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Das leere Land

Das leere Land

Titel: Das leere Land Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Kohl
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erste Datei nannte ich Ideen 1, schrieb ein paar Zeilen:
    Geh davon aus, dass Severinus ein Schwarzafrikaner war, beruf dich dabei auf die Hinweise in unterschiedlichen Quellen, wo sie ihn Africanus nennen!
    Schreib ein paar Wunder des Heiligen Mannes wie Kapitel eines kitschigen Nebel von Avalon -Romans, versuche, davon etwas in den offiziellen Aufsatz hinüberzuschmuggeln!
    Lass ein paar der extrem aufgeladenen Wunderwirkungs-Szenen bei Eugipp zurückplumpsen in völlige Beiläufigkeit, mach so sichtbar, was für ein Witz es ist!
    Dann versuchte ich mich an einem Einschub über das Einschreiben von Bedeutung in Landschaften als hagiografischen Gewaltakt, hörte gleich wieder auf damit, wechselte zur Datei mit dem Namen Asturis.
    Asturis, das wird heute mein Ziel sein. Asturis ist Zeiselmauer oder Zwentendorf, mit Sicherheit lässt es sich nicht sagen. Asturis war der erste Ort in Noricum, den der hochheilige Diener Gottes Severinus betrat, behauptet Eugipp. Er kam aus dem Osten, zu der Zeit, als der Hunnenkönig Attila starb. Ich glaube Eugipp nicht. Severinus war davor schon in Pannonien und Noricum und Rätien gewesen, als Mann des Staates, als Politiker, oder als Militärmann, davon bin ich überzeugt. Eugipp musste schummeln, allein schon wegen des ersten Wunders des Heiligen Mannes, das nur als Wunder zu verkaufen ist, wenn Severinus als ein vollkommen Fremder, als ein hierzulande unbekannter wandernder Mönch in die Geschichte eintritt. Eugipp tut nichts anderes als das, was dem Genre Heiligenlegende typisch ist. Er verschleiert das profane Vorleben der zu Heiligenehren zu erhebenden Person, um die Erhebung erst zu ermöglichen.

12
    Das Handy klingelte, als ich am Badesee bei Pichling vorbeifuhr. Früher war es der schnellste Weg, quer durch die Stadt und bei Asten auf die Westautobahn zu fahren, wenn man Linz in Richtung Südosten verlassen wollte. Das stimmte nicht mehr, über die Stadtautobahn wäre ich viel früher draußen gewesen. Es war mir unangenehm, während des Autofahrens zu telefonieren, aber die Verlockung war zu groß, dem Sprecher meiner Auftraggeber sozusagen in Echtzeit mitteilen zu können, dass ich mich auf der Anreise nach Zeiselmauer befände. Asturis, der Ort, in dem Eugipps Erzählung anhebt. Also fingerte ich in meiner Jackentasche. Als ich das Telefon endlich gefunden hatte, war das Klingeln schon aus. Anonymer Anrufer, stand auf dem Display. Es verwirrte mich. Außer dem Sprecher meiner Auftraggeber und meinem Agenten in Toronto hatte ich niemandem meine Telefonnummer in Europa gegeben.
    Von der Bundesstraße aus sieht man eine Weile auf den See und die Liegewiesen. Der kleine Flecken mit den Büschen und Stauden war immer noch da, wo sich die Mädchen ausgezogen hatten bei den Nacktbadeausflügen nachts um eins, wenn das Lieblingslokal zugesperrt hatte. Wie schamhaft sie gewesen waren. Obwohl es stockdunkel war, gingen sie in das Gebüsch, um sich auszuziehen, dann rannten sie so schnell wie möglich zum See und sprangen hinein. Im Wasser dann war es ihnen egal, wenn man sie anfasste, sie ließen die Rangeleien zu, das Untertauchen, das Hochgehobenwerden, das mit viel Geschrei und Geplatsche Zurückgeworfenwerden. Da landete immer wieder eine Hand auf den Brüsten, auf den Schenkeln, auf den kleinen festen Mädchenhintern.
    Seltsam fühlten sich diese Hintern an, hart und fest. Und riffelig. Ja, riffelig, wegen des kalten Wassers verhärteten sich die Poren und stülpten sich ein wenig nach außen, es war, als riebe man die Finger nicht über Mädchenhaut, sondern über die Haut von gerupften Gänsen. Sie schrien und kicherten, wenn man sie am Hintern berührte, oder wenn man sie um die Hüfte packte im brusthohen Wasser, sie hochhob und dabei mit dem Gesicht einen winzigen Augenblick lang über das haarige Dreieck streifte, sie kreischten demonstrativ und taten, als wäre sie Prinzesschen auf Erbsen, aber sie ließen es zu. Dann aber rannten sie wieder hinaus, obwohl nichts zu sehen war in der finsteren Nacht, hielten sie einen Unterarm vor die Brust und eine Hand vor die Scham und sprinteten zu den Büschen und zogen sich sofort wieder an. Wenn wir dann ein Feuer machten, standen wir Burschen nackt davor, drehten uns vor den Flammen, um trocken zu werden, die Mädchen dagegen hockten beim Feuer und zitterten in ihren nassen Jeans und T-Shirts.
    Kurz überlegte ich, links abzubiegen und hinunterzufahren zum See, ein paar Schritte zu gehen an seinem schottrigen Ufer, einen Stein

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