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Das Legat der Toten

Das Legat der Toten

Titel: Das Legat der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Schräge hinzog.
    Wenn man so etwas elektronisch katalogisierte, mußte man eine gute Ordnung haben. Das war bei Jane der Fall. Sie brauchte nicht lange zu suchen und hielt triumphierend das Fundstück in die Höhe. »Voilà, da ist es.«
    »Hätte ich auch nicht anders von dir erwartet.«
    Lady Sarah und Suko waren mittlerweile auch eingetroffen. Die Horror-Oma saß auf einem Stuhl. Sie mußte zunächst ihren Atem wieder unter Kontrolle bekommen. »Man ist eben nicht mehr die Jüngste«, erklärte sie.
    Ich grinste sie an und sagte: »Du springst doch dem Sensenmann mindestens noch ein Dutzend Mal von der Schaufel.«
    »Ja, ja, aber zuvor tanze ich noch mit ihm.«
    Jane hatte die Diskette bereits eingeschoben und saß vor dem großen Bildschirm. Es gab genügend Stühle für uns alle. Aus Platzgründen nur zwei normale, die anderen konnten auseinandergeklappt werden. Suko und ich nahmen darauf Platz.
    Jane tippte mit flinken Fingern auf der Tastatur herum. Da war sie so schnell wie Shao. Um langes Suchen zu ersparen, schrieb sie den Namen Booker auf den Monitor.
    Die Sucherei nahm nur Sekunden in Anspruch. Dann schauten wir auf die Liste, wo wir alles über Booker finden konnten, und wenig später liefen bereits die gescannten Zeitungsseiten vor unseren Augen ab. Wir lasen zu dritt, und wir lasen schnell, ohne das Wichtigste dabei zu übersehen.
    Booker war ein Wahnsinniger. Ein Jahrhundertmann, wie er sich selbst genannt hatte. Er war mit den Gaben des Teufels ausgestattet worden, um der Hölle zu ihrem Recht zu verhelfen. Er hatte versucht, Kirchen zu zerstören. Er hatte auch Brände gelegt. Er hatte Menschen umgebracht und sie an Gaslaternen aufgehängt. Über Monate hatte sich sein Terror hingezogen, und das umgedrehte Kreuz auf seiner Stirn war sein Markenzeichen gewesen.
    Damals steckte die Fotografie noch in ihren Kinderschuhen. Ein Bild von Booker sahen wir leider nicht, sondern es wurde uns nur eine Zeichnung präsentiert.
    Die schauten wir uns etwas genauer an.
    »Wie sieht der denn aus?« murmelte Jane.
    Ich wußte genau, was sie meinte. Booker war ein Typ, den ich vom Alter her schlecht einschätzen konnte. Er wirkte alt, aber auch alterslos. Sein Gesicht bestand aus Falten und einer glatten Haut dazwischen. Der Maler hatte es geschafft, seine Augen so zu zeichnen, daß wir den bösen Blick erkennen konnten. Es war wirklich der Blick eines Dämons oder einer machtbesessenen Kreatur, um andere Menschen zu bannen und auf seine Seite zu ziehen.
    Ein Heer von Polizisten hatte Booker damals gejagt, und er war sogar mit Jack the Ripper verglichen worden. Im Gegensatz zu ihm war der Ripper ein Einzelgänger gewesen. Booker hatte Gleichgesinnte um sich geschart, die für ihn ebenfalls Verbrechen verübten und auch, wenn sie gefaßt wurden, ins Gefängnis gingen oder sogar zum Tode verurteilt wurden.
    Booker war schließlich gefaßt worden. Man hatte ihm eine Falle gestellt. In einem alten Druckereigebäude hatte man ihn eingekreist. Er war dann getötet worden. Das hatte ein Mann übernommen, dessen Tochter von Booker vergewaltigt und umgebracht worden war. Dieser Mann hatte dem menschlichen Teufel die Kehle durchgeschnitten.
    Man hatte ihn dann mit dem Kopf nach unten aufgehängt. Nicht an einem Kreuz, aber in einer ähnlichen Lage. In der Zeitung stand, daß er ausgeblutet war. Später hatte er dann verscharrt werden sollen, doch das war nicht eingetreten, denn Booker hatte es geschafft, ob tot oder lebendig, sich zu befreien. Oder er hatte die entsprechenden Helfer gehabt, die dies für ihn getan hatten.
    Genaues wußte man nicht. Jedenfalls war und blieb Booker verschwunden, und das Legat der Toten hatte sich ebenfalls aufgelöst. Die Menschen in London feierten in das neue Jahrhundert hinein, denn das Gespenst Booker war aus ihren Köpfen verschwunden.
    Ich schob den Stuhl zurück, und Lady Sarah sprach mich an. »Was gefunden, John?«
    »Ja, daß Booker tot ist.«
    Sarah warf den Kopf zurück und lachte. »Glaubst du das wirklich, John?«
    »Nein.«
    »Trotzdem ist er tot«, sagte Suko. »Man hat ihm die Kehle durchgeschnitten.«
    »Aber dann seine Leiche verschwinden lassen«, fügte Sarah rasch hinzu. »Warum? Wer hat es getan?«
    »Vielleicht er«, sagte Jane. »Er ist nicht tot gewesen. Er war auch kein Mensch, sondern ein Geschöpf der Hölle. Ein Dämon, wie auch immer. Einer, den die Hölle geschickt hat, um die Menschen am Ende eines Jahrhunderts noch einmal in Angst und Schrecken zu versetzen.

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