Das letzte Opfer (German Edition)
auch.
Dann veranlasste er, Anni Weingräber umgehend in einen Streifenwagen zu laden und zu dem Waldweg zu fahren, wo der Mercedes gestanden hatte. Gleichzeitig schickte er eine Suchmannschaft mit Leichenspürhunden und Methansonden hinaus. Er fuhr in seinem Wagen hinterher.
Am frühen Nachmittag erreichten sie die Stelle, an der Anni den Mercedes gesehen haben wollte. Der Weg machte dort eine Biegung. Wer hier sein Auto abstellte, musste von Spaziergängern, die sich schweigend näherten, überrascht werden. Auch ein Risiko, welches das Phantom seiner Meinung nach niemals eingegangen wäre. Andererseits waren sie gute zwei Kilometer in den Wald hineingefahren, vielleicht hatte Marko Stichler so weit von einem Parkplatz entfernt nicht mehr mit Spaziergängern gerechnet. Es war doch schon Abend gewesen.
Anni Weingräber fand auch etwa hundert Meter weiter den Trampelpfad wieder, auf dem sie sich in die Büsche geschlagen hatte. Er ließ sie zurück nach München bringen und die Suchmannschaft ausschwärmen. Überraschend schnell wurden sie fündig. Kein Grab und keine Leiche – nur das blaue Sweatshirt mit der weißen Aufschrift im Rücken. Es lag im Gebüsch. Blut war daran mit bloßem Auge nicht festzustellen. Die dunklen Streifen und Flecken waren eindeutig Wagenschmiere. Es sah aus, als habe sich Marko Stichler den linken Ärmel beim Reifenwechsel beschmutzt und sich anschließend auch noch die Hände daran abgewischt.
Nachdem das Sweatshirt auf dem Weg zum Landeskriminalamt nach München war, fuhr er zurück. Kurz vor sieben Uhr hielt er seinen Wagen nahe dem Anwesen der Familie Leitner, um mit Barbaras Bruder zu sprechen. Diesmal saß Oliver hinter dem Lenkrad und öffnete ihm, wenn auch widerwillig, die Beifahrertür.
Pitter Karotte
Norbert kam wenige Minuten nach acht. Diesmal ging sie zuerst an ein Straßenfenster, als es an der Haustür klingelte, sah den Wagen ihres Bruders und hatte das Gefühl, ihm nie wieder ins Gesicht schauen zu können. Aber er brachte Kevin mit, da konnte sie ihn nicht vor der Tür stehen lassen. Dass Marko bei der Polizei gewesen war, hatte er von Christa gehört, als er von der Arbeit kam. Er hatte auch bereits mit Marko telefoniert und alles Wesentliche erfahren. Statt einer Begrüßung richtete er aus, dass Marko sehr spät heimkäme.
Kevin lief hinauf in sein Zimmer. Norbert ging in die Küche, er war wütend und machte sich nicht die Mühe, es zu verbergen. Zuerst dachte sie, er hätte sich nur über Oliver Lohmann geärgert, weil er damit begann. «Oliver war völlig daneben», sagte er. «Jetzt will er die ganze Familie aufschlitzen, hatte gerade mit einem von der Polizei gesprochen. Die glauben nicht mehr, dass Leitner es war.»
«Und an wen denken sie jetzt», fragte sie.
Norbert gab einen Laut von sich, der wie ein geringschätziges Lachen klang. «Muss ich dir das wirklich erklären?»
Musste er nicht. Sie hätte sich aufregen müssen, aber sie fühlte sich, als sei ihr das Herz eingeschlafen. Sie machte Kaffee und für sich ein Wurstbrot, weil sie den ganzen Tag noch nichts gegessen hatte. Norbert wollte nur einen Kaffee und einen Aschenbecher. Seit Wochen rauchte er wieder viel. Dabei hatte er sich das einmal ganz abgewöhnt.
Er zündete sich eine Zigarette an, sprach weiter. «Sie haben eine Zeugin in München, die Barbara in Markos Auto gesehen hat. Dann erzählst du ihnen auch noch, du wärst bei ihm gewesen. Sei ehrlich, Karen, warum hast du das getan? Du hast doch auch gedacht, er hätte was damit zu tun.»
«Warum sollte ich so was von ihm denken?» Sie wartete darauf, dass er Julia Roberts’ Brief anführte, vielleicht fragte, ob Marko zwei Wochen vor ihrer Hochzeit in München gewesen sei.
«Weiß ich, was dir durch den Kopf geht», fuhr er stattdessen auf. «Warum hast du so ein Riesenloch gebuddelt? Du hängst doch wieder mittendrin in dieser verfluchten Geschichte.»
«Vielleicht sollte ich Klinkhammer anrufen und offen mit ihm sprechen», sagte sie.
«Würde ich mir an deiner Stelle gut überlegen», meinte er. «Je mehr du erklärst, umso schlimmer machst du’s. Glauben wird dir kein Mensch. Ist doch logisch, dass du ihn für ein Unschuldslamm halten musst, du bist seine Frau.»
«Und wenn du es machst?», fragte sie. «Du könntest Marko an dieser Raststätte getroffen haben. Wenn ihr zur selben Zeit aufgebrochen seid.» Ihr erschien es die Lösung aller Probleme. Es könnte auch niemand auf den Gedanken kommen, Barbara sei in Norberts
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