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Das Letzte Ritual

Das Letzte Ritual

Titel: Das Letzte Ritual Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yrsa Sigurdardottir
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heute Morgen gefunden. Ich bezweifle nicht, dass das sogar Haralds Mutter überzeugen wird.« Markús’ Gesichtsausdruck war so selbstgefällig, dass Dóra am liebsten gegähnt und sich verabschiedet hätte, ohne ihn weiter danach zu fragen. Aber ihre Neugier siegte.
    »Was war’s, Markús?«
    »Haralds Augen.«

31. KAPITEL
    Dóra schaute Halldór schweigend an. Er saß ihr mit hängendem Kopf gegenüber und hatte noch kein einziges Wort gesagt, seit sie ins Verhörzimmer geführt worden war. Als sie sich gesetzt hatte, hatte er zwar aufgeschaut, aber dann sofort weiter ein Loch in den Boden gestarrt. »Halldór«, sagte Dóra ziemlich verärgert. »Ich habe noch andere Dinge zu tun. Wenn du nicht mit mir sprechen willst, ist das hier Zeitverschwendung.«
    Er schaute auf. »Ich will ’ne Zigarette.«
    »Das geht nicht«, sagte Dóra. »Hier ist Rauchverbot. Wenn du hergekommen bist, um zu rauchen, dann kommst du zehn Jahre zu spät.«
    Er nickte matt.
    »Du weißt, dass du in einer miesen Lage bist. Einer sehr miesen sogar.«
    »Ich hab ihn nicht umgebracht«, sagte Halldór und schaute ihr ohne mit der Wimper zu zucken in die Augen. Als sie nichts erwiderte, begann er, an einem Loch in seinem Hosenbein herumzuzupfen – es war bestimmt schon von Anfang an in der Hose gewesen und hatte ihren Preis verdoppelt.
    »Eins muss klar sein, bevor wir uns weiter unterhalten.« Dóra wartete, bis sie Halldórs ungeteilte Aufmerksamkeit hatte. Erst dann sprach sie weiter. »Ich arbeite für Haralds Familie. Deine Interessen und die Interessen der Guntliebs stimmen nicht unbedingt überein. Besonders jetzt. Ich rate dir daher, sobald wie möglich einen anderen Anwalt zu nehmen. Ich kann dich nur jetzt und hier treffen, mehr nicht. Aber ich kann dir jemanden empfehlen.«
    Halldór kniff die Augen zusammen und dachte nach. »Geh nicht. Ich will mit dir sprechen. Die Bullen glauben mir nicht.«
    »Vielleicht glauben sie dir ja nicht, weil du lügst?«, fragte Dóra trocken.
    »Ich lüge nicht. Nicht, wenn es um die Hauptsache geht«, antwortete Halldór trotzig.
    »Du bestimmst also, was Hauptsache und was Nebensache ist?«
    Sein Gesicht verzerrte sich vor Wut. »Du weißt genau, was ich meine. Die Hauptsache ist, dass ich ihn nicht umgebracht habe.«
    »Und die Nebensache? Was ist das?«, fragte Dóra.
    »Nichts Besonderes«, sagte er und ließ den Kopf hängen.
    »Wenn ich dir in irgendeiner Form behilflich sein soll, dann verlange ich eins«, erklärte Dóra und beugte sich über den mächtigen Tisch, der zwischen ihnen stand. »Lüg mich nicht an. Ich weiß, wann jemand lügt.« Sie hoffte, genauso überzeugend zu klingen wie der Polizeibeamte.
    Halldór nickte, immer noch sauer. »Gut – aber es bleibt unter uns, okay?«
    »Auf gewisse Weise«, sagte Dóra. »Wie gesagt, ich werde dich vor Gericht nicht verteidigen. Daher kannst du mir alles Mögliche erzählen – bis auf die Verbrechen, die du in Zukunft noch begehen möchtest. Die kannst du für dich behalten.« Sie lächelte ihm zu.
    »Ich habe nicht vor, irgendwelche Verbrechen zu begehen«, sagte er ernst. »Versprichst du, dass alles andere unter uns bleibt?«
    »Je nachdem, was die Polizei erfährt, könnte das deine Lage sogar verbessern. Du steckst dermaßen in der Klemme, schlimmer kann’s nicht mehr kommen. Aber wenn es dir damit bessergeht, dann vereinbaren wir eben, nur über die Dinge zu sprechen, die deine Position verbessern könnten. Zufrieden?«
    »Okay«, sagt er misstrauisch. Dann fügte er barsch hinzu: »Also frag schon.«
    »Haralds Augen. Sie wurden bei dir gefunden. Was steckt dahinter?«
    Halldórs Hände begannen zu zittern. Er kratzte sich nervös am linken Handrücken. Dóra wartete ruhig, bis er sich entschieden hatte, ob er ihr die Wahrheit sagen wollte. Wenn nicht, würde sie gehen.
    »Ich … ich …«
    »Wir wissen beide, wer du bist«, sagte Dóra ungeduldig. »Antworte mir oder ich bin weg.«
    »Ich konnte sie nicht mitschicken«, stieß er hastig hervor. »Ich hab mich nicht getraut. Sie hatten die Leiche gefunden und ich hatte Angst, dass die Augen bei der Post auftauchen würden. Ich wollte es später machen, wenn sich die Aufregung wieder gelegt hätte. Ich schrieb mit dem Blut die Beschwörungsformel und warf den Brief direkt am Sonntag ein. In einen Briefkasten in der Stadt.« Am Ende dieses Geständnisses atmete er tief ein und kniff dann die Lippen zusammen.
    »Es ging also um den Vertrag?«, fragte Dóra. »Wolltest du

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