Das letzte Opfer (German Edition)
Stuhl beim Versuch, sie zu umarmen und zu küssen. Dann fiel er vor ihr auf die Knie und drückte sein Gesicht in ihren Schoß. Eine melodramatische Szene mit entsprechenden Dialogen.
Barbara forderte ihn auf, nicht so ein Theater zu machen. Stefan vermutete, sie habe einen anderen, drohte, den Kerl aufzuschlitzen, und bettelte in einem Atemzug: «Du darfst mich nicht verlassen, das halte ich nicht aus. Dann bringe ich mich um.»
Ungeachtet des aufmerksamen Publikums schob er ihr Top in die Höhe, drückte die Lippen auf ihre Brust und machte sich am Reißverschluss ihrer Jeans zu schaffen. Barbara schlug ihm auf die Finger, drückte seinen Kopf weg und verlangte: «Lass das, verdammt! Kauf dir eine Gummipuppe oder lass dir von Papi eine schenken. Für deine Rammelei reicht so ein Ding. Ich möchte mal wieder montags im Büro gemütlich auf dem Stuhl sitzen.»
Dann fiel ihr wohl auf, dass in der Raststätte niemand mehr aß oder trank. Auch die Gäste, die draußen auf der Terrasse saßen, äugten gespannt herüber. Sie schob Stefan, der immer noch am Boden kniete, energisch zur Seite und ging zum Ausgang. Ihr noch halb voller Teller blieb auf dem Tisch zurück, gezahlt hatte sie schon. Stefan war sehr schnell auf den Beinen und rannte ihr nach. Kaminski folgte den beiden, weil er das Gefühl hatte, die junge Frau könne in Schwierigkeiten geraten. Vielleicht war er auch nur neugierig auf die Fortsetzung.
Im Freien zerrte Leitner Barbara über den Parkplatz zu einem schwarzen Alfa Romeo mit Münchner Kennzeichen. Für Kaminski war offensichtlich, dass sie nicht einsteigen wollte, sich den Hitzkopf aber auch nicht vom Leib halten konnte. Er bot ihr seine Hilfe an. Daraufhin ging Leitner auf ihn los. «Was willst du? Sie gehört zu mir!»
«Nun mal langsam, Freundchen», beschwichtigte Kaminski. «Zu wem sie gehört, soll sie selbst entscheiden.»
Stefan brüllte Barbara an: «Ist das der Kerl? Sag ihm, er soll sich verpissen, sonst schlitz ich ihn auf. Sag ihm, dass du mich liebst, nur mich, heute noch, noch einmal.»
«Junge, ich glaube, du verwechselst da etwas», sagte Kaminski. Die Drohung, ihn aufzuschlitzen nahm er nicht ernst, es war kein Messer zu sehen. Er wandte sich an Barbara: «Ein Wort genügt, junge Frau, und ich schaffe Ihnen den Knaben vom Hals. Eine richtige Prügelei hatte ich schon lange nicht mehr.»
Barbara lächelte kühl. «Lieb gemeint, aber nicht nötig. Ich komme schon klar. Bisher habe ich ihn noch immer beruhigt.»
«Dann können Sie aber am Montag wieder nicht gemütlich auf dem Bürostuhl sitzen», sagte Kaminski noch.
Und Barbara erwiderte: «Ist doch Ostern. Ich muss erst am Dienstag wieder im Büro sein. Bis dahin wird’s gehen.»
Dann stiegen Stefan Leitner und Barbara Lohmann in den Alfa Romeo und unterhielten sich ein paar Minuten lang im stehenden Fahrzeug. Für Kaminski sah es aus, als käme die junge Frau tatsächlich alleine zurecht. Als der Wagen abfuhr, ging er zurück in die Raststätte. Das war kurz vor eins.
Gegen sechzehn Uhr fuhren Oliver und Norbert auf das Raststättengelände. Sie fanden den Peugeot mit der Reisetasche auf der Rückbank. Barbara fanden sie nicht, aber ihr Verbleib war rasch geklärt. Während Norbert sich auf dem Parkplatz um den Peugeot bemühte, befragte Oliver das Bedienungspersonal. Er hatte Fotos dabei, auch Schnappschüsse aus dem Urlaub, die Barbara mit Stefan Leitner zeigten. Von Kaminskis Frau hörte er, was sich um die Mittagszeit abgespielt hatte.
Für Oliver war das zuerst nur ein Grund, auf seine Schwester zu fluchen. Ungefähr so hatte er sich das vorgestellt. Was kümmerte einen verzogenen Bengel der verlorene Führerschein, wenn er jederzeit in den Wagen der Mutter steigen konnte und das Ziel seiner Sehnsüchte in erreichbarer Nähe wusste? Dass Barbara sich zu ein paar Stunden hatte überreden lassen, stand für Oliver außer Frage. Dafür ihre Tasche mitzunehmen, hätte sich nicht gelohnt. Ihn zu verständigen, war nicht mehr möglich gewesen, nachdem er zu Norbert ins Auto gestiegen war. Weder Barbara noch er verfügten über ein Handy. Stefan besaß eins, Norbert auch. Aber der hatte es in der Eile zu Hause liegen lassen.
Sie warteten im Freien, gingen davon aus, dass Barbara jeden Moment zurückkäme. Sie musste sich ausrechnen können, zu welcher Zeit ungefähr ihre Pannenhelfer Edenbergen erreichten. Als sie nach einer halben Stunde immer noch nicht erschienen war, rief Oliver von einem Kartentelefon in der
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