Das Letzte Plädoyer: Roman
Rat von Mr. Craig und verließen das Lokal«, sagte Pearson.
»Ja, genau«, bestätigte Davenport. »Ich folgte dem Rat von Spencer, schließlich ist er ja …« Er hielt inne wegen der Wirkung. »… ein Rechtsgelehrter. Ich glaube, das ist die korrekte Bezeichnung.«
Absolut textsicher, dachte Alex, dem klar war, dass sich Davenport jetzt wieder sicher in seinem Manuskript befand.
»Sie sind selbst nicht rausgegangen?«
»Nein, Sir, nicht nachdem die Notrufleute Spencer geraten hatten, wir sollten uns unter gar keinen Umständen dem Mann mit dem Messer nähern.«
Alex blieb sitzen.
»Sehr richtig«, sagte Pearson und blätterte zur nächsten Seite seiner Akte. Er starrte auf ein leeres Blatt Papier. Früher als gedacht, war er ans Ende seiner Fragen gekommen. Er verstand nicht, warum sein Gegner nicht versucht hatte, ihn zu unterbrechen, während er so überdeutlich Einfluss auf seinen Zeugen genommen hatte. Zögernd ließ er die Akte zuklappen. »Bitte bleiben Sie im Zeugenstand, Mr. Davenport«, sagte er. »Ich bin sicher, mein hochverehrter Herr Kollege möchte Sie ins Kreuzverhör nehmen.«
Alex Redmayne sah nicht einmal in die Richtung von Lawrence Davenport, während der Schauspieler mit der Hand durch sein langes, blondes Haar fuhr und weiterhin die Geschworenen anlächelte.
»Möchten Sie den Zeugen ins Kreuzverhör nehmen, Mr. Redmayne?«, fragte der Richter und klang, als würde er sich darauf freuen.
»Nein danke, Euer Lordschaft«, erwiderte Redmayne, wobei er kaum seine Haltung veränderte.
Nur wenige Zuschauer waren in der Lage, ihre Enttäuschung zu verbergen.
Alex verharrte reglos, erinnerte sich an den Rat seines Vaters, niemals einen Zeugen ins Kreuzverhör zu nehmen, der den Geschworenen gefiel, schon gar nicht, wenn sie alles glaubten, was er sagte. Vielmehr müsse er den Zeugen so schnell als möglich aus dem Zeugenstand bekommen in der Hoffnung, dass die Erinnerung der Geschworenen an den Auftritt des Zeugen – und in diesem Fall war es wirklich ein Auftritt gewesen – bis zum Zeitpunkt der Urteilsfindung verblasst sein würde.
»Sie können den Zeugenstand verlassen«, meinte Richter Sackville zögerlich.
Davenport ließ sich Zeit, versuchte, aus seinem kurzen Abgang durch den Gerichtssaal in die Seitenkulisse das meiste herauszuholen. Doch sobald er in den vollen Flur kam, eilte er direkt zu der Treppe, die ins Erdgeschoss führte, und das in einem Tempo, dass kein verblüffter Fan Zeit hatte, ihn um ein Autogramm zu bitten.
Davenport freute sich sehr, das Gebäude verlassen zu können. Ihm hatte diese Episode gar nicht gefallen, und er war froh, dass sie viel schneller vorbei war, als er gedacht hatte; es war mehr ein Vorsprechen als ein Auftritt gewesen. Er hatte sich keine Sekunde lang entspannen können und sich ständig gefragt, ob man merkte, dass er in der Nacht zuvor nicht geschlafen hatte. Als Davenport die Stufen hinunter auf die Straße eilte, sah er auf seine Uhr; er war früh dran für seinen 12-Uhr-Termin mit Spencer Craig. Davenport wandte sich nach rechts und ging in Richtung Inner Temple, zuversichtlich, dass Spencer erfreut sein würde, wenn er erfuhr, dass Redmayne ihn nicht ins Kreuzverhör genommen hatte. Davenport hatte schon befürchtet, der junge Anwalt könnte ihn zu dem Thema seiner sexuellen Ausrichtung befragen, was, wenn er die Wahrheit gesagt hätte, am nächsten Tag die einzige Schlagzeile in der Regenbogenpresse geworden wäre – außer natürlich, er hätte die ganze Wahrheit gesagt.
6
Toby Mortimer grüßte Lawrence Davenport nicht, als er an ihm vorüberschlenderte. Spencer Craig hatte ihn gewarnt, dass man sie erst nach dem Ende der Verhandlung zusammen in der Öffentlichkeit sehen sollte. Er hatte in jener Nacht, gleich als er zu Hause war, alle drei angerufen, um ihnen zu sagen, dass Detective Sergeant Fuller am kommenden Tag Kontakt aufnehmen würde, um einige Punkte zu klären. Was als Geburtstagsfeier für Gerald begonnen hatte, war für alle vier zu einem Albtraum geworden.
Mortimer senkte den Kopf, als Davenport vorbeiging. Er fürchtete sich schon seit Wochen vor seinem Auftritt im Zeugenstand, trotz Spencers ständiger Zusicherung, dass Redmayne niemals über Mortimers Drogenproblem sprechen würde, falls er es überhaupt herausfand.
Die Musketiere waren loyal geblieben, aber keiner von ihnen tat so, als könne ihre Freundschaft je wieder so sein wie zuvor. Was sich in jener Nacht abgespielt hatte, verstärkte
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