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Das letzte Theorem

Das letzte Theorem

Titel: Das letzte Theorem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pohl Clarke
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erkundigen. Das trug ihm einen heftigen Tritt unter den rechten Rippenbogen ein. Die Schmerzen waren unbeschreiblich. Der Mann, der ihm diesen Fußtritt verpasste, konnte nur ein Soldat sein, denn er trug eisenbeschlagene Armeestiefel.
     
    Nach ungefähr zwei Stunden - als die tropische Sonne hoch am Himmel stand und Ranjit sich fühlte, als würde er bei lebendigem Leib gebraten - tat sich etwas. Ein neuer Schwarm Helikopter traf ein, größere und komfortabler aussehende Maschinen als die ersten. Sie nahmen sämtliche Passagiere mitsamt ihres Gepäcks an Bord, vermutlich um sie an einen Sammelpunkt zu befördern. Etwa eine Stunde nach dem Abtransport ertönte aus dem Dschungel das Dröhnen schwerer Motoren, zwei Lastwagen pflügten sich auf den Sand und nahmen die gerettete Schiffsbesatzung auf. Und noch später - viel später, als die Sonne die hilflosen Piraten, einschließlich Ranjit, beinahe gar gekocht hatte - waren sie an der Reihe. Wieder landeten Helikopter, ebenfalls große Fluggeräte, die jedoch ganz und gar nicht komfortabel aussahen. Der Mann, der das Kommando hatte, war anhand der aufwendigen metallischen Verzierungen an seiner Uniform und Mütze zu erkennen und an der Tatsache, dass er in einem eigenen Hubschrauber eintraf. Ehe er ausstieg, stellten die Soldaten für ihn einen Stuhl und einen Tisch auf - eine umgekippte Kiste, um ganz genau zu sein -, damit er sitzen konnte, während er die Urteile sprach.
    Einer nach dem anderen mussten die Piraten aufstehen und die Fragen des Offiziers beantworten. Ranjit hörte weder die Fragen noch die Antworten, aber die Urteile wurden so laut und deutlich verkündet, dass jeder sie mitbekam. »Rawalpindi, Zentralgefängnis«, beschied der Offizier dem ersten Gefangenen; »Rawalpindi, Zentralgefängnis«, wiederholte er bei dem zweiten und dann noch einmal bei dem dritten Piraten.

    Ranjit war als Nächster an der Reihe, vor den Schnellrichter zu treten. Die wenigen Augenblicke, die vergingen, bis er sich auf die Beine gerappelt und zu dem Offizier gewankt war, nutzte er, um sich rasch nach den Kindern umzusehen, doch er konnte sie nirgends entdecken.
    Dann stand er vor dem Offizier und traute sich nicht, seine Suche fortzusetzen. Die Vernehmung dauerte nur kurz. Der Offizier hörte zu, was ein Soldat ihm ins Ohr flüsterte, dann sprach er Ranjit an. »Wie heißen Sie?«, fragte er - zum Glück auf Englisch.
    »Ich bin Ranjit Subramanian, Sohn des Ganesh Subramanian, der im Tiru Tempel in Trincomalee, Sri Lanka, das Amt des Obersten Priesters bekleidet. Ich bin kein Pirat …«
    Der Offizier unterbrach ihn. »Warten Sie«, forderte er ihn auf und wisperte seinem Adjutanten etwas zu, der genauso leise antwortete. Ein Weilchen grübelte der Offizier schweigend über diese Mitteilung nach. Dann beugte er sich nach vorn, brachte seinen Kopf nahe an Ranjit heran und sog tief die Luft ein.
    Danach nickte er; Ranjit hatte den Geruchstest bestanden und konnte als Reisegefährte toleriert werden. »Verhör«, bestimmte der Offizier. »Schafft ihn in meinen Helikopter. Der Nächste!«

13
    Ein guter Ort für Befragungen
    Insgesamt befand sich Ranjit ein wenig länger als zwei Jahre in den Händen der Verhörspezialisten, doch nur während der ersten sechs Monate wurde er tatsächlich befragt. Sein Aufenthalt war alles andere als angenehm.
    Ranjit schwante zum ersten Mal, was ihm blühte, als man ihm eine Augenbinde anlegte, ihn knebelte und mit Handschellen an einen Sitz des Helikopters fesselte, in dem der Rechtsoffizier reiste. Er hatte nicht die geringste Ahnung, wohin man ihn dann verfrachtete, obwohl der Flug keine Stunde dauerte. Ohne ihm die Augenbinde abzunehmen, bugsierte man ihn die Stufen des Helikopters hinunter, bis er auf gepflastertem Boden stand; dann schleppte man ihn rund dreißig Meter weiter zu einer anderen Treppe, die dieses Mal jedoch nach oben in ein anderes Fluggerät führte. Abermals wurde er an seinen Sitz gefesselt, bevor die Maschine startete.
    Ranjit merkte, dass er in einem Flugzeug saß, nicht in einem Hubschrauber. Er spürte das Holpern des Fahrwerks auf der Piste, als die Maschine beschleunigte, und den jähen Übergang in die ruhige Flugphase. Dieser Flug dauerte ziemlich lange, und er gestaltete sich zu einer Tortur. Ranjit hörte, wie sich die Besatzung unterhielt, obwohl er nicht hätte sagen können, in welcher Sprache, doch als er sich bemerkbar machte, um kundzutun, er müsste mal zur Toilette gehen, erhielt er eine Antwort, die

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