Das letzte Vermächtnis der Templer (German Edition)
Untersuchungen beschäftigt.
Eine Absperrung hinderte die Touristen am Zugang, die Wagner aber mühelos überwand. Stimmen drangen aus dem engen Raum herauf. Zwei Männer unterhielten sich angeregt. Wagner stieg die Treppe hinunter. Ein dickes Stromkabel war über die Stufen verlegt. Es speiste den Stativscheinwerfer, der das Innere des Raums mit gleißendem Licht füllte.
„Gut, dass Sie gleich gekommen sind, Herr Wagner“, begann einer der Männer.
„Was haben Sie entdeckt?“
„Wir haben den Durchgang geöffnet. Sie werden es nicht glauben … am besten, Sie schauen sich das selbst an.“
Wagners Unruhe nahm zu. Er sah die Öffnung, die sich im Boden auftat. Mannstief, etwa zwei mal zwei Meter groß. Eine Leiter führte in die Grube.
Bislang waren sich die Wissenschaftler darüber einig gewesen, dass unter dem Kapellenturm und dem Saalbau der gewachsene Fels begann. Die damaligen Baumeister hatten hier und da Vorsprünge geglättet und geebnet, aber nichts hatte auf einen Hohlraum hingedeutet.
Die Männer stiegen die Leiter hinunter. Deutlich erkannte Wagner den gemauerten Rundbogen, den eine lateinische Inschrift zierte: Lux lucet in tenebris.
„Na, was sagen Sie, Herr Wagner?“
Der Mann leuchtete mit seiner Taschenlampe in den Korridor hinein, so dass Wagner Einzelheiten erkennen konnte. Grob behauener Fels zeigte sich im Schein des Lichts. Wagner bat um die Taschenlampe. Unter dem Bogen stehend musterte er aufmerksam den Gang. Er sah Halterungen für Fackeln und erkannte Nischen in den Wänden. In etwa fünf Metern führte eine Biegung nach links. Handelte es sich um den Zugang zu einer weiteren unterirdischen Kammer?
„Wie weit geht dieser Korridor?“, wollte Wagner wissen.
„Wir haben ihn bislang nur bis zu der Biegung vermessen können. Dahinter kommt eine Tür mit einem seltsamen Verriegelungsmechanismus.“
Es erstaunte Wagner nicht allzu sehr, denn er wusste, dass einige Historiker an dieser Stelle die erste Kapelle der Burg vermuteten. Heute deutete nichts mehr darauf hin. Waren die Archäologen jetzt auf eine verborgene, bislang unbekannte Krypta aus der Zeit vor der Errichtung des Turmes 1372, oder gar aus der Entstehungszeit der Burg gestoßen?
Braubach am Rhein.
Von Osten zog bereits die Abenddämmerung heran. Sophia und ihre Begleiter fuhren durch die engen Gassen der kleinen Ortschaft und dann den bewaldeten Weg hinauf zum Parkplatz am Fuße der Burg.
Überstürzt hatten sie Mainz verlassen. Denn sie mussten sich beeilen, wollte sie noch heute das Innere des Bauwerks erkunden; die letzte Führung des Tages begann um 16 Uhr. Noch blieb Sophia verhalten optimistisch – immerhin galt es, ein 700 Jahre altes Rätsel zu lösen.
Ein kühler Wind wehte, als sie mit den Zwillingen und Hauser aus dem Astra stieg. Oberhalb des Parkplatzes thronte die Burg, der 40 Meter hohe, weiß verputzte Bergfried ragte im Dämmerlicht empor.
Sie nahmen den Treppenaufgang, der zum Zugbrückentor führte. Ein komisches Gefühl kribbelte in Sophia, während sie den Tortunnel passierte und die Vorburg betrat. Sollte hier wirklich ein Artefakt aus der Zeit der ersten Menschen verborgen liegen, einer Zeit, als die Götter noch auf der Erde zugegen waren? Moses hatte es vor etwa 3500 Jahren in der Bundeslade verborgen, doch der Stein des Luzifer war noch viele tausend Jahre älter. Dagegen nahm sich das Alter der Burg mit knapp 800 Jahren sehr jung aus. Das Kribbeln in Sophias Körper verstärkte sich, ein Gefühl, das sie in Kloster Eberbach nie gespürt hatte. Waren sie wirklich auf der richtigen Spur?
Aber sie erkaufte diese Erkenntnis mit einem hohen Preis. Menschen, die sie liebte, waren deshalb gestorben! Und für ihre Schwester bestand allerhöchste Gefahr. In ihrem Innersten hatte Sophia bereits damit abgeschlossen, sie lebend wiederzusehen – es blieb nur noch eine vage Hoffnung. Doch auch für sich hatte sie eine Entscheidung getroffen: Der Stein musste vernichtet werden, selbst wenn es ihr eigenes Leben fordern würde!
Gedankenversunken folgte sie dem steinigen Pfad, vorbei am Aufgang zur Schänke, hinüber zum Fuchstor, wo die Führungen begannen. Eine kleine Gruppe hatte sich dort bereits versammelt.
„Ich kaufe schnell die Eintrittskarten“, sagte Hauser.
Während er die Treppen zum Museumsshop hinaufstieg, schaute sich Sophia um. Nach Norden konnte sie weit ins Rheintal hineinblicken, in der Ferne zeigte sich Schloss Stolzenfels auf den bewaldeten Hängen des Hunsrücks. Auf dem
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