Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)
dir. Ich war zu nassforsch. Hab deine Signale völlig missverstanden. Manchmal kann ich so ein Hornochse sein. Aber vielleicht können wir einfach Freunde sein?«
Erleichterung durchströmte sie. »Natürlich können wir das«, sagte sie herzlich. »Und meine Mutter betet dich an.«
»Ich glaube, damit sind meine Aktien ein bisschen gestiegen«, sagte David zu Caroline, die gerade mit einer Flasche Champagner und Gläsern zu ihnen kam.
»Du warst großartig, David. Toll gemacht. Schade, dass ich kein Foto habe, wie Fred Louden die Kinnlade runtergefallen ist, als er sein Haus an der Tafel gesehen hat!«, lachte Caroline. »Ein Hoch auf dich, David.«
Sie goss jedem ein Glas ein, und sie stießen miteinander an.
»Was steht als Nächstes an, David?«, fragte Julie.
»Ich gehe zurück nach Sarawak. Aber vorher würde ich schrecklich gern deine Tante Bette kennenlernen. Ob das wohl möglich ist?«
»Sie freut sich bestimmt über einen Besuch. Immerhin verdanken wir es dir, dass wir sie gefunden haben.«
Die Nachbarschaftsversammlung entwickelte sich zu einer Party. Die Leute gingen kurz nach Hause und holten etwas zu essen und ihre Kinder, um bei den Reagans zu grillen. Erst spät in der Nacht fuhr Julie nach Hause, ging unter die Dusche, setzte sich danach im Schlafanzug mit dem Laptop ins Bett und schrieb Christopher eine lange Mail mit all den Neuigkeiten über Bette und die Umgehungsstraße.
Beim Zähneputzen hörte sie das »Bing!« einer eingehenden Mail und sauste zum Computer, weil sie auf eine Antwort von Christopher hoffte. Aber die Nachricht kam von Shane, der endlich ihre Nachfrage zu Rolands Freund Bill beantwortete.
Hab was gefunden! Er hat früher immer Weihnachtskarten an Großvater geschrieben, seine letzte Adresse lautete: 6 Park Place, Goondiwindi, Queensland. Viel Glück und melde Dich bald wieder. S.
Julie starrte auf den Bildschirm und brach dann in schallendes Gelächter aus. »Goondiwindi! Ich glaub’s nicht. Na, das ist ja ein Ding. Bill, ich hoffe, du lebst noch dort!«
Kapitel 14
Brisbane, 2009
C aroline ging durch den Vorgarten ihres Hauses zum Briefkasten und fand darin ein Schreiben aus Goondiwindi, in krakeliger Handschrift an sie adressiert.
»Von Bill!«, rief sie ihrem Mann zu.
»Na, dann haben Shane und Peter mit der Adresse ja richtiggelegen«, stellte Paul fest.
Caroline überflog den Brief. »Nicht ganz«, sagte sie, »er wohnt gar nicht mehr dort. Hör zu: ›Ich bin in eine Seniorenwohnanlage umgezogen, ebenfalls in Goondiwindi. Mrs. Peterson, die Käuferin meines Hauses, hat mir netterweise den Brief von Ihnen mitgebracht, der bei ihr angekommen ist. An Roland erinnere ich mich bestens. Wir waren sehr gute Freunde, vor allem in den Kriegsjahren, und ich würde seine Tochter gern kennenlernen, falls Sie mal nach Gundy kommen können.‹«
»Wir sollten uns bei der Leitung dieses Seniorenheims erkundigen, wie fit er noch ist«, sagte Caroline später zu Julie am Telefon. »Wir wollen ja nicht den ganzen Weg in den Westen rüberfahren, um festzustellen, dass er keine Besuche mehr empfangen kann.«
»Er klingt doch putzmunter, Mama, aber ich rufe sicherheitshalber mal dort an«, meinte Julie.
Als Julie schließlich mit der Leiterin der Seniorenwohnanlage telefonierte, versicherte man ihr, dass Bill noch ganz auf der Höhe sei. »Er spielt Bridge und löst die Kreuzworträtsel in der Zeitung und ist geistig sehr rege. Allerdings ist er in letzter Zeit nicht mehr sehr mobil. Seine Arthritis macht ihm manchmal arg zu schaffen. Aber Besuche sind kein Problem, ja, er freut sich sogar richtig darauf. Bill ist immer für ein Schwätzchen zu haben.«
Am Telefon wirkte Bill dann tatsächlich so aufgeweckt und munter, wie Julie es erwartet hatte.
»Na, das ist ja eine Überraschung, junge Dame! Sie sind mit Roland verwandt, sagen Sie? Verstehe ich das richtig – Sie sind seine Enkelin? Sind Sie das Kind von Philip oder von Caroline?«
Julie erklärte, dass sie Carolines Tochter sei und gern mit ihrer Mutter zu ihm nach Goondiwindi fahren würde.
»Aha, die Tochter der kleinen Caroline. Da merkt man mal wieder, wie die Zeit vergeht. Sie sind mir hier jederzeit willkommen. Wo wohnen Sie?«
»Meine Mutter und ich leben in Brisbane. Wie lange sind Sie denn schon dort, Bill?«
»Meinen Sie, in Gundy? Oder in dieser Wohnanlage? Wir sind Ende der fünfziger Jahre nach Australien gezogen, und meine Frau Vera und ich hatten ein nettes Häuschen ganz in der Nähe. Als
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