Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)
Gerüchte über Greuel und Folter. Ah Min versicherte Bette, dass die meisten Mitarbeiter auf der Plantage gegen die Kommunisten seien und große Angst vor ihnen hätten.
»Ich fühle mich nur hier sicher. Ich will keinen Krieg mehr. Wir alle haben unter den Japanern gelitten. Als die Japaner hier waren, mussten sich die Arbeiter mit dem Gesicht nach unten zu Boden werfen, wenn einer von ihnen vorbeifuhr. Ich will nicht, dass es noch einmal so weit kommt.«
»Verstehe«, erwiderte Bette. »Das muss für alle hart sein, erst der Krieg und jetzt der kommunistische Aufstand.«
Am selben Abend erzählte sie Roland, was Ah Min gesagt hatte.
»Ja, inzwischen hast du sicher auch gemerkt, dass wir in einer schwierigen Situation stecken. Die Regierung versucht mit einer neuen Taktik zu verhindern, dass die Wehrlosen eingeschüchtert werden und die Kommunisten an Lebensmittelvorräte gelangen. Die Leute werden von dünn besiedelten Gebieten in der Nähe des Dschungels, wo man sie nicht vor den Guerillakämpfern schützen kann, in neu errichtete Dörfer umgesiedelt. Man nennt sie New Villages. Die Kommunisten bezeichnen sie als Konzentrationslager, und so sehen sie wohl auch aus mit den Stacheldrahtzäunen, den Scheinwerfern und den Wachposten. Aber die Menschen sind dort in Sicherheit. Außerdem stellt die Regierung die medizinische Versorgung sicher und baut Schulen, so dass die Leute ganz gern in diesen Dörfern bleiben.«
»Geht die Taktik auf?«, fragte Bette.
»Es dauert seine Zeit, aber der Erfolg zeichnet sich ab.«
»Hier auf Utopia ahnt man ja nicht, was draußen alles vor sich geht.«
»Wie gesagt, wir haben hier wenig zu befürchten, zumal die britischen und malaiischen Hilfspolizisten überall patrouillieren«, sagte Margaret. »Ich finde, wir sollten den Ausflug nach Fraser’s Hill machen, Roland. Ich würde mir gern noch einmal das dortige Internat ansehen. Wir müssen doch an Carolines Zukunft denken. Außerdem könnten wir da oben Freunde treffen. Ein bisschen Spaß haben, was meinst du?«
Bette entging nicht, dass sich Rolands Begeisterung in Grenzen hielt, aber Margaret ließ nicht locker. Schließlich gab ihr Mann nach und meinte, wenn sie Begleitschutz bekämen, könnten sie fahren.
»Ich habe gehört, dass eine malaiische Hilfspolizeieinheit und eine Kompanie Gurkhas dort oben sind. Die werden uns wahrscheinlich zum Dinner einladen, und das heißt weißer Frack«, meinte er. Womit die Fahrt beschlossene Sache war.
»Prima, dann können wir uns in Schale werfen«, freute sich Margaret.
Aber kurz vor der geplanten Abreise nach Fraser’s Hill ging eine Maschine in der Latexfabrik kaputt. Roland erklärte Margaret, er müsse ein Ersatzteil dafür organisieren, weswegen sie den Ausflug verschieben müssten. Doch Margaret lehnte es empört ab, ihre Pläne aufzugeben. Immerhin hatten schon mehrere Familien zugesagt, die sich alle auf ein langes Wochenende fernab von den Restriktionen der Notstandsverordnungen freuten.
»Na schön, Margaret. Nimm Bette und die Kinder und fahr mit Hamid rauf. Der Begleitschutz ist ja schon bestellt, aber ich werde die Garnison am Gap benachrichtigen, dass ihr unterwegs seid. Ich werde dann so bald wie möglich zu euch stoßen.«
Margaret lächelte Bette an. »Na bitte. Wir werden rundum behütet sein, und ich kann dir endlich Fraser’s Hill zeigen. Natürlich tut es uns leid, dass du nicht dabei bist, Roland, aber versuch einfach, so bald wie möglich nachzukommen.«
Philip saß vorne bei Hamid, der das neue Oldsmobile lenkte, Bette auf der Rückbank zwischen Margaret und Caroline. Es war die letzte Etappe ihrer Fahrt, Caroline langweilte sich, und Philip war blass und still. Als sie das Rasthaus am Gap erreichten, stiegen alle aus und gesellten sich zu den anderen Reisenden, die darauf warteten, dass sich der Schlagbaum öffnete und den Verkehr für die andere Fahrtrichtung freigab. Zwei Panzer der Armee begleiteten den Konvoi über den Bergpass und das letzte steile Stück hinauf nach Fraser’s Hill. Bei Tee und Sandwichs vertrieben sie sich die Wartezeit. Caroline, das Energiebündel, rannte herum, während Margaret mit Freunden plauderte.
Bette wechselte einen Blick mit Philip. »Du bist so still, geht es dir gut?«
»Im Auto wird mir schlecht. Ich hasse diese Haarnadelkurven.«
»Das vergeht wieder. Schau einfach immer geradeaus. Deine Mutter sagt, wir sind gleich da.«
Als sich der Schlagbaum endlich hob, stellten die Schwestern fest, dass sie ganz am
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