Das letzte Sakrament
und raste weiter hinter Pandera her. Der hin und her schwingende Deckel der Tonne klapperte auf und zu wie das riesige Maul eines gefräßigen Hais. Plötzlich verkeilte er sich zwischen einem Häusergang und einer Straßenlaterne. Der Mercedes knallte gegen die Tonne und streifte die rechte Häuserwand. Dann blieb er stehen.
Doch der Gorilla hinter dem Steuer gab nicht auf. Er gab Gas und ließ die zweihundertfünfzig Pferdestärken des Benz aufheulen. Die Tonne kam wieder in Bewegung, der Wagen schob sie über das Kopfsteinpflaster, begleitet von einem durchdringenden metallischen Kreischen. Pandera blickte sich um. Mierda! Es ist immer noch nicht vorbei.
Der Mercedes holte auf.
Nach wenigen Metern streifte er eine Straßenlaterne und knickte sie um wie ein Streichholz. Die Verankerung der Laterne war offensichtlich in Mafiabeton gegossen worden, denn die abgebrochene Spitze des Laternenstumpfs schoss ruckartig nach oben. Scharf wie ein Skalpell schlitzte die Verankerung den Wagenboden auf. Der Mercedes zuckte, als habe ihm jemand die Lebensader durchtrennt. Dann versagte die Elektronik, und der Motor erstarb.
Die Männer begriffen, dass es nun endgültig nicht mehr voranging. Sie zückten ihre Pistolen und griffen nach den Türöffnern. Sie sahen aus wie routinierte Killer, die sich durch nichts aufhalten ließen. Allerdings nur auf den ersten Blick. Denn auf den zweiten sahen sie aus wie Anfänger. Wie blutige Anfänger.
Das fand zumindest Pandera, als er sich umdrehte und sah, wie die Männer versuchten, die Türen des Wagens zu öffnen. Es blieb beim Versuch, denn in der engen Gasse waren rechts und links nur wenige Zentimeter Platz. Sie waren eingeklemmt. Der Fahrer wollte den Wagen erneut starten, doch auch mit Treten, Hämmern und Fluchen ließ er sich nicht mehr vom Fleck bewegen.
Pandera musste vor Erleichterung so laut lachen, dass sein Magen schmerzte. Er rannte weiter, bog in die nächste Seitengasse ab und verschwand in den Straßen der Großstadt.
58
»Was soll das heißen?« Simovic zog die Vorhänge in seinem Hotelzimmer zu. »Warum habt ihr keine Ahnung, wo der Kerl steckt?« Er blickte die beiden Männer im schwarzen Anzug wütend an. »Wofür bezahle ich euch Idioten eigentlich?«
»Wir werden ihn schon noch finden«, sagte der Ältere der beiden. Der Mann war groß wie ein Bär. In Simovics Augen wies er allerdings auch nur dessen Intelligenz auf. Wenn überhaupt. »Wie wollt ihr das anstellen?«, giftete er. »Was, wenn er Rom inzwischen verlassen hat?«
»Wir haben ein paar Hinweise …«, stammelte der Bär und nestelte an seiner Krawatte.
»Hinweise?«, fragte Simovic. »Was für Hinweise denn?«
»Wir könnten diesem Kommissar folgen …«
»Der weiß doch selbst nicht, wo Wismut steckt!«, unterbrach Simovic ihn. »Außerdem habt ihr die Spur von dem Kerl doch auch verloren, oder?«
»Das war eine Verkettung unglücklicher …«
»Red keinen Stuss!«, unterbrach Simovic ihn. »Und sag deinem Boss, das nächste Mal soll er persönlich hier aufkreuzen, wenn ich mit ihm reden will!«
Der Bär nickte wortlos und wandte sich zum Gehen ab.
Simovic packte ihn an der Schulter. »Und sag ihm, wenn er mir nicht innerhalb von drei Tagen den Aufenthaltsort von Wismut liefert, hetze ich ihm die Bullen auf den Hals!«
Der Mann zog die Augenbrauen zusammen und stapfte mit seinem Kollegen aus dem Hotelzimmer. Kaum waren sie draußen, zog Simovic die Vorhänge wieder auf.
»Scheiße, Scheiße, Scheiße!« Voller Wut feuerte er den Aschenbecher an die Wand. Das Glas zerbrach und fiel zu Boden. Einen Augenblick lang bereute Simovic seinen Ausraster. Er bückte sich, um die Scherben vom Parkettboden wegzuräumen. Mit Abscheu blickte er auf das Durcheinander von Glassplittern und Kippen.
Sah so sein Leben aus?
Was war los, verdammt noch mal? Beruflich lief es doch perfekt! Er war ganz oben angekommen und er konnte senden, wann und wie lange er wollte. Außerdem hatte er zwei Angebote der Konkurrenz erhalten, nicht irgendwelchen Schrott, sondern Angebote, die sein Gehalt mit einem Schlag verdreifachen würden. Sobald er eine freie Minute hatte, würde er sich mit BIGNEWS CEO Schindler unterhalten, ihm die Angebote auf den Tisch knallen und genüsslich darauf warten, was der Chef dagegensetzen würde.
Nein, es war nicht der Beruf, der ihn frustrierte, es war etwas anderes. Er war prominent geworden. Natürlich war es toll, prominent zu sein; man wurde überall erkannt und hofiert. Man
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