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Das letzte Einhorn

Das letzte Einhorn

Titel: Das letzte Einhorn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter S. Beagle
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vorführen muss. Gestern die ganze Nacht. Es würde mir nichts ausmachen, wenn er wirkliche Zauberei von mir verlangte, oder wenigstens richtige Kunststücke, aber er will immer das gleiche, die Ringe und die Goldfische, die Spielkarten und Halstücher und das Seil – genau wie in der Mitternachtsmenagerie. Ich kann nicht mehr. Nicht mehr lange.«
    »Aber dafür hat er dich doch angestellt!« widersprach Molly. »Wenn er sich richtige Zauberei wünschte, hätte er den alten Zauberer behalten können, diesen Mabruk.« Schmendrick hob den Kopf und warf ihr einen Blick zu, der beinah belustigt wirkte. »Ich hab’s nicht so gemeint«, sagte Molly. »Überhaupt ist es ja nur noch für kurze Zeit, dann werden wir den Weg zum Roten Stier gefunden haben, von dem die Katze mir erzählt hat.«
    Sie dämpfte ihre Stimme zu einem Wispern, als sie die letzten Worte sagte; beide blickten verstohlen zu Prinz Ur hinüber, der auf einem Stuhl in der Ecke saß und offensichtlich an einem neuen Gedicht schrieb. »Gazelle«, murmelte er und klopfte mit der Feder gegen seine Zähne, »Demoiselle, Zitadelle, Asphodele, Philomele, Parallele …« Er entschied sich für ›Schattenseele‹ und kritzelte munter drauflos. »Wir werden diesen Weg nie finden«, flüsterte Schmendrick. »Selbst wenn die Katze die Wahrheit gesagt hat, was ich bezweifle, so wird Haggard dafür sorgen, dass wir keine Zeit finden, die Uhr und den Schädel zu untersuchen. Was denkst du, weshalb er dir jeden Tag mehr Arbeit auflädt? Doch nur, um dich davon abzuhalten, dass du in der großen Halle herumschleichst und schnüffelst. Was denkst du, weshalb er sich von mir mit diesem Mumpitz unterhalten lässt? Weshalb er mich überhaupt als Hofzauberer angestellt hat? Molly, er weiß es, ich bin mir ganz sicher. Er weiß, was sie ist, doch kann er es noch nicht glauben; aber wenn er das einmal tut, dann weiß er, was er zu tun hat. Er weiß es. Ich sehe es manchmal auf seinem Gesicht!«
    »O meiner Sehnsucht Schwellen, o meiner Liebe Fall«, rezitierte Prinz Lir, »o meines Schmerzes hm-tata-all. Knall, Ball, Drall. Verflucht.«
    Schmendrick beugte sich über den Tisch. »Wir können nicht hier herumsitzen und warten, bis er losschlägt. Unsere einzige Hoffnung ist Flucht bei Nacht, und zwar übers Meer, wenn ich ein Boot auftreiben kann. Die Wächter werden in die andere Richtung sehen, und das Tor …«
    »Aber die anderen!« jammerte sie. »Wie können wir fliehen, wenn sie von so weit hergekommen ist, um die anderen Einhörner zu finden, und wenn wir wissen, dass sie hier sind?« Doch ein kleiner, verborgener, verräterischer Teil von ihr war plötzlich allzu bereit, sich von der Vergeblichkeit ihrer Suche überzeugen zu lassen; sie spürte es und war deswegen zornig auf Schmendrick. »Und was wird dann aus deiner Magie, aus deiner eigenen kleinen Suche? Willst du die auch aufgeben? Soll sie in ihrer menschlichen Gestalt sterben, während du in alle Ewigkeit fortlebst? Da könntest du sie gleich dem Stier übergeben!«
    Der Zauberer sank in seinen Stuhl zurück, sein Gesicht sah bleich aus und verschrumpelt wie die Finger einer Waschfrau. »So oder so, es kommt nicht mehr drauf an«, sagte er, halb zu sich selbst. »Sie ist jetzt kein Einhorn, mehr, sondern eine sterbliche Frau, jemand, den dieser Schafskopf beseufzt und bedichtet. Vielleicht findet Haggard die Wahrheit auch nie heraus, sie wird seine Schwiegertochter, und er wird es nie erfahren! Zu komisch.« Er schob die Suppe unberührt beiseite und stützte seinen Kopf in die Hände. »Selbst wenn wir die anderen fänden, ich könnte sie nicht mehr in ein Einhorn verwandeln. Aller Zauber hat mich verlassen.«
    »Schmendrick«, fing Molly an, doch in diesem Augenblick sprang er auf und stürzte aus der Küche, obgleich sie nichts von des Königs Ruf vernommen hatte. Prinz Lir blickte nicht einmal auf, er trommelte Metren und probierte Reime. Molly hängte einen Kessel übers Feuer, um Tee für die Wachen zu bereiten.
    »Ich bin beinah so weit, es fehlt nur noch das Verspaar am Schluss«, rief Lir nach einiger Zeit. »Möchtest du es lieber jetzt hören oder später?«
    »Was immer dir lieber ist«, seufzte sie, und er las es vor, doch sie nahm kein einziges Wort davon auf. Zum Glück kamen die Wächter herein, bevor er mit dem Vorlesen zu Ende war, denn er war zu schüchtern, um in deren Gegenwart Molly nach ihrer Meinung zu fragen. Als sie die Küche wieder verließen, arbeitete er schon wieder an einem neuen

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