Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Titel: Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
Vom Netzwerk:
Sie schien ihn nicht zu hören. „Das Gesetz.
    Sie hat gegen ein Gesetz ...“ Er hörte wie sie sich aufrichtete.. „Gegen
    welches Gesetz habe ich ... Wo bin ich? Was ist das für ein Lärm?“ „Es ist der
    Sturm“, sagte er und versuchte, beruhigend zu klingen. „Aber Sie sind in
    Sicherheit.“ „John?“ Ihre Stimme klang verwundert, als habe sie ihn erst jetzt
    wahrgenommen. „Ja, ich bin hier.“ Sie hielt noch immer seine Hand fest. „Warum
    ... warum ist Paul nicht hier?“, fragte sie verstört. Er erklärte ihr, was
    geschehen war. Sie erwiderte nichts. „Sie haben Fieber. Legen Sie sich wieder
    hin. Ich mache Ihnen Wadenwickel.“ Widerspruchslos tat sie, was er sagte. Er
    wechselte die Umschläge. Ihre Haut fühlte sich nicht mehr so heiß an.
    Vielleicht ging das Fieber wirklich zurück.
    „Paul hasst mich“, sagte
    sie plötzlich. Er dachte an den Streit mit Paul, als er ihm vorgeworfen hatte,
    dass er sich nicht genügend um seine Frau kümmerte. Er wusste nicht, was in
    Paul vorging und was er tief in seinem Innern empfand. „Er hasst mich. Aber ich
    habe ihm doch nichts getan.“ Manchmal muss man gar nichts tun, und der andere
    hasst einen, dachte er, sagte aber nichts. Er tauchte die Lappen wieder in den
    Eimer mit Wasser. „John?“ Ihre Stimme kam aus der Dunkelheit. „Ja?“ „Hassen Sie
    Isabel auch?“ Er fühlte einen Stich ins Herz. Er war schuldig ... schuldig,
    dass er ihr Gesicht vergessen hatte. „Nein“, sagte er entschieden, „ich hasse
    sie nicht.“ Er wrang den Lappen aus. Draußen wurde ein Stein an eine Kiste
    geschleudert. Der Tag in Tanunda tauchte in seiner Erinnerung auf. Sein Neid
    auf Paul, weil er die Stelle bekommen hatte, die er sich erhofft hatte, sein
    Groll gegen die Dominanz des Deutschen, seine Sorge um Isabels Gesundheit ...
    „Sie haben mich gehasst, nicht wahr?“, fragte sie. „Nein.“ Aber ich war
    kleinmütig, missgünstig und ... eifersüchtig. Doch das sagte er nicht. Sie
    schwiegen beide, während um sie herum der Wind heulte.
    „John ... glauben Sie,
    dass Pastor Weiß noch am Leben ist?“, fragte sie nach einer Weile. „Ich weiß
    genauso viel oder wenig wie Sie.“ Er erneuerte den zweiten Umschlag. „Paul
    verheimlicht etwas.“ Verwundert, weil sie das mit so viel Bestimmtheit sagte,
    fragte er: „Wie kommen Sie darauf?“ Sie zögerte, wollte vielleicht etwas sagen,
    doch dann schwieg sie. „Sie machen sich zu viele Gedanken, Emma“, sagte er schließlich.
    Emma erwiderte nichts. Vielleicht war sie wieder eingeschlafen, vielleicht war
    sie auch enttäuscht von seiner Antwort. Er dachte über ihre Worte nach und
    erinnerte sich an die Unterredung mit Pastor Emig in Tanunda. Was hatte der
    Pastor gesagt? Paul Schott habe ein persönliches Interesse an der Aufklärung
    der Umstände. Er sei unser bester Mann. Das hatte er gesagt. Was mochte er
    damit gemeint haben? Wieder wurde ein Stein gegen die Kiste geschleudert.
    Irgendwo in der Ferne hörte er ein Grollen. Oder war das ein Schrei gewesen? Er
    hockte hier in der Dunkelheit, unter einem Wagen, und wusste nicht, was draußen
    vor sich ging. Aber jetzt hinauszukriechen wäre alles andere als vernünftig. Er
    musste Geduld haben und Gott vertrauen. Irgendwann hörte jeder Sturm auf. Er
    blieb sitzen, starrte in die Dunkelheit und lauschte ihren Atemzügen. Ich bin
    glücklich, dachte er, wie seltsam, in dieser schrecklichen Situation bin ich
    glücklich ...
    Sie spürte den Schnitt
    ganz deutlich. Ein Ziehen und Brennen im Rücken, dort, wo die Nieren waren.
    Dann sah sie ihre Augen. Brennende Augen in schwarzen Gesichtern. Und sie,
    Emma, konnte nichts tun, konnte sich nicht wehren, musste einfach weiter
    daliegen und hoffen, dass alles bald ein Ende hatte. Sie wollte schreien, doch
    auch das gelang ihr nicht. Ihre Schreie waren stumm, und niemand konnte ihr zu
    Hilfe kommen. Sie wollte den Kopf hin und her werfen, strengte sich an, sich
    aus den harten Griffen zu befreien, doch sie konnte sich nicht bewegen. Ihr
    Körper gehörte nicht mehr ihr, sie hatten ihn schon in Besitz genommen. Panik
    überfiel sie, sie wollte sich wehren, treten, beißen, schlagen, schreien, doch
    je mehr sie sich bemühte, umso steifer und kraftloser wurde sie. Sie war
    hilflos ... und ausgeliefert. Und plötzlich war alles vorbei. Sie waren
    verschwunden ... und sie wurde von einer unendlichen Müdigkeit fortgerissen.

9
    John rieb sich die
    Augen. Der Wind hatte aufgehört zu heulen. Kein Sand

Weitere Kostenlose Bücher