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Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Titel: Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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Ihre
    Tränen tropften auf seine schwarze Weste. „Sie ist krank. Haben Sie’s jetzt
    endlich begriffen?“ Paul sah auf ihn herunter. Er trug keinen Hut, und sein
    Haar war schweißnass. „Lassen Sie sie los!“, fuhr Paul John drohend an. Seine
    Augen waren zu schmalen Schlitzen verengt. John wollte sie loslassen, doch Emma
    hatte sich an seinen Oberarm und seine Schulter geklammert und weinte immer
    noch. Obwohl John die Feindschaft, die sich zwischen ihm und Paul aufgebaut
    hatte, nicht verschärfen wollte, fühlte er doch eine gewisse Befriedigung
    darüber, dass Emma ihn nicht losließ. Aber schon riss Paul ihn an seiner Weste
    hoch; Emma rutschte ab und wimmerte, gekrümmt am Boden liegend. John,
    überrascht von dem Angriff, konnte Paul nur verständnislos in die vor Wut
    flackernden Augen starren. Pauls Lippen bebten, in seinem Gesicht flammten rote
    Flecken auf, er atmete schnell und flach. Dann versetzte er John einen Stoß,
    sodass dieser ins Torkeln kam und beinahe rückwärts über die am Boden kauernde
    Emma gefallen wäre.
    So weit hätte es nicht
    kommen dürfen, dachte John, und bekämpfte seine Wut. Sie mussten den Weg durch
    die Wüste gemeinsam schaffen, und sie mussten später zusammenarbeiten. Sie hatten
    eine wichtige Aufgabe, und jetzt schlugen sie sich beinahe! Er holte Luft.
    „Paul! Lassen Sie uns damit aufhören!“ Er zog seine Weste zurecht. „Das ist
    doch alles Unsinn!“ Paul blickte von Emma auf und sah ihn an. Die Verachtung
    war der Verständnislosigkeit gewichen. Einen Augenblick lang sagte niemand ein
    Wort.
    „Sie haben damit angefangen“, sagte Paul kalt und half Emma
    aufzustehen. John erschreckte ihr Zustand. Sie zitterte am ganzen Leib, ihre
    Zähne schlugen aufeinander, und ihre Augen glänzten fiebrig. „Paul! Wir bleiben
    für heute hier!“ Ihm war es egal, was Paul ihm vorwarf. Jemand musste sich um
    Emma kümmern, und wenn es nicht ihr eigener Mann tat, dann musste er es tun! In
    dem Moment sah Emma ihn an, dann sackte sie in Pauls Armen zusammen. John
    konnte ihren Blick nicht deuten. War es Dankbarkeit oder Verwunderung?

8
    John sah hinunter in die
    Ebene, die sie seit Tagen durchquert hatten. Dann wandte er sich wieder zu den
    Bergspitzen. Es waren sicher nicht mehr als achthundert Meter bis zu dem Durchgang,
    aber dieses letzte Stück war sehr steil. Viel steiler als die Strecke, die sie
    schon zurückgelegt hatten.
    „Wir schaffen das unmöglich heute“, sagte er zu Paul, der fünf
    Schritte entfernt breitbeinig auf einem größeren Stein stand und mit vor der
    Brust verschränkten Armen die Bergspitzen im Visier hatte. Paul nahm von Johns
    Bemerkung keine Notiz, sondern sah sich nach Hassan um, der zu seinen Kamelen
    zurückgegangen war, und rief im Befehlston: „Hassan!“ Der Gerufene drehte sich
    um. Paul zeigte hinauf zu dem Durchgang über ihnen. „Können wir nicht einen
    Wagen hier lassen, die Rinder losbinden und sie und den kamelgezogenen Wagen
    hinüber zur Wasserstelle führen?“ Hassan folgte mit zusammengekniffenen Augen
    Pauls ausgestrecktem Arm und nickte. „Einer von uns“, redete Paul weiter, „geht
    dann mit den Kamelen wieder zurück und holt den anderen Wagen.“ Hassan zeigte
    zum Himmel, den inzwischen eine dicke gelbliche Wolkenschicht überzog. Paul
    schob den Hut in den Nacken und kniff die Augen zusammen. „Was bedeutet das?“
    „Sturm. Besser beeilen.“ Paul runzelte die Stirn. Als er bemerkte, dass John
    sein Zögern beobachtete, rief er ihm zu: „Los! Sie haben es gehört, wir müssen
    uns beeilen!“
    John überwand seinen
    Groll und half den beiden Männern, die entkräfteten Rinder vom Wagen
    loszubinden. Sie schirrten sie aber nicht ganz ab, da sie fürchteten, die
    Rinder würden, anstatt den Berg hinaufzutraben, den einfacheren Weg hinunter
    ins Tal einschlagen. Den nicht minder ermüdeten Pferden schnallten sie die
    Lasten ab, aber behielten auch sie am Zügel. Sie würden mit den Tieren und dem
    kamelgezogenen Wagen über den Pass gehen, auf der anderen Seite zur
    Wasserstelle hinuntersteigen, dort das Gepäck, den Wagen, die Rinder und Pferde
    lassen und mit den Kamelen allein zurückmarschieren, um den zweiten Wagen zu
    holen.
    „So, los jetzt!“, kommandierte Paul. Er hielt die Zügel der
    Pferde in der Hand. „John, zu den Rindern! Beeilen Sie sich!“ Das war John
    zuviel. „Und was ist mit Emma?“ „Ich hab’ gedacht, Sie kümmern sich um sie!“,
    gab Paul herausfordernd zurück. „Haben

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