Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)
Sie sie noch nicht auf den Wagen
gehoben, John Wittling?“ „Paul, ich dachte, wir sind zwei vernünftige
Menschen“, versuchte John es nochmals. „Sehen Sie hinauf in den Himmel, John!“
Paul deutete auf die inzwischen senfgelben Wolken. „Hier kommt bald ein
gewaltiger Sandsturm. Wir haben keine Zeit zu verlieren.“
John blieb ratlos
stehen. Was sollte er tun? Emma auf den Wagen tragen und Pauls Jähzorn erneut
herausfordern? „Paul, ich glaube, Sie sollten Emma zum Wagen tragen“,
sagte er schließlich. Paul schwieg. Wind kam auf. „Nein“, Paul schüttelte den
Kopf, „ich kann die Pferde nicht loslassen. Holen Sie sie.“ John zögerte, doch
dann ging er los und half Emma, die zitternd am Wagen lehnte, aufzustehen.
Schwer hing sie in seinem Arm. „Nein“, wimmerte sie. „Lasst mich hier. Ich kann
nicht.“ „Emma, wir müssen über den Pass.“ „Nein.“ Ihre Stimme klang schwach.
„Ich kann nicht mehr auf den Wagen. Dann sterbe ich. Ich will hier bleiben.
Lasst mich hier“, flüsterte sie und schloss kraftlos die Augen.
Hilflos ließ John sie
wieder auf ihr Lager gleiten. „John!“, rief Paul ungeduldig herüber. „Was ist?“
John richtete sich auf. „Sie ist zu krank. Paul, Sie müssen bei ihr bleiben!“
Paul zögerte. „Das ist unmöglich! Wir müssen die Pferde, die Kamele und die
Rinder über den Pass führen! Jetzt legen Sie sie schon auf den Wagen!“ „Nein!
Verstehen Sie denn nicht, Paul? Emma ist sehr, sehr krank. Es ist eine Strapaze
für sie. Sie braucht Ruhe, damit ihr Fieber sinkt! Außerdem wissen Sie selbst,
dass ein Sturm aufkommt! Warum gehen Sie nicht mit ein paar Kamelen los und
holen Wasser?“ „Das wird uns um Tage zurückwerfen. Wir müssen mit den Tieren
jetzt da hinüber! Emma!“ „Sie hört sie nicht!“, gab John zurück. „Ach was!“
Paul übergab John die Zügel der Pferde und eilte zum Wagen. Doch nur wenige
Augenblicke später kam er mit gesenktem Kopf zurück und ließ sich von John die
Zügel geben. „Bleiben Sie hier, kümmern Sie sich um sie“, brachte er zwischen
zusammengepressten Lippen hervor. „Ich verlasse mich auf Sie.“ Ohne ein
weiteres Wort wandte er sich zu Hassan, der geduldig und unbeteiligt auf dem
Kutschbock des anderen Wagens saß, die Zügel der Kamele locker in der Hand.
Paul ließ die Zügel der
Pferde los, schwang sich auf ein Pferd und trat ihm die Fersen in die Flanken,
sodass es einen weiten Satz nach vorn machte. Die anderen Pferde folgten ihm.
Die Rinder aber wollten sich nicht von der Stelle rühren. Paul ließ das Pferd
wenden und neben die Rinder gehen, dann versetzte er ihnen einen Hieb mit der
langen Peitsche. Die Rinder brüllten und setzten sich widerwillig in Bewegung.
Sie hätten unbedingt
einen dritten Mann gebraucht, das sah John ganz klar. Er stand noch eine Weile
da und beobachtete den Treck, wie er sich den Berg hinauf wand. Er konnte nur
hoffen, dass alles gut ging. Was würde geschehen, wenn der Sturm losbrach und
die Tiere scheuten? Ein Windstoß blies ihm den Hut vom Kopf, er fing ihn gerade
noch auf. „John?“ Er drehte sich um. Emma wollte sich am Wagenrad hochziehen,
doch sie sackte kraftlos zurück. „Was ist los?“ Sie sah völlig verstört aus.
„Sind sie ... sind sie weg?“, fragte sie ungläubig. „Ja.“ John nickte und ging
zu ihr. „Aber ...“ Sie schien nichts mehr zu begreifen. „Sie müssen sich
ausruhen, Emma. Legen sie sich hin.“ Sie nickte schwach, und er half ihr in den
Schatten unter dem Wagen.
Er sah hinauf in den
Himmel. Die Wolken hatten mittlerweile ein giftiges Gelb angenommen. Unten in
der Ebene wirbelte der Wind bereits Sandböen auf, und weiter in der Ferne war
die Grenze zwischen Himmel und Erde schon nicht mehr auszumachen. Er kletterte
auf den Wagen und band Kisten los. Er musste einen Windschutz bauen, den Raum
unter dem Wagen einigermaßen abdichten. Schon zerrten die Windböen an ihm,
rissen ihm den Hut vom Kopf. Er lief ihm nicht nach und sah nur noch, wie er
den Berg hinauf getrieben wurde, über die Erde hüpfte und an einem Busch hängen
blieb.
Der Treck den Hang
hinauf hatte sich weit auseinander gezogen. Wenn der Sturm sich noch eine
Stunde zurückhalten würde, könnten die ersten Rinder den Durchgang zwischen den
Spitzen erreicht haben. Doch als er wieder hinunter ins Tal sah, wurde seine
Hoffnung zunichte gemacht. Schon wälzte sich eine breite Staubwand in Richtung
des Hangs. Der
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