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Das Letzte Protokoll

Das Letzte Protokoll

Titel: Das Letzte Protokoll Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chuck Palahniuk
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.. Le n ox . ..«
    Und Tabbi schüttelt den Kopf, verschränkt die Arme und sagt: »Nein, das stimmt nicht.« Sie sagt: »Das Orakelhain-Muster hat einen Rand aus vierzehnkarätigem Gold. Venushain hat vie r undzwanzig Karat.«
    Deine kleine Tochter, Expertin für obsolete Porzella n muster.
    Deine kleine Tochter, ein Teenager.
    Grace Wilmot schiebt Tabbi ein paar widerspenstige Haare hi n ters Ohr und sagt: »Also wirklich, das Kind ist ein Naturt a lent.«
    Ein Tablett voller Essen auf der Schulter, bleibt Misty lange g e nug stehen, um Grace zu fragen: »Wie ist Harrow gesto r ben?«
    Und Grace wendet den Blick vom Porzellan. Der Orbic u laris-oculi-Muskel reißt ihr die Augen auf. Sie sagt: »W a rum fragst du das?«
    Misty erwähnt ihren Besuch beim Arzt. Dr. Touchet. Und dass Angel Delaporte der Meinung sei, Peters Handschrift sage e t was über sein Verhältnis zu seinem Vater aus. All die Details, die für sich allein nach gar nichts au s sehen.
    Und Grace sagt: »Hat der Arzt dir irgendwelche Pillen veror d net?«
    Das Tablett ist schwer, und das Essen wird kalt, aber Misty sagt: »Der Arzt sagt, Harrow hatte Leberkrebs.«
    Tabbi zeigt und sagt: »Gorham . .. Dansk . ..«
    Und Grace lächelt. »Ganz recht. Leberkrebs«, sagt sie. »W a rum fragst du mich?« Sie sagt: »Ich dachte, Peter hat dir das längst e r zählt.«
    Nur um das festzuhalten: Das Wetter heute ist neblig mit sehr widersprüchlichen Erklärungen zur Todesursache deines Vaters. Für sich allein hat kein Detail etwas zu b e deuten.
    Und Misty sagt, sie kann nicht reden. Zu viel zu tun. A n sturm zur Mittagszeit. Später vielleicht.
    Auf der Kunstakademie erzählte Peter gelegentlich von dem Maler James McNeill Whistler. Der habe im Auftrag der amer i kanischen Armee Lageskizzen für geplante Leuchttürme angefe r tigt. Das Dumme dabei war bloß, dass er es nicht lassen konnte, kleine Figurenstudien an den Rand zu malen. Alte Frauen, B a bys, Bettler, alles, was er so auf der Straße sah. Er machte seine Arbeit, dokumentierte Küstengebiete für die Regierung, ve r mochte es dabei aber nicht, alles andere zu ignori e ren. Er konnte das alles nicht einfach übergehen. Männer, die Pfeife rauchten. Kinder, die Reifen rollten. Er sammelte das alles in Form kleiner Zeichnungen am Rand seiner eigentlichen Arbe i ten. Natürlich wurde er von der Regierung gefeuert.
    »Diese Zeichnungen«, sagte Peter immer, »sind heute Milli o nen wert.«
    Hast du immer gesagt.
    Im Goldenen Salon wird die Butter in kleinen Töpfen serviert, nur dass jetzt in jede kleine Butterfläche eine F i gur geritzt ist. Eine kleine Figurenstudie.
    Das kann ein Baum sein oder ein von rechts nach links abfa l lender Berghang aus Mistys Fantasie. Eine Klippe, ein Wasse r fall, der eine überhängende Schlucht hinabstürzt, ein enges, schatt i ges Tal mit bemoosten Felsen und dicken, von Ranken umwac h senen Baumstämmen, und bis sie sich so etwas ausg e dacht und auf eine Papierserviette gezeichnet hat, kommen die Leute an den Tresen und schenken sich den Kaffee selbst nach. Oder klo p fen mit Gabeln an ihre Gläser, um sie auf sich aufmerksam zu machen. Schnippen mit den Fingern. Diese So m merleute.
    Trinkgeld geben die nicht.
    Ein Berghang. Ein Gebirgsbach. Eine Höhle in einem Flus s ufer. Eine Efeuranke. Alle diese Details fliegen ihr zu, und die kann Misty doch nicht liegen lassen. Am Ende der Abendschicht hat sie eine Menge Servietten, Papierhandtücher und Kreditkarte n quittungen zusammen, und auf alle diese Schnipsel hat sie etwas g e zeichnet.
    In ihrem Dachgeschosszimmer hat sie noch viel mehr gesa m melt: massenhaft Zettel mit Blüten und Blättern, die sie nie ges e hen hat. Oder abstrakte Formen, die wie Felsen aussehen, wie Gipfel am Horizont. Verzweigte Umrisse von Bäumen. Busc h gruppen. Dor n sträucher vielleicht. Vögel.
    Was man nicht versteht, kann man deuten, wie man will.
    Wenn du stundenlang auf der Toilette sitzt und irgendeinen Unsinn auf ein Stück Klopapier kritzelst, bis dir der Arsch a b fällt - nimm eine Pille.
    Wenn du einfach nicht mehr zur Arbeit gehst, einfach in de i nem Zimmer bleibst und den Zimmerservice kommen lässt. Wenn du überall erzählst, du seist krank, nur damit du Tag und Nacht au f bleiben und Landschaften zeichnen kannst, die du nie gesehen hast, ist es an der Zeit, eine Pi l le zu nehmen.
    Wenn deine Tochter anklopft und dich um einen Gutenach t kuss anfleht und du ihr immer wieder sagst, sie solle schon mal ins Bett

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