Das letzte Opfer (German Edition)
lange her, was länger als drei Tage zurücklag. Er konnte ihr auch nicht sagen, ob Oma die Bitte seines Papas erfüllt, mit anderen Worten, ob es geklappt und Norbert bei ihr herumgeschnüffelt hatte.
Karlheinz war außer sich. Auf dem Rückweg bedrängte er sie mit Fragen. Dann wollte er unbedingt mit Norbert sprechen. Doch der war nach Frechen gefahren, um bei Oliver und Barbara Lohmann nach dem Rechten zu schauen. Sarah erklärte, er habe zweimal dort angerufen, und da sei irgendwas merkwürdig gewesen.
Ersatzweise nahm Karlheinz Christa ins Gebet. Ob sie meine, er gehöre nicht mehr zur Familie, nur weil sie geschieden seien? Sie hätte immer alles vertuscht. Aber Karen sei auch seine Tochter. Wenn bei ihr etwas nicht mit rechten Dingen zuginge, und davon müsse man ausgehen, wenn Norbert sich zu einem Kontrollgang verpflichtet fühle, wollte Karlheinz das als Erster erfahren.
Der Nachmittag wurde um einiges bunter als die Eier, die Kevin samstags bemalt hatte. Sie hätte zu gerne gewusst, ob Norbert sein Ziel erreicht und sich bei ihr umgeschaut hatte. Vor allem interessierte sie, was er sich angeschaut hatte. Den Computer, was sonst? Wo er so gegen ihre Therapiestunden war, interessierte ihn wahrscheinlich brennend, ob und was sie darüber schrieb.
Auskunft auf ihre Fragen bekam sie nicht. Sarah kaute vor Nervosität ihre Fingernägel ab und erging sich in Spekulationen, was Norbert veranlasst haben könnte, so Hals über Kopf aufzubrechen. Er hatte nur gesagt: «Da stimmt etwas nicht.» Und Sarah fand, es stimme generell einiges nicht.
Karlheinz unternahm mehrere Versuche, Norbert telefonisch zu erreichen. Aber bei den Lohmanns ging niemand an den Apparat. Und Norberts Handy lag mal wieder im Schlafzimmer. Jasmin wich nicht vom Fenster und verkündete bei jedem Auto, das auf der Straße vorbeifuhr: «Das war Norbert auch nicht.»
Christa machte Kaffee und strafte Karen mit Verachtung, weil sie ihr den ersten richtigen Krach mit Karlheinz beschert hatte. Und jetzt durfte Christa das nicht mal mehr Ehekrach nennen. Bei Kaffee und Kuchen erkundigte sie sich spitz, wann Marko denn nun endlich ans Heimkommen denke. Er war erst seit drei Tagen unterwegs. Christa fand, in der Zeit könne er so viel Natur fotografiert haben, dass es für zwei Bildbände reiche.
Dann vermutete Christa, Marko habe die Flucht ergriffen, um in Ruhe über seine Ehe nachzudenken. Immer nur Ärger und Sorgen mit ihr, hörte das denn nie auf? Jetzt habe sie es tatsächlich geschafft, ihren Bruder verrückt zu machen und ihren Vater aufzuhetzen. Und das vermutlich nur, weil sie inzwischen bemerkt habe, dass es noch andere Männer gebe.
«Seid ihr eigentlich alle durchgeknallt?», fragte sie. «Vielleicht erklärt mir mal einer, was hier los ist. Ihr wisst ganz genau, dass ich keine Affäre habe.»
«Bei dir weiß kein Mensch, woran er ist», sagte Christa. «Wie soll man denn auch, man hört ja nie die Wahrheit, wird hinten und vorne belogen. Zuerst ein Austauschschüler, dann eine Freundin aus China, jetzt diese Touren nach Köln. Und das wäre nicht nötig, hat Norbert auch schon hundertmal gesagt.»
Norbert war zum Abendessen noch nicht zurück. Danach wurde es Zeit, mit Kevin nach Hause zu gehen. Auf dem Heimweg versuchte sie, in Erfahrung zu bringen, ob er Marko etwas von «ihrem Klempner» erzählt hatte. Vielleicht war Marko deshalb auf die Idee gekommen, sie würde ihn betrügen. Bei einem Klempner dachte man ja nicht automatisch an einen Psychologen. Ihren Bruder wollte sie montags wegen des Schlüssels zur Rede stellen. Doch daraus wurde nichts.
Den Ostermontag verbrachte sie bei Margo, die wider Erwarten doch Lust auf Gesellschaft hatte und schon kurz nach acht Uhr anrief. Um halb elf holte Margo sie ab, da hatte sie Marko bereits informiert, wo sie diesen Tag zu verbringen gedachte. Sonst hätte er am Ende nicht gewusst, wo sie telefonisch zu erreichen war.
Zu Mittag aßen sie bei einem Nobelitaliener. Kevin benahm sich ganz manierlich, brüskierte nur den Kellner, weil er Nudeln mit roter Soße essen wollte und sonst nichts. Irgendwo in der Küche trieben sie wohl eine Flasche Tomatenketchup auf und stellten ihn damit zufrieden.
Am Nachmittag besuchten sie Rabeas Grab. Obwohl sie Rabeas Geburtsdatum seit langem kannte, wurde ihr zum ersten Mal richtig bewusst, dass sie an genau diesem Tag vor zwölf Jahren mit Jasmin schwanger geworden war. Es war ein sonderbares Gefühl, und es kamen an diesem Tag noch mehr
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