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Das lebendige Theorem (German Edition)

Das lebendige Theorem (German Edition)

Titel: Das lebendige Theorem (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cédric Villani
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höchste internationale Auszeichnung in der mathematischen Physik ist. Außer dem Österreicher Robert Seiringer (wie ich in der Juniorenkategorie) waren unter den Preisträgern der Schweizer Jürg Fröhlich und der Russe Jascha Sinai. Diese Experten für klassische und Quantenmechanik, statistische Physik und dynamische Systeme sind allesamt Freunde, und der hellsichtige Joel Lebowitz hat sie alle schon lange in das Herausgebergremium seines Journal of Statistical Physics integriert. Ich bin glücklich und stolz, in so guter Gesellschaft zu sein.
    Die Tatsache, diesen Preis erhalten zu haben, berechtigt mich zu einem Plenumsvortrag auf dem Kongress, auch wenn ich zu Beginn nicht auf dem Programm stand. Obwohl ich den Poincaré-Preis für meine Arbeiten über Boltzmann erhalten habe, zog ich es vor, über die Landau-Dämpfung zu sprechen: Das ist eine unerwartete Gelegenheit, meine jüngsten Ergebnisse vor dem schönsten Auditorium für mathematische Physik vorzutragen, das man sich nur vorstellen kann.
    Vor drei Minuten, vor dem Beginn meines Vortrags, klopfte mein Herz stürmisch, das Adrenalin floss in Strömen durch meine Adern. Aber jetzt, da ich zu sprechen begonnen habe, bin ich ruhig und meiner sicher.
    – Es hat sich so ergeben, dass ich zur selben Zeit zum Direktor des Institut Henri Poincaré ernannt wurde, da ich den Henri-Poincaré-Preis verliehen bekomme. Das ist zwar nur eine Koinzidenz, aber sie gefällt mir …
    Der sorgfältig vorbereitete Vortrag läuft gut, ich komme genau pünktlich zum Ende.
    – … Lassen Sie mich zum Abschluss noch auf eine schöne Koinzidenz aufmerksam machen! Um die Singularität der Newton-Wechselwirkung zu behandeln, macht man sich das volle Potential des Newton-Schemas zunutze. Newton kann stolz sein! Das ist zwar nur eine Koinzidenz, aber sie gefällt mir.
    Der Empfang ist triumphal. In manchen Blicken lese ich eine Mischung aus Erstaunen und Bewunderung, mit einem Hauch von Furcht – man muss zugeben, dass der Beweis ziemlich einschüchternd ist, er überfordert sogar mich selbst!
    Und dann sind da die Mädchen, die jungen Pragerinnen. Vor meinem Vortrag haben sie mich ohne größere Aufmerksamkeit angesehen, aber hinterher ist es ganz anders, sie drängen sich und beglückwünschen mich zur Klarheit des Vortrags; eine von ihnen sagt bewegt ein kleines Kompliment in holprigem Französisch auf.
    Natürlich kehren die gewöhnlichen Fragen wieder, immer dieselben. Lässt sich die analytische Regularität abschwächen? Kann man bei einer Newton’schen Wechselwirkung bis zu unendlicher Zeit gehen? Aber das beunruhigt meinen portugiesischen Freund Jean-Claude Zambrini kaum, der mir am Ende des Vortrags zusteckt: »Wo du doch die Koinzidenzen anziehst, Cédric, ist alles, was man dir jetzt noch wünschen kann, dass du vom Fields Institute eingeladen wirst!«
    Das Fields-Institut – das bei der Verleihung der Medaille desselben Namens keinerlei Rolle spielt – befindet sich in Toronto, und regelmäßig finden dort Tagungen für alle Arten von Mathematikern statt.
    Ich lache zwar mit Jean-Claude … Aber nur anderthalb Monate später, reine Koinzidenz, kommt die Einladung.
    *
Date: Tue, 22 Sep 2009 16:10:51 –0400 (EDT)
From: Robert McCann
To: Cedric Villani
Subject: Fields 2010
Dear Cedric,

Next fall I am involved in organizing a workshop on »Geometric Probability and Optimal transportation« No 1–5 as part of the Fields Theme Semester on »Asymptotic Geometric Analysis«.
You will certainly be invited to the workshop, with all expenses covered, and I hope you will be able to come. However, I also wanted to check whether there is a possibility you might be interested in visiting Toronto and the Fields Institute for a longer period, in which case we would try to make the opportunity attractive.
Please let me know,

Robert

Kapitel 35
    New York, 23. Oktober 2009
    In Frankreich lernen die Kinder das Wildschweinbaby kennen, das von ihrem Onkel mit bloßen Händen gefangen wurde. Ich hätte es so gerne gesehen!
    Aber ich zog es vor, die Ferien zu nutzen, um eine strapaziöse Vortragsreise in Amerika zu unternehmen, bei der ich die Vereinigten Staaten in nur einigen Tagen durchpflüge. Ich bin schon in Boston gewesen, habe das MIT (auf den Spuren von Wiener und Nash!) und die Harvard-Universität besucht. Jetzt bin ich in New York. Ich tröste mich, indem ich mir sage, dass ich unmittelbar nach meiner

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