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Das Legat der Toten

Das Legat der Toten

Titel: Das Legat der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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sie nicht nur gespannt, wenn sie ehrlich war, fürchtete sie sich auch ein wenig vor ihm, denn er sollte etwas Besonderes sein. Ein Mann, ein Mensch, der längst hätte tot sein müssen und trotzdem die letzten hundert Jahre überlebt hatte. Soweit hatte man sie schon eingeweiht.
    Die Fahrt ging in Richtung London, aber sie würden nicht bis in die City hineinrollen, das stand fest. Sie bogen nach Osten ab, bevor die ersten Vororte sie aufnahmen. Bei diesem Wetter brannten auch tagsüber die Lichter, und so mancher Weihnachtsbaum grüßte aus der Ferne. Über einen schmalen Weg fuhren sie wieder in die relative Einsamkeit hinein. Dann überquerten sie eine Kanalbrücke, die im leichten Dunst lag, und rollten schließlich auf einen kleinen Ort zu, der keinen Namen besaß. Eine Bahnlinie hatte ihn mal angefahren, doch die Schienen waren kaum noch zu sehen. Im Laufe der Zeit hatte die Natur sie überwuchert.
    Dean Todd, der nicht fuhr, drehte sich zu Miranda um. »Wir sind gleich am Ziel.«
    »Ich sehe nichts.«
    »Keine Sorge, du wirst früh genug alles erkennen.«
    »Sollen wir uns in den Häusern da vorn verstecken?«
    »Nein, die kannst du vergessen. Ich weiß nicht einmal, ob alle noch bewohnt sind. Das Gebiet hier sollte mal eingemeindet werden. Aus irgendwelchen Gründen hat man darauf verzichtet. Jetzt leben die Leute hier zwischen irgendwo und nirgendwo. So ist das mm mal auf dem flachen Land.«
    Miranda stellte keine Fragen mehr und ließ sich überraschen. Sie hatte sich schon an ihr neues Leben gewöhnt. Das alte lag bereits so weit zurück, daß sie nicht mehr daran denken wollte. Auch nicht an Frenton, ihren Zuhälter. Sie hatte ihm nur das gegeben, was er verdiente. Sollte er in der Hölle schmoren.
    Bei diesem Vergleich zuckte sie zusammen, denn ihr war klar, daß auch ihr Leben sich auf einer Schiene bewegte, die in Richtung Hölle führte. Sie hatte sich Kräften ergeben, an die sie früher nicht einmal gedacht hatte. Durch das umgedrehte Kreuz auf der Stirn war sie gezeichnet worden, und sie würde nie wieder zurück in ihr altes Leben können.
    Wer war Booker?
    Der Name geisterte durch ihren Kopf. Jedenfalls mußte er eine ungewöhnliche Person sein. Ein Wesen vielleicht. Nicht einmal unbedingt menschlich. Jemand, der es schaffte, mit den Menschen Kontakt aufzunehmen. Der aber auch nicht die Toten vergaß. Welche Toten?
    Dean wandte wieder den Kopf. Über sein Gesicht huschte ein Grinsen. »Wir sind gleich da.«
    »Wo?«
    »Sieh nach rechts.«
    Das tat Miranda auch, und sie sah einen hohen, alten Bau.
    Ein Gebäude, das völlig allein und leer stand und eigentlich längst hätte abgerissen oder zu einem Industrie-Denkmal umgebaut werden müssen.
    »Was ist das?«
    »Dort wirst du Booker treffen.«
    »Habt ihr euch dort versteckt gehalten?«
    »Klar.«
    Sie fuhren jetzt direkt darauf zu. Es hatte früher einmal einen Weg oder eine Straße gegeben, die war jedoch nicht mehr vorhanden. So fuhren sie über das flache Gelände und holperten durch Schlaglöcher.
    »Kannst du mir noch mehr über den Bau sagen?« erkundigte sich Miranda.
    »Ja. Das war mal eine Druckerei. Seit langer Zeit liegt sie still und verrottet. Damit will niemand etwas zu tun haben. Es ist übrigens ein Bau aus dem letzten Jahrhundert. Genau der richtige Ort, um das Millennium zu erleben.«
    »Bis dahin ist es noch einen Monat Zeit.«
    »Klar. Aber du glaubst nicht, wie schnell die Zeit vergeht. Zudem haben wir viel zu tun.«
    »Du machst mich neugierig. Was muß ich denn unternehmen? Arbeiten? Muß ich wieder auf den Strich oder...«
    »Nein, du wirst etwas vollenden. Ebenso wie wir. Was vor hundert Jahren nicht geschafft wurde, das ist nicht vergessen. Es wird noch einmal versucht. Wir sind das Vermächtnis derer, die damals scheiterten, aber wir werden nicht scheitern.«
    »Was war es denn für ein Projekt?«
    Dean hob die Schultern. »Das kann ich dir nicht sagen, denn ich bin selbst noch nicht eingeweiht. Booker hat es bewußt getan. Er wollte uns erst beisammen haben.«
    »So ist das also.«
    »Freu dich.«
    Miranda wußte nicht, ob sie das konnte. Sie dachte daran, daß ihr kein anderer Ausweg blieb. Noch einmal hörte sie zu, als Dean Todd etwas sagte. »Der Sturm der Toten wird alles hinwegblasen. Verlaß dich darauf.«
    Eine Sekunde später trat Peter Ritter auf die Bremse. Er hatte den Wagen bis dicht vor den verschlossenen Eingang gefahren, den Motor aber noch angelassen.
    Todd wußte, was er tun mußte. Er stieg aus und

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