Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)
Ende der Wagenkolonne fuhren, die sich die schmale einspurige Fahrbahn zum Pass hinaufquälte. Einer der Panzer bildete die Nachhut.
Hamid fuhr langsam und vorsichtig die kurvenreiche Straße hinauf. Trotzdem wurde es Philip zu viel, er würgte plötzlich und bat Hamid anzuhalten.
»Ich muss mich gleich übergeben!«
»Wir können hier nicht halten. Du musst noch ein paar Minuten durchhalten«, sagte Margaret.
»Der Panzer ist hinter uns, Margaret. Wenn wir Philip nicht rauslassen, spuckt er ins Auto.«
Hamid bremste mitten auf der Straße, und Philip lief an den Fahrbahnrand, neben dem das Gelände steil abfiel. Dort stand er und übergab sich. Bette war ausgestiegen und trat neben ihn, während auch Caroline aus dem Wagen kletterte. Margaret zog ein Taschentuch aus ihrer Handtasche, um Philip das Gesicht abzuwischen. Hinter ihnen stoppte der schwere Panzer, und ein Soldat lehnte sich heraus.
»Sie können hier nicht stehen bleiben! Das ist zu gefährlich. Bitte steigen Sie wieder ein.«
»Meinem Kind ist übel. Wir brauchen nur ein paar Minuten«, rief Margaret.
»Der Konvoi muss zusammenbleiben«, erwiderte der Soldat.
»Fahren Sie an uns vorbei, wir holen Sie gleich wieder ein. Hamid, bitte fahr den Wagen zur Seite. Caroline, komm her.«
»Ja, Mem. Ich stelle den Wagen weiter oben ab, wo die Straße breiter ist, und lasse den Panzer vorbei, dann komme ich wieder zu Ihnen. Einen Augenblick.« Hamid umrundete die Haarnadelkurve, die vor ihnen lag.
Die Frauen hörten, wie der Panzer an dem Wagen vorbeizog, dann rollte das Oldsmobile rückwärts um die Kurve wieder zu ihnen herunter.
»Geht es wieder?«, fragte Bette ihren Neffen.
»Steigen wir um Himmels willen wieder ein und sehen wir zu, dass wir zu den anderen aufschließen«, drängte Margaret.
Hamid stellte den Wagen etwas oberhalb von ihnen ab. Während Caroline schon vorauseilte, stieg Hamid aus, um die Türen zu öffnen, aber etwas lenkte seinen Blick auf den dicht bewaldeten Berghang. Ein etwas anderes Grün, ein metallisches Glitzern ließ ihn abrupt herumfahren, und er stürmte auf das kleine Mädchen zu, das sich dem Wagen näherte.
»Runter, Mem!«, schrie Hamid und warf sich auf Caroline, als ihnen plötzlich Gewehrkugeln um die Ohren pfiffen.
Margaret hörte die Schüsse, sah Hamid mit ihrer Tochter auf dem Boden liegen und wirbelte herum zu ihrem Sohn, der aber nicht zu ihr, sondern zu Bette rannte, sie packte und zu Boden riss. Margaret rannte los, stolperte, lief aber trotz des anhaltenden Feuers weiter zu der Stelle, wo Hamid lag und sich eine Blutlache auf der Straße ausbreitete.
»Caroline!«, schrie sie. Sie schob den reglosen blutenden Hamid beiseite und nahm dunkel wahr, dass jetzt noch schwerere Waffen feuerten und der Geschützdonner von der Haarnadelkurve herkam.
Caroline war über und über mit Hamids Blut bedeckt.
»Steigt ein, schnell! Legt euch auf den Boden«, befahl Bette und schob Caroline und Margaret in Richtung Wagen. In geduckter Haltung riss Philip eine der Türen auf, und sie drängten sich alle flach auf die Rückbank. Am Berghang wurde immer noch geschossen.
Plötzlich traf ein Kugelhagel das Oldsmobile, zertrümmerte ein Fenster und schlug in die Karosserie ein. Es folgte eine kleine Explosion, und auf einmal war alles still. Caroline wimmerte, aber sie wagten noch immer nicht, sich zu bewegen. Es folgten noch einige vereinzelte Gewehrschüsse, dann hörte man Schritte.
»Alles in Ordnung? Sie da im Wagen, die Gefahr ist vorüber.«
Als sie die Stimmen britischer Soldaten hörten, rührten sie sich wieder. Margaret setzte sich auf, Philip löste sich von Bette und sah seine Mutter an. Dann sprang er aus dem Wagen und rannte dorthin, wo der Panzer stehen geblieben war. Einer der Soldaten stand vor Hamid. Ein anderer ließ sein Maschinengewehr sinken, während sein Blick über den Berghang schweifte.
»Sie sind weg«, sagte er.
»Ist Hamid tot?«
»Wenn du von eurem Fahrer sprichst, ich fürchte ja, mein Junge. Ist sonst noch jemand verletzt?«
»Ich glaube nicht. Meine Schwester ist voller Blut, aber das stammt wahrscheinlich von Hamid. Er hat ihr das Leben gerettet.« Philip standen die Tränen in den Augen.
»Sie müssen hier weg. Kann jemand fahren?«
»Ja, ich«, sagte Margaret, die Caroline im Arm hielt und völlig fassungslos wirkte.
»Ich auch«, sagte Bette und blickte auf den blutüberströmten Chauffeur. »Armer Hamid.«
Bei diesen Worten schluchzte Philip los, mit einem Mal war er
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