Das Letzte Ritual
nahm einen Zug und als er die Zigarette aus dem Mund genommen hatte, betrachtete er die glühende Spitze und schüttelte den Kopf. »Wie kannst du nur diesen Scheiß rauchen?«
»Andere würden sich bedanken«, murmelte Bríet beleidigt.
»Sorry. Ich bin ein bisschen durch den Wind.« Das Bier kam und nachdem er einen großen Schluck getrunken hatte, stieß Halldór einen tiefen Seufzer aus und ächzte. »Ah, das tut gut.«
»Hast du ihnen was erzählt?«, fragte Marta Maria. Ihre Wut verflüchtigte sich langsam.
Halldór nahm einen weiteren Schluck und schüttelte gleichzeitig den Kopf. »Nee, nichts Wichtiges. Ich hab ihnen natürlich einiges erzählt – sie haben mich mit Fragen gelöchert und ich musste antworten.«
Marta schaute ihn nachdenklich an und nickte dann, offensichtlich zufrieden. »Sicher?«
Halldór zwinkerte ihr versöhnlich zu. »Ganz sicher.«
Marta Maria lächelte. »Respekt.«
»Ist doch klar, oder?«, sagte Halldór lässig und wedelte mit der albernen Zigarette herum. »Schick, was?«
Andri kicherte und schob sein eigenes Päckchen über die Tischplatte zu Halldór. »Was glaubst du, was sie als Nächstes tun? Ob die uns noch mal treffen wollen?«
»Nee, glaub ich nicht«, antwortete Halldór.
»Gut«, sagte Brjánn. »Hoffentlich drehen sie sich im Kreis und geben bald auf.«
Bríet war die Einzige, die keine gute Laune hatte. »Und was ist mit Hugi? Habt ihr ihn schon vergessen?« Sie schaute pikiert von einem zum anderen.
Halldórs Lächeln verschwand. »Nein. Natürlich nicht.« Er nahm noch einen Schluck Bier. Es schmeckte nicht mehr ganz so gut wie vorher.
Marta Maria umfasste Bríets Arm mit festem Griff und Bríet jaulte auf. »Was ist eigentlich los mit dir? Sie werden nicht aufgeben – natürlich werden sie irgendwas rausbekommen. Das Wichtigste ist, dass wir nicht mit reingezogen werden. Warum bist du immer so verdammt pessimistisch?«
»Niemand wird wegen Mordes verhaftet, wenn er ihn nicht begangen hat – Hugi wird freigesprochen, ihr werdet schon sehen«, sagte Andri wichtigtuerisch.
»In welcher Welt lebst du eigentlich?«, fragte Bríet, die trotz des Schmerzes in ihrem Arm nicht klein beigab. Sie traute sich nur selten, Marta Maria zu widersprechen, aber sie war immer noch sauer wegen Halldór. »Es werden ständig Leute verurteilt, obwohl sie unschuldig sind – denk doch nur mal an den Geirfinnur-Prozess in den siebziger Jahren. Na?«
»Hört schon mit diesem Quatsch auf«, sagte Marta Maria, wobei sie Halldór nicht aus den Augen ließ. »Es wird alles gut ausgehen, da könnt ihr sicher sein. Lasst uns was essen gehen. Ich sterbe vor Hunger.«
Sie standen auf und suchten ihre Sachen zusammen. Als die anderen losgingen, um ihre Getränke zu bezahlen, zog Marta Maria Halldór beiseite. »Bist du alles losgeworden? Du weißt schon.«
Halldór wich ihrem Blick aus, aber Marta Maria umfasste sein Kinn und zwang ihn, ihr in die Augen zu schauen. »Du bist doch alles losgeworden, oder?«
Halldór nickte. »Alles weg. Mach dir keine Gedanken.«
»Ich trau mich noch nicht mal, zu Hause einen Joint zu rauchen. Du solltest genauso vorsichtig sein. Wenn diese beiden überall ihre Nasen reinstecken, fällt den Bullen vielleicht das eine oder andere ein und es regnet Durchsuchungsbefehle. Bist du dir ganz sicher, dass du nichts mehr hast?«
Halldór streckte sich und schaute ihr direkt in die Augen. Mit fester Stimme sagte er: »Ich schwöre es. Alles weg.«
Marta Maria lächelte und lockerte ihren Griff. »Komm, lass uns zahlen.«
Halldór schaute ihr nach. Wie seltsam, sie hatte ihm geglaubt. Ausgerechnet Marta, die ihn immer durchschaute, wenn er versuchte zu lügen. Cool.
Dóra versuchte, sich von den üppigen Augenbrauen ihres Gegenübers nicht irritieren zu lassen. Matthias und sie saßen im Büro von þórbjörn Ólafsson, bei dem Harald seine Masterarbeit hatte schreiben wollen. »Vielen Dank, dass Sie uns empfangen haben«, sagte Dóra und lächelte.
»Keine Ursache«, entgegnete þórbjörn. »Wenn Sie sich bedanken möchten, dann am besten bei Gunnar – er hat den Kontakt hergestellt. Und Sie haben das Treffen ja so kurzfristig ermöglicht.« Kurz nachdem Halldór Haralds Wohnung verlassen hatte, hatte þórbjörn angerufen. Dóra und Matthias hatten beschlossen, sofort zu ihm zu fahren. þórbjörn legte den Bleistift beiseite, mit dem er gespielt hatte. »Was möchten Sie denn wissen?«
Dóra ergriff das Wort. »Ich gebe davon aus, dass
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