Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)
und bestimmt schon der Wagen am Hotel wartete, um sie zum Lunch abzuholen.
Sie blieb stehen, um Atem zu schöpfen, presste die Hand auf die sich rasch hebende und senkende Brust und versuchte in Ruhe nachzudenken. Zwar wusste niemand, wo sie war, aber ihr Verschwinden würde sicherlich nicht unbemerkt bleiben. Roland spielte wahrscheinlich bis zum späten Nachmittag Golf, ohne einen Gedanken an sie zu verschwenden. Im Geiste spielte sie verschiedene Szenarien durch, und dabei schmerzte sie vor allem die Peinlichkeit ihres Missgeschicks.
Als sie weiterging, konnte sie die Tränen nicht zurückhalten. Es beschlich sie das entsetzliche Gefühl, dass sie im Kreis ging, denn alles sah gleich aus. Sie konnte keine Orientierungspunkte erkennen. Da hörte sie hinter sich ein Geräusch. Sie hielt inne, wagte nicht hinzusehen und wartete mit geschlossenen Augen, welche schreckliche Kreatur sie gleich anfallen würde.
»Mem?«
Sie wirbelte herum und sah einen Malaien vor sich, barfuß, in einem karierten Sarong und einem khakifarbenen Pullover und mit einem langen Messer in der Hand.
»O Gott«, stieß Margaret hervor, weil ihr einfiel, dass die Malaien manchmal Amok liefen.
Der Mann schien verblüfft. »Mem, kamu sesat?«
»Ich verstehe nicht«, sagte sie ängstlich. »Ich war in der Nähe des Golfclubs, aber dann bin ich einen anderen Weg gegangen …« Als sie seine verständnislose Miene sah, hielt sie ihren Wanderstock wie einen Golfschläger und schwang ihn unbeholfen.
Nach dem zweiten angedeuteten Schlag leuchteten die Augen des Mannes auf. Er deutete in die Richtung, aus der Margaret eben gekommen war. »Nanti saya tunjuk jalan.« Dann drehte er sich um und bedeutete ihr, ihm zu folgen.
Einen Moment lang zögerte sie und fragte sich, ob sie dem kleinwüchsigen, braunhäutigen Mann mit dem großen Buschmesser trauen sollte. Dann richtete sie sich auf und folgte ihm, auch wenn er nicht die Richtung einschlug, die sie für die richtige hielt. Und plötzlich kannte sie sich wieder aus. In der Ferne sah sie eine grüne Rasenfläche und einen wehenden Wimpel darauf.
Der Mann blieb stehen und deutete mit seinem Messer, dem Parang, dorthin.
»Ja, ja, ich sehe es. Ach, vielen Dank, vielen herzlichen Dank.« Sie lief Richtung Golfplatz los, dann drehte sie sich um, um dem Mann noch einmal zu danken, aber er war schon verschwunden. Als sie das Clubhaus erreichte, sah sie davor einige Männer versammelt, darunter auch Roland und einen Mann in Khakiuniform, offenbar ein Polizist.
Bemüht, ihre Würde zu wahren, eilte sie auf die Gruppe zu.
Roland kam ihr entgegen. »Da ist sie ja! O mein Gott, Margaret! Wo warst du denn? Wir wollten schon einen Suchtrupp losschicken!«
»Es tut mir so schrecklich leid. Ich wollte ein bisschen die Gegend erkunden und habe mich dabei verlaufen, fürchte ich.« Sie setzte ein tapferes Lächeln auf. »Es tut mir leid, dass ich allen solche Unannehmlichkeiten bereitet habe …«
Roland legte seinen Arm um sie. »Ist alles in Ordnung mit dir, meine Liebe? Wir haben uns solche Sorgen gemacht. Du kannst doch nicht einfach allein in den Dschungel spazieren.«
»Das wollte ich auch nicht, Roland, ich habe mich verlaufen. Aber jetzt bin ich wieder da.«
Roland lächelte den Polizeiinspektor an und schüttelte ihm die Hand. »Ende gut, alles gut, nicht wahr? Tut mir schrecklich leid, dass Sie eigens hier rauskommen mussten. Meine Frau hat ja nun von selbst zurückgefunden.«
»Ich bin froh, dass alles in Ordnung ist, Mrs. Elliott. Ich weiß, dass Sie neu hier sind, aber das ist nicht England. Ohne Begleitung dürfen Sie nicht in diese Wälder gehen. Es überrascht mich, dass Sie keinem von den Orang Asli, dem hiesigen Eingeborenenstamm, begegnet sind.« Der Inspektor salutierte kurz. »Allzeit gern zu Diensten, Mr. und Mrs. Elliott.«
»Ach, wie peinlich«, seufzte Margaret. »Und diese Damen, es tut mir so leid, dass ich den Lunch mit Ihnen versäumt habe.«
Einer von Rolands Golfpartnern streckte ihr die Hand entgegen. »Ich bin Reginald Broadstairs, Mrs. Elliott. Meine Frau hat sie zum Lunch erwartet, und als Sie nirgendwo zu finden waren, hat sie Alarm geschlagen.«
»Bitte richten Sie ihr meinen Dank aus. Das war sehr dumm von mir, ich weiß. Ich wollte auf die Anhöhe wegen der Aussicht, und da tauchte eine Riesenechse auf und jagte mir einen solchen Schrecken ein, dass ich den falschen Weg genommen habe …«
»Ist schon gut, Margaret. Du hast dich wacker geschlagen und von
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