Weihrauch, Absterben und Leichenhaus.
    »Requiescant in pace!« singt der Geistliche noch einmal.
    »Amen!« der Lehrer. Eine kurze, schwere Stille tritt ein, dann beten alle einige Vaterunser, und Pfarrer und Lehrer gehen in die Kirche zurück. Noch eine ziemliche Weile bleiben Weiber und Kinder mit gefalteten Händen an den Gräbern. Die Männer sind meist schon ins Wirtshaus hinübergegangen. –
    »Und was ist’s denn jetzt mit dem Maxl? Der muß doch jetzt zum Militär, oder?« fragte die kugelrunde Hintermaierbäuerin von Deining ihre Schwester, unsere Mutter, die verzagt auf das Grab niederschaute und wahrscheinlich an die kleine Marie dachte, die so schnell hingestorben war.
    »Er ist jetzt in Worms … Ganz weit fort bei einem Konditor«, antwortete unsere Mutter, während die Base uns Kinder anlächelte.
    »Jaja, der Maxl, der wird ein feiner Mann«, ließ sich die Roßkopfin, die allein aus der Stadt gekommen war, vernehmen, »der schaut sich die Welt an, und wenn er heimkommt, weiß er was.«
    »Ja, aber jetzt muß er zum Militär«, sagte unsere Mutter, »das kostet auch wieder bloß Geld.« Sie seufzte, und ihre Schwester nickte.
    »Und die Theres … Mein Gott, wie die sich rausgewachsen hat«, meinte die Roßkopfin wieder und richtete dabei ihren hohen, zwängenden, mit schwarzem Tüll umspannten Stäbchenkragen, musterte unsere älteste Schwester und setzte dazu: »Da kann man auch schon langsam an eine gute Partie denken! … Wie ist’s denn Theres, hast schon einen Bestimmten im Aug’?«
    Unsere Schwester verzog fast höhnisch das Gesicht und lachte trocken: »Nein, nein – und überhaupts, so was sagt man gewöhnlich nicht.«
    »Hast auch ganz recht, Resei … So pressiert das noch lang nicht«, pflichtete ihr die Hintermaierbäuerin bei, »ich sag’s zu meine Mädln immer … Geheiratet ist schnell, aber wer weiß denn, was das Mannsbild für Untugenden hat? … Und das dauert dann das ganze Leben.« Sie hatte auch schon drei großgewachsene Töchter und einen Sohn, die auf dem umfänglichen Hof wohl zu brauchen waren.
    Langsam ging man aus dem Friedhof.
    »Aber heuer im Winter, was? Da gehst schon zum Ball, Theres?« wandte sich die Roßkopfin wieder an unsere Schwester.
    »Ja, warum denn nicht … Tanzen kann ich schon lang«, antwortete statt dieser die Emma lebhaft.
    »Soso! … Naja, zwei so saubere Madln! Da werden sich die Burschen reißen drum«, redete die Roßkopfin weiter und musterte die schlanke Emma.
    Aus der Wirtsstube vom Klostermaier drang der Lärm der Männer. Die Weiber gingen mit uns den Berg hinunter, nach Hause. In der guten Stube wurde Kaffee getrunken. Mutter hatte Schmalznudeln dazu gemacht. Es wurde hübsch zugegriffen. Hernach bewunderten die Verwandten das erweiterte Haus und konnten nicht genug loben.
    »Ja«, sagte unsere Mutter verborgen zufrieden, »ich hab’ schon recht viel Verdruß und Angst gehabt, aber gebaut hat er doch, der Max … Naja, jetzt ist halt die Arbeit nochmal so viel.« Sie schaute ihrer Schwester, der Hintermaierin, in die Augen. Die nickte und meinte: »Jaja, so ist’s schon, gell! An uns Weiberleut’ bleibt zuletzt alles hängen … Wenn’s uns unsere Kinder bloß einmal danken.«
    »Marie? … Ich hab’ mit dir zu reden!« schrie in dem Augenblick die Kathl gereizt zur Türe herein und verschwand gleich wieder. Die Roßkopfin, die es nicht der Mühe wert gefunden hatte, zuerst ihre Mutter zu besuchen, ging mit einem leicht verlegenen Gesicht vom Tisch weg. Als sie draußen war, sahen wir uns alle vielsagend an.
    »Sie schämt sich ja mit ihrer eigenen Mutter«, sagte unsere Mutter auf ihre Schwester blickend.
    »Hm, jetzt so was! … Die Schand’! … So was vergißt unser Herrgott nicht«, meinte die gutmütige Hintermaierin.
    Wir Kinder liefen, weil wir uns in der Stube langweilten, in den Hof und hörten aus dem Häusl der Kathl ein lautes Schimpfen und Schreien. Bald darauf kam die Roßkopfin aus der Türe, ging schnell an uns

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