Das Leben meiner Mutter (German Edition)
Kind auf dem Schoß wiegte, hinweg und blieb mit seinem Blick auf der Resl stehen, indem er frech sagte: »Du, Resl, und der Maxl. Das müßt’ ein gutes Paar abgeben. Wie ist’s, Bäuerin?« Das war alles so unvermittelt gekommen, daß von den Aufhausern im Augenblick keines das Wort fand. Eine lächelnde Verlegenheit huschte über die Gesichter der Heimrath-Töchter, und komischerweise schlugen alle die Augen kurz nieder. Aber auch der Maxl wußte nicht gleich, wie er sich benehmen sollte. Er wurde sogar flüchtig rot, ermannte sich jedoch sehr schnell und schaute keck auf die Heimrathin, dann auf die Resl.
»Ewig ledig bleiben, ist ja auch nichts«, sagte er ausweichend, und allem Anschein nach war sein Mut von Wort zu Wort gestiegen. Wieder blickte er fest auf die Heimrathin und rief bedeutend ungenierter: »Wenn eine Bäckerin von Berg wird, Bäuerin, die kriegt’s nicht schlecht. Der Maxl laßt sich nicht lumpen!«
»Ha! Du! Ein unverschämtes Maulwerk hast du, ja, und nichts als wie saufen und Krawall machen, so was paßt dir!« warf endlich die Heimrathin hin, aber es klang – wenigstens kam es dem Maxl so vor – nicht allzu abweisend.
»So was gehört zu einem Geschäftsmann, Heimrathin!« mischte sich der Klostermaier ein und rühmte die Berger Bäckerei. Er sagte dem Maxl die beste, reichste Zukunft voraus. Man war schon über die erste Gezwungenheit hinweggekommen. Die Töchter, mit Ausnahme der Genovev, die aufstand und mit dem schreienden Kind aus der Kuchl ging, lachten bereits wieder.
»Dich und heiraten! Da hab’ ich mein Kreuz und mein Leid. Da kann eine gleich ›in Ewigkeit, Amen‹ sagen«, sagte die Resl geruhig, als rede sie über etwas, das sie nicht das geringste angehe, und zum Klostermaier gewendet meinte sie lächelnd: »Da hat er sich ja den Rechten ’rausgesucht, der um gut Wetter für ihn anhält … Du machst ja Sprüch’ wie der beste Schmuser (Heiratskuppler) …«
Der Maxl dachte vielleicht: da schau her, sie sagt schon, da hab’ ich mein Kreuz und Leid, und war recht zufrieden. Er wollte auch wieder etwas sagen, da aber stand die Heimrathin auf und rief kurzerhand: »Zeit wird’s! Nacht ist’s! Treib deinen Heiter heim! Macht, daß ihr fortkommt! Wir müssen ins Bett und früh raus.« – Er und der Klostermaier standen auf. Der Knecht brachte den Gaul vor die Tür, und sie gingen beide laut redend in die frische, klare Dunkelheit hinein. In das Knirschen der Hufschläge hinein sagte der Klostermaier einmal: »Maxl, wenn ich dir sag’, das wird! Nur nicht auslassen! Nicht auslassen!«
»Herrgott, Herrgott! Jetzt hab’ ich doch schon wieder meine Schnupftabaksdos’n liegen lassen! Hm, und meinen Stecken auch!« rief der Maxl auf einmal und kicherte innerlich.
»Oh, du elendiger Tropf, du hinterlistiger! Schau, schau, wie’s der scheinheilig anpackt! Gute Nacht, Maxl! Dir braucht man nicht helfen!« antwortete der Wirt belustigt und ging auf seine Haustür zu. Die Fenster der Wirtsstube leuchteten noch. Der Maxl verschnellerte seine Schritte. Wieder hatte er nicht geschlafen. Doch er fühlte keine Müdigkeit. Der leichte Bierrausch, den er beim Verlassen der Klostermaierschen Wirtsstube deutlich verspürt hatte, war durch die Fahrt in den Vilz und den langen Marsch von dort bis zum Heimrath weggeschwitzt und verweht. Nur das Überraschende und Neue, welches sich im Laufe des Tages abgespielt hatte, zitterte noch lebhaft in ihm nach. Eigentlich war alles ohne sein Zutun, ohne jede Schwierigkeit, unglaublich reizvoll und leicht geschehen, daß er sich jetzt darüber wunderte. Und alles hatte als wohltuende Nachwirkung Mut und Zuversicht in ihm hinterlassen.
Unbändig freute sich der Maxl über das Pferd, das prustend neben ihm hertappte. Es war ein großes, kompaktes Ding, das keiner übersehen konnte, das seine beginnende Wohlhäbigkeit jedem aufs schönste sichtbar machte. Außerdem brauchte er es notwendig. Er lachte mitunter sprudelnd aus sich heraus. Ein Prickeln überlief seinen erhitzten Körper, und ab und zu fing er ein wenig zu laufen an. Wie ein freudvoll überströmender Schulbub, der nur den einen Wunsch hat, recht schnell sein ausgezeichnetes Zeugnis zu Hause herzeigen zu können, benahm er sich. Zwar fiel ihm ein, daß er weder Futter noch ein Geschirr, geschweige denn einen Wagen für den Gaul hatte, doch das kümmerte ihn offenbar gar nicht. Wahrscheinlich dachte er, wie erstaunt die daheim sein würden und wie eingenommen von seinem
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