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Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)

Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition)

Titel: Das Leuchten der Orchideen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Di Morrissey
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mindestens dreißig oder vierzig.«
    »Wenn die Bäume Früchte tragen, halten sie sich hoch oben in den Baumkronen auf. Aber schauen Sie, da ist ein Makak«, erwiderte der Führer und zeigte erleichtert auf einen flinken grauen Affen mit hübschem Gesicht.
    Die Touristen blieben noch eine Weile stehen und wischten sich den Schweiß aus den Gesichtern, doch erst als schon mehrere von ihnen den Rückweg angetreten hatten, erschien ein neues Weibchen. Wie eine Trapezkünstlerin auf dem Drahtseil sprang sie auf einen Ast, als wollte sie ihren Zuschauern etwas bieten. Die Touristen waren begeistert.
    »Das ist Amber«, erklärte der Führer.
    Unterdessen blickte Angie in eine ganz andere Richtung, stupste dann Julie an und sagte auf Malaiisch etwas zu dem Führer.
    In den Baumwipfeln entstand erneut Bewegung. Amber stieß einen Schrei aus und schwang sich zu einem Baum direkt gegenüber der Touristengruppe, so dass diese eine glänzende Sicht auf das Tier hatte.
    »Ritchie kommt«, sagte Angie.
    »Wer ist das? Eins der Männchen?«, fragte Julie leise.
    »Ritchie ist das älteste Leittier, das Alphamännchen«, erklärte Angie. »Er ist hinter Amber her, aber sie scheint nicht interessiert zu sein.«
    Überrascht von der imposanten Statur des näher kommenden Männchens, verstummte die Touristengruppe. Und dann stockte jedem der Atem, als sich das riesige Tier träge auf einem nahen Ast niederließ und die Touristen anstarrte. Alle zuckten ein bisschen zurück, als der Orang-Utan sie mit seinen intelligenten Augen eingehend musterte.
    »Sieht aus wie der Flokati meiner Mutter«, witzelte George. »Oder Marge Simpson an einem Tag, wo die Frisur nicht sitzen will.«
    Amber zeigte sich hingegen unbeeindruckt, ergriff die Flucht und hangelte sich dabei mehrere Äste entlang, bevor sie plötzlich direkt über der Gruppe innehielt.
    Der Führer bedeutete allen zurückzutreten. »Gehen Sie bitte ganz langsam beiseite. Ritchie folgt ihr gleich.«
    Und tatsächlich fasste der riesige Affe nach einem Ast, der für sein Gewicht viel zu dünn aussah, und landete damit krachend auf dem Boden. Er hatte die Statur eines sehr großen, kräftigen Mannes.
    Kreischend wichen die Touristen zurück und stolperten fast übereinander.
    »Keine Panik. Er ist nur an dem Weibchen interessiert. Aber vergessen Sie nicht, dass Sie in seinem Revier sind. Das hier ist die Wildnis und kein Zoo«, sagte der Führer.
    Angie nahm Julie an der Hand und zog sie vorwärts zu einem Baumstumpf. »Setzen Sie sich dorthin und verhalten Sie sich ganz ruhig. Er will nichts von uns.« Angie blieb neben ihr stehen, als Julie sich, die Augen auf Ritchie geheftet, niederließ. Aufgerichtet starrte er das Weibchen an, das jetzt ebenfalls ganz still dasaß, sich dabei aber offensichtlich schon nach einem neuerlichen Fluchtweg umsah. Blitzschnell machte Ritchie einen Satz, der Julie verblüffte und die anderen Touristen noch weiter zurückweichen ließ.
    Trotz seiner enormen Größe sprang das Männchen auf einen Baum und lief beinahe leichtfüßig von Ast zu Ast, bis es sich direkt unter dem Weibchen befand. Amber kreischte und hastete höher zu den dünneren Ästen hinauf, so dass es Blätter und Zweige regnete.
    Nun hockte sich Ritchie auf einen Ast, der viel zu dünn für ihn schien. Er wirkte jetzt ärgerlich. Während er abwartete, setzte Amber alles auf eine Karte. Sie sprang mit ausgestreckten Armen und Beinen durch die Luft, packte hier und da einen Ast und war binnen Sekunden verschwunden.
    »Was macht er nun?«, fragte Julie.
    »Vermutlich fressen«, meinte Angie. »Dort drüben liegen Früchte.«
    Alle beobachteten, wie Ritchie gemächlich davontrottete, dann innehielt und behutsam eine kleine Frucht aufhob. Den Frauen den Rücken zugewandt, verzehrte er sie gleichmütig. Der Fremdenführer sammelte unterdessen seine Schäfchen um sich und trieb sie zum Parkplatz zurück.
    »Kommen Sie, Julie«, sagte Angie, »ich zeig Ihnen noch ein bisschen mehr vom Reservat.«
    »Angie, das war sagenhaft. Ich weiß gar nicht, wie ich Ihnen dafür danken soll.« Julie konnte kaum die Augen von dem großen orangebraunen Geschöpf lösen, das nun still dasaß und futterte. »Und ich bin so froh, dass die anderen wieder fort sind. Ich fühle mich wie auf einer Safari ganz weit draußen in der Wildnis. Kann da eigentlich etwas passieren? Ich meine, würde der große Ritchie jemanden angreifen?«
    »Nun, bis jetzt ist das noch nicht vorgekommen. Orang-Utans sind von Natur aus

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