Das letzte Opfer (German Edition)
werden dir wahrscheinlich auch Zeichnungen zeigen von den Sachen, die er dir geschenkt hat, als du mit dem Quälgeist schwanger warst. Die Ohrstecker und den Ring hat er nicht bei einem Juwelier gekauft, Karen, er hat sie einer Toten abgenommen, auch das graue Kostüm, das er dir ins Krankenhaus gebracht hat. Auf den Zeichnungen sieht der Schmuck nicht so aus wie im Original. Aber es sind die Sachen, und das musst du ihnen sagen, Karen.»
Die Buchstaben lagen immer noch auf dem Stuhl. Jasmin zuckte erschreckt zusammen, als sie die rechte Hand vorstieß und in dem Häufchen zu wühlen begann. Sie hielt sich ein paar vor die Augen und legte ihm drei auf den Stuhl. GEH.
«Nimm doch Vernunft an, Karen», sagte er. «Der Kerl ist ein Killer. Er hat neun Frauen auf dem Gewissen, auch Li. Und er hat die Sache so gedreht, dass sie beinahe an mir hängen geblieben wäre. Du kannst dir nicht vorstellen, was für einen Schiss ich hatte, als ich das in der Zeitung las, alle zwei Jahre im September, immer genau die Zeit, wenn ich im Schwarzwald bin.»
Es zerrte und spannte entsetzlich in ihrem Kiefer, aber sie schaffte es, presste es zwischen den verbliebenen Zähnen durch: «Geh endlich.»
Jasmin griff nach seinem Arm. Und er nickte, nahm die drei Buchstaben vom Stuhl, sammelte auch die anderen wieder ein. «Ist nicht leicht für dich», sagte er. «Verstehe ich. Aber der Polizei wirst du wohl glauben.»
Als sich die Tür hinter ihm und ihrer Tochter schloss, drehte sie den Kopf zur Seite und weinte, bis die Patientin im zweiten Bett nach der Krankenschwester klingelte und man sie wieder in die Dunkelheit schickte.
Am nächsten Tag kam Karlheinz, allein. Eine geschlagene Stunde redete er auf sie ein, schilderte ihr den Zeitungsbericht in allen gedruckten Scheußlichkeiten und empfahl ihr, der Polizei alles zu sagen, was sie wusste. Sie wusste nur, dass Marko sie liebte und Oliver Lohmann mit Norbert telefoniert haben musste, ehe er über sie herfiel.
Der Ersatzmann
Drei Tage später kamen zwei Beamte der Kölner Kripo. Der Arzt hatte ihr die Erlaubnis zu sprechen erteilt. Es fiel ihr schwer, sie war kaum zu verstehen. Doch bei den meisten Fragen reichte es, sich mit einer Geste verständlich zu machen. Zuerst zeigten sie ihr etliche Fotos von jungen Frauen und fragten, ob sie eines der Gesichter schon mal gesehen hatte.
Es waren höllische Minuten, die Gesichter anzuschauen und zu wissen, dass sie alle tot waren, umgebracht von einem Mann, den sie geliebt hatte. Li war nicht dabei. Sie schüttelte den Kopf.
Danach legten sie ihr einige von Hand gefertigte Zeichnungen vor, die durchs Kopieren nicht detailgetreuer geworden waren. Ein begnadeter Künstler war Scheib ohnehin nicht. Auf einer Zeichnung war nur ein Kreis mit verschlungenen Kringeln zu erkennen. Es sah fast aus wie das Medaillon von Markos Mutter, aber nur fast. Ihre Ohrstecker und den Ring aus Platin erkannte sie nicht. Es fehlten die kleinen Brillanten, die in ihrem Schmuck eingefasst waren. Sie schüttelte erneut den Kopf.
Die beiden Polizisten tauschten einen, wie ihr schien, zufriedenen Blick und begannen mit ihren Fragen zu dem Samstag. Es war furchtbar für sie zu hören, dass Oliver Lohmann tot war und keine Auskunft mehr geben konnte. Wenn er ihnen gesagt hätte, wer ihn angerufen und veranlasst hatte, sie zu dem Putzeimer zu zerren, vielleicht hätte sie aufgeatmet. Sie konnte ihnen das nicht sagen. Norbert war doch ihr Bruder.
Die Polizisten fragten, ob sie die Terrassentür geöffnet habe, ehe sie sich an den Computer setzte. Sie nickte, obwohl es nicht so gewesen war. Marko hatte ihr bereits erklärt, Oliver Lohmann sei vermutlich durch die Kellertür ins Haus gekommen. Und Norbert war als Letzter im Keller gewesen, am Donnerstagabend, nachdem sie zusammen den Garten in Ordnung gebracht hatten. Sie war danach nicht mehr nach unten gegangen.
Ob sie irgendwo im Haus Blut gesehen habe, wollten die Polizisten wissen, an einem Treppengeländer oder einer Türklinke. Nein. Wie denn auch mit dem Messer an der Kehle und dem nach hinten gestreckten Kopf? Die Polizisten fragten auch nach der Zeit. Auf die Minute genau konnte sie nicht sagen, wann Oliver Lohmann hinter ihr aufgetaucht war. Es mochte halb elf gewesen sein oder ein paar Minuten später.
Dass ihr Mann um zehn Uhr in Klinkhammers Büro angeblich versucht hatte, sie telefonisch zu erreichen, und dass Barbara Lohmanns Freund längst als Mörder überführt war, sagte ihr niemand.
Doch obwohl
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