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Das letzte Opfer (German Edition)

Das letzte Opfer (German Edition)

Titel: Das letzte Opfer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Hammesfahr
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den vergangenen Tagen war Oliver nicht der Gedanke gekommen, einmal daheim oder bei Norbert anzurufen. In Stresssituationen verlor er sofort den Kopf und war zu vernünftigen Überlegungen nicht mehr in der Lage.
    Er fuhr zur nächsten Telefonzelle. Viel weiter konnte er gar nicht mehr fahren, der Tank war fast leer, von den zweihundert Mark, die Norbert ihm geliehen hatte, war so gut wie nichts mehr übrig. Zu Hause ging niemand an den Apparat. Er rief in der Werkstatt an und hörte von Norbert: «So ein Quatsch, die haben sie nicht zurückgebracht. Ich hab noch zwei Stunden da gesessen. Barbara wäre garantiert in die Raststätte gekommen, weil der Peugeot nicht mehr da war.»
    Oliver schwankte zwischen Wut und Verzweiflung. «Stefan hat sie umgebracht, glaubst du? Er ist so einer, was er nicht haben kann, soll auch kein anderer bekommen. Ich hab’s doch erlebt im Urlaub. Beinahe aufgefressen hat er sie, er sah schon rot, wenn ich in ihre Nähe kam. Und sein Alter weiß Bescheid, der deckt ihn. Was mache ich denn jetzt?»
    «Zur Polizei gehen», riet Norbert. «Am besten gleich zur Kripo. Aber halt mich raus, ja. Ich hab schon genug am Hals. Und wenn die hören, dass ich noch eine Weile in Edenbergen war, drehen die den Spieß garantiert um und hängen es mir an.»
    Oliver folgte dem Rat und respektierte auch die Bitte. Niemand bekam die Chance, Karens Bruder rechtzeitig in die Ermittlungen einzubeziehen. In der Raststätte Edenbergen hatte kein Mensch darauf geachtet, mit wem Oliver gekommen war und was sein Begleiter anschließend getan hatte. Er sprach nur von einem Freund, der ihn aus Gefälligkeit nach Edenbergen gefahren habe und sofort umgekehrt sei. Im Münchner Polizeipräsidium fragte niemand nach den Personalien dieses Freundes. Die zuständigen Beamten dachten dabei an einen jungen Mann in Olivers Alter, und wenn der sofort zurückgefahren war, was hätte er zur Aufklärung beitragen können?
    Es kam auch niemand auf die Idee, umgehend Thomas Scheib in Wiesbaden zu verständigen. Alles sprach für eine Beziehungstat. Ein neunzehnjähriger Bengel, der nicht ablassen konnte von einer Urlaubsliebe. Eine eindeutige Sache, kein Fall für den Geisterjäger.
    Einer der zuständigen Beamten war Josef Weigler, der Mann, der 1994 die Ermittlungen nach Julia Roberts’ Verschwinden geleitet und ihren Freund mit einem Leichenfund geblufft hatte. Scheib hatte ihm damals vorgehalten, einen unschuldigen Mann in den Freitod getrieben zu haben. Inzwischen war Weigler Mitte fünfzig und immer noch der Meinung, sich seinerzeit korrekt verhalten zu haben. Der zweite Beamte war Frederik Fährlich, siebenundzwanzig Jahre alt, so ehrgeizig wie unerfahren.
    Sie taten das Naheliegende, befragten zuerst die Angestellten der Raststätte, die Oliver als Zeugen für Leitners Auftritt benannt hatte, und fanden seine Angaben bestätigt. Nach dreizehn Uhr hatte kein Mensch Barbara noch einmal zu Gesicht bekommen. Sie sprachen auch mit Martin Kaminski und hörten, dass «der junge Hitzkopf» ihm auf dem Parkplatz mit Aufschlitzen gedroht hatte. Über die Behauptung, Frau Leitner sei dabei gewesen, lachte Kaminski. «Dann muss sie aber auf der Rückbank gelegen haben.»
    Anschließend fuhren sie zu Leitners Elternhaus und konfrontierten Stefan mit den Zeugenaussagen. Leitner senior war dabei und sorgte dafür, dass nicht zu viel Druck auf seinen Sohn ausgeübt wurde. Die einleitenden Erklärungen übernahm er selbst. Die erwiesenermaßen falsche Auskunft, seine Frau sei gefahren, begründete er mit dem fehlenden Führerschein und der Furcht vor Konsequenzen. Nun räumte er ein, sein Sohn sei ohne Begleitung in Edenbergen gewesen. Damit gab er das Wort an Stefan weiter.
    Und der beteuerte unter Tränen, Barbara habe schon wenige Minuten nach der Abfahrt aus Edenbergen darauf gedrängt, das Steuer zu übernehmen und die ganze Zeit beruhigend auf ihn eingeredet. Angeblich hatte sie ihm erzählt, sie habe sich in einen Mann verliebt, der fast doppelt so alt sei wie er und beruflich etabliert. Der könne ihr einen neuen Job beschaffen, in dem sie entschieden mehr verdiene. Sie habe nicht nur ihren Bruder, auch ihren neuen Bekannten über die Wagenpanne informiert. Der habe sie in Edenbergen abholen wollen, um mit ihr ein schönes Wochenende zu verbringen.
    Gemeinsam seien Barbara und er zur Raststätte zurückgefahren, wo ihr neuer Freund schon gewartet habe. Zum Abschied habe sie ihm noch viel Glück gewünscht und ein Mädchen, das besser

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