Das Letzte Protokoll
gar nicht mö g lich.«
Nur um das festzuhalten: Das Wetter wird allmählich richtig, richtig beschissen.
Der einzige Mensch, der von Misty nicht erwartet, dass sie e i ne große Künstlerin wird, sagt ihr, dass das gar nicht möglich ist. Wenn dein einziger Freund sagt, dass du u n möglich eine große Künstlerin sein kannst, eine mit Natu r talent und Können begabte Künstlerin, nimm eine Pille.
Misty sagt: »Mein Mann und ich, wir sind beide auf die Ku n stakademie gegangen.« Sie sagt: »Da haben wir Zeichnen g e lernt.«
Und Angel fragt, ob sie ein Foto durchgepaust hat. Ob sie e t wa ein Episkop benutzt hat. Eine Camera obscura?
Die Botschaft von Constance Burton. »Du kannst das mit de i nen Gedanken machen.«
Und Angel nimmt einen Filzstift aus seiner Kamer a tasche, gibt ihn ihr und sagt: »Hier.« Er zeigt auf die Wand und sagt: »Da, mal mir dahin einen Kreis mit zehn Zentimeter Durc h messer.«
Ohne hinzusehen, zeichnet Misty ihm einen Kreis.
Und Angel hält die gerade Seite des Winkelmessers, die mit der Zentimetereinteilung, an den Kreis. Und es sind zehn Zentim e ter. Er sagt: »Zeichne mir einen Winkel von siebenunddre i ßig Grad.«
Zack, zack, macht Misty zwei einander kreuzende Striche an die Wand.
Er legt den Winkelmesser an, und es sind exakt siebenunddre i ßig Grad.
Er verlangte einen Kreis mit zwanzig Zentimeter Durchmesser. Einen geraden Strich von fünfzehn Zentimeter Länge. Einen Winkel von siebzig Grad. Eine perfekte S-Kurve. Ein gleichseit i ges Dreieck. Ein Quadrat. Und Misty zeichnet das alles im Handu m drehen.
Dem Lineal, dem Winkelmesser, dem Zirkel zufolge ist das a l les perfekt.
»Siehst du, was ich meine?«, sagt er. Er hält ihr die Zirkelspi t ze unter die Nase und sagt: »Da stimmt was nicht. Erst hat mit Peter was nicht gestimmt, und jetzt mit dir.«
Nur um das festzuhalten: Es sieht so aus, als hätte Angel Delaporte sie sehr viel lieber gehabt, als sie bloß eine bl ö de fette Schlampe war. Ein Zimmermädchen im Hotel Waytansea . Eine Freundin, der er Vorträge über Stanislawski und Graphologie ha l ten konnte. Erst war sie Peters Schülerin. Jetzt ist sie Angels Sch ü lerin.
Misty sagt: »Ich sehe nur, du kommst nicht damit klar, dass ich diese unglaubliche natürliche Begabung haben könnte.«
Und Angel zuckt erschrocken zusammen. Er blickt auf, die A u genbrauen überrascht hochgezogen.
Als hätte da plötzlich eine Leiche gesprochen.
Er sagt: »Misty Wilmot, hörst du eigentlich, was du da sagst?«
Angel fuchtelt ihr mit der Zirkelspitze vorm Gesicht he r um und sagt: »Das ist nicht bloß irgendeine Begabung.« Er zeigt auf die perfekten Kreise und Winkel an der Wand und sagt: »Das muss die Polizei sehen.«
Misty stopft die Bilder und Skizzen in ihre Mappe z u rück und sagt: »Wieso?« Sie zieht den Reißverschluss zu und sagt: »D a mit die mich verhaften können, weil ich eine zu gute Künstlerin bin ?«
Angel packt die Kamera aus und spannt sie. Klinkt das Blitzg e rät ein. Betrachtet sie durch den Sucher und sagt: »Wir bra u chen noch mehr Beweise.« Er sagt: »Zeichne mir ein Sechseck. Zeichne mir ein Pentagramm. Zeichne mir eine perfekte Spir a le.«
Und Misty nimmt den Filzstift und zeichnet eines nach dem anderen an die Wand. Nur beim Zeichnen oder M a len zittern ihr die Hände nie.
Peter hat an die Wand gesprüht: »... wir werden euch mit e u rer eigenen Armut und Gier vernichten . ..«
Hast du gesprüht.
Das Sechseck. Das Pentagramm. Die perfekte Spirale. Angel f o tografiert das alles.
Vom Blitzlicht geblendet, sehen sie nicht, dass die Hausbesitz e rin den Kopf durch das Loch steckt. Sie sieht Angel da stehen und Fotos machen. Misty malt was an die Wand. Und die Hau s besitzerin greift sich mit beiden Händen an den Kopf und sagt: »Was zum Teufel treiben Sie denn da? Aufhören!« Sie sagt: »Ist das für Sie so eine Art Kunstprojekt oder was?«
24. Juli
Nur damit du's weißt, Detective Stilton hat heute Misty anger u fen. Er will Peter einen kleinen Besuch abstatten.
Er will dir einen kleinen Besuch abstatten.
Am Telefon sagt er: »Wann ist Ihr Schwiegervater g e storben?«
Der Fußboden, das Bett, Mistys ganzes Zimmer ist mit feuchten Knäueln Aquarellpapier übersät. Zerknüllte Ba l len in Azurblau und Winsor-Grün füllen die braune Ei n kaufstüte, in der sie ihr Malmaterial nach Hause getragen hat. Ihre Graphitstifte, ihre Buntstifte, ihre Öl-und Acryl— und Gouache-und Wasserfarben, das alles hat sie
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