Das letzte Sakrament
Welche?«
»Na, jede Kirche hat ihre eigenen Sakramente. Die katholische hat andere als die evangelische, die Freikirchen wieder andere …«
»Halten wir uns mal an die katholische Kirche«, sagte Pandera. »Gibt es da ein letztes Sakrament?«
Deckert schüttelte den Kopf. »In der katholischen Kirche gibt es sieben Sakramente: Taufe, Firmung, Eucharistie, Buße, Krankensalbung, Weihe und Ehe.«
»Gibt es eine bestimmte Reihenfolge?«
»Nein, zumal auch die Kirche selbst als Sakrament angesehen wird, genauso wie das Wirken Jesu.«
»Und was ist mit der Letzten Ölung? Ist das nicht auch ein Sakrament?«
»Das fällt unter die Krankensalbung«, antwortete Deckert. »Das könnte man vielleicht als letztes Sakrament bezeichnen. Aber macht eigentlich niemand.«
»Hm«, brummelte Pandera. »Dann weiß ich zwar auch nicht mehr, aber merci.«
»Gut, dann kann ich mich ja wieder meinem Fernschach widmen.«
»Fernschach?«
Deckert zeigte auf das Schachbrett neben seinem Computer. »Ich bekomme jeden Morgen eine Mail von einem Kollegen aus den USA, und abends sende ich ihm meine Antwort.«
»Ach, deswegen bist du so früh da?«, fragte Pandera, doch noch bevor Deckert antwortete, waren seine Gedanken schon weitergesprungen. Konnte das sein? Waren die beiden Toten in der Schweiz auch nur Figuren in einem Spiel? Wie Fernschach, von Rom aus gespielt, nur mit echten Personen? Obrist und Leuenberger hatten ein Geheimnis gekannt, und deswegen hatten sie sterben müssen. Plötzlich war er sich sicher: Die Lösung dieses Geheimnisses würde er hier in Basel nicht finden. Sondern nur in Rom. Denn dort waren der Jesusklon, der Professor, dieser Reporter und die Wächter des letzten Sakraments.
Er ging zurück in sein Büro und schickte eine offizielle Anfrage an die italienische Polizei, ob dort eine Gruppe mit Namen Sacramentum bekannt sei. Dann nahm er sein Handy und rief Kurt Sander an.
»Was hältst du von einem Kurzurlaub in Rom?«, fragte er.
Sander schien ein paar Sekunden zu brauchen, um die Frage zu verstehen. »Offiziell oder inoffiziell?«, fragte er schließlich.
»Natürlich inoffiziell«, antwortete Pandera. »Für ein paar Tage, am besten ab übermorgen.«
»Und wer zahlt den Spaß?«
»Da wird sich schon jemand finden.«
»Ich möchte aber nicht, dass du zahlst«, sagte Sander. »Wenn schon, dann soll Edeling zahlen …«
»Was? Das klappt niemals! Er hat mir verboten, mit dir auch nur ein Wort über den Fall zu reden.«
»Wie du ihm das verkaufst, ist mir egal. Außerdem soll er mir hinterher einen Brief schreiben und mir für meine Arbeit danken.«
»Edeling hat die Sache mit der gebrochenen Nase noch nicht vergessen …«
»Ich habe die Sache mit meiner Entlassung auch noch nicht vergessen!«, entgegnete Sander. »Trotzdem würde ich für dich sofort nach Rom fliegen. Allein schon, um dir zu helfen. Aber ich hab keine Lust, dass Edeling sich anschließend in unserem Erfolg sonnt.«
»Also gut«, seufzte Pandera. Er wollte lieber nicht darüber nachdenken, was Edeling ihm angedroht hatte, falls er Sander einschalten würde. »Du wirst für deine Mitarbeit entlohnt, und Edeling wird dir dafür danken. Aber dafür stehst du mir ab übermorgen in Rom zur Verfügung, okay?«
»Ehrensache.«
Pandera legte auf und überlegte, ob er zu Edeling gehen sollte. Nein, das war noch zu früh. Er musste noch mehr recherchieren. Und er brauchte Unterstützung.
Kurz nach dem Mittag kam Tamara Aerni aus Bern zurück.
»Was gibt es Neues?«, fragte Pandera.
»Nicht viel«, antwortete sie. »Aber morgen ist Vogt wieder da, dieser Seelsorger im Inselspital. Dann werde ich ihn mal interviewen. Und bei dir?«
»Ich überlege, ob ich nach Rom fliegen soll …«
»Was?« Erstaunt zog sie die Augenbrauen hoch. »Ich meine, schau mich an, ich bin wirklich die Letzte, die etwas gegen eine lässige Arbeitshaltung hat, aber …«
»Tamara!«, unterbrach Pandera sie. »Wenn überhaupt, dann fliege ich dienstlich . Inzwischen ist doch wohl klar, dass dieser kleine Jesus etwas mit dem Fall zu tun hat.«
»Ein Zweijähriger? Also entweder ich ermittle in einem anderen Fall oder …«
»Überleg doch mal!«, sagte Pandera. »Roland Obrist hat das Grabtuch im Auftrag der Kirche untersucht und sich nur noch dafür interessiert. Der Bischof und sein Stellvertreter, Vikar Kunen, wussten, dass jemand Jesus klonen würde, und sie wollten es verhindern. Hier kämpft eine Macht gegen die andere. Roland Obrist stand auf der
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