Das Legat der Toten
adrett aus, und der kurze Rock gefiel mir ebenfalls.
»Glotz nicht, komm endlich!« Suko zog mich über die Schwelle, was Sir James nicht bemerkte, da er am Fenster stand und über die Dächer der Häuser schaute. Er drehte sich erst um, als ich die Tür geschlossen hatte.
»Gut gegessen?«
Da Suko wieder grinste, mußte ich die Antwort geben. »Ja, Sir, es war alles wunderbar.«
»Freut mich für Sie beide.« Er schüttelte den Kopf. »Ich habe mal einen Blick aus dem Fenster geworfen und hatte das Gefühl, einen Kollaps zu erleben. Hat sich die Bevölkerung von London eigentlich verdoppelt?«
»Kaum, Sir, aber denken Sie an die Weihnachts-Touristen.«
»Die hatte ich vergessen, John. Haben Sie schon Geschenke gekauft?«
Ich mußte lachen.
»Wo denken Sie hin? In diesem Jahr schenke ich jedem mein Vertrauen.«
»Dann bedanke ich mich schon im voraus«, sagte Suko.
»Bitte, bitte, tu dir keinen Zwang an.«
Da Sir James noch nicht zur Sache gekommen war, gingen wir davon aus, daß der Fall nicht unbedingt drängte. Nachdem wir uns gesetzt hatten – Sir James hinter, wir vor dem Schreibtisch – schlug er, wie oft üblich, einen Schnellhefter auf. Er war nicht besonders dick. Für uns eigentlich ein gutes Zeichen, so brauchten wir uns nicht durch viel beschriebenes Papier zu wühlen.
»Ich weiß nicht, ob Sie die richtigen Leute sind, um den Fall zu lösen«, begann der Superintendent, »aber rätselhaft sind die Vorgänge schon, das stimmt.«
»Um was geht es?« fragte ich. Die Mattheit war verschwunden. Ich war wieder voll da. Es konnte auch an Glenda’s Kaffee gelegen haben.
»Es geht um vier Morde.«
Mehr sagte er zunächst nicht und überließ uns den eigenen Gedanken.
»Wer wurde getötet?«
Sir James schaute Suko über die dicken Gläser seiner Brille an. »Eine Frau namens Charlene Manny. Sie arbeitete als Sekretärin in einer Kosmetik-Firma. Dann starb eine gewisse Dana Ritter zusammen mit ihrem Sohn Timmy, und man fand einen Toten, der auf den Namen Frenton hörte und als Zuhälter einen Namen besaß. Die ersten drei Toten starben durch Schüsse, der letzte durch einen Messerstich in den Nacken. Bei ihm kann man ein Motiv vermuten, bei den anderen nicht, aber die Kollegen gehen davon aus, daß sie wissen, wer die Mörder sind, nur befinden sich diese auf der Flucht. Das war in wenigen Sätzen der erste Überblick, Gentlemen.«
»Schön«, sagte ich. »Und jetzt warten Sie auf unsere Fragen, denke ich mal.«
»Die liegen auf der Hand.«
»Wer waren die Toten?« fragte Suko.
»Das sagte ich Ihnen schon, fragen Sie lieber, in welch einer Verbindung Sie zu ihren Mördern standen.«
»Das hätte ich als nächstes gefragt.«
»Fangen wir bei Charlene Manny an. Sie arbeitete für Dean Todd, einen Parfümeur. Eine Nase, wie man in der Fachwelt sagt. Sie wurde im Büro ihres Chefs erschossen, der flüchtig ist. Im zweiten Fall ist der Killer ein Mitglied der Army. Er heißt Major Peter Ritter. Er tötete seine Frau und seinen neunzehnjährigen Sohn. Dann haben wir da noch diesen Zuhälter, der wahrscheinlich von einer Frau umgebracht wurde, die Miranda Wayne heißt. Auch sie ist flüchtig. Es wird also nach drei Personen gefahndet. Dean Todd, Peter Ritter und Miranda Wayne.«
»Das ist doch super«, sagte ich. »Da haben die Kollegen genügend Anhaltspunkte. Sie brauchen nur eine gewisse Geduld aufzubringen, dann laufen ihnen die Gesuchten von selbst ins Netz.«
»Sollte man meinen.«
»Eben, Sir. Doch wie ich Sie kenne, gibt es da ein Problem.«
»Nicht für mich, John. Mehr für die Kollegen. Die allerdings versuchen jetzt, den Fall auf uns abzuwälzen. Sie sagen, daß sie es mit drei Morden zu tun haben. Angeblich gibt es keine Gemeinsamkeiten. Zumindest nicht auf den ersten Blick, und trotzdem ist da was zusammengelaufen. Bei der Durchsuchung der Tatorte, und das ist sehr akribisch geschehen, hat man an verschiedenen Stellen in den Wohnungen und dem Büro dreimal das gleiche Zeichen entdeckt.«
»Welches denn?«
Sir James holte aus dem Schnellhefter eine Fotografie und reichte sie mir. »Schauen Sie selbst, John, dann wissen Sie, was ich damit meine.«
Nicht nur ich schaute hin, auch Suko sah sich die Fotos der Tatorte an. Sie zeigten nicht den gesamten Raum, sondern nur einen Ausschnitt. Darauf war tatsächlich das gleiche Zeichen zu sehen. Ein rotes Kreuz, das auf dem Kopf stand.
Ich verlor meine Lockerheit, und auch Suko preßte für einen Moment die Lippen zusammen.
»Man fand
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