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Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Titel: Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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Himmel war jetzt braungelb. Der Wind heulte, wirbelte Sand auf,
    der sich zwischen seine Zähne setzte. Er musste die Augen zukneifen. Der Wind
    zerrte an seinen Kleidern und Haaren. Keinen Vogel konnte er mehr entdecken.
    Hastig warf er drei Kisten hinunter, sprang selbst hinterher und rückte sie mit
    aller Kraft vor den Wagen, direkt zwischen Vorder-und Hinterrad. Die Staubwand
    schien bis hinauf in den Himmel wachsen und erreichte gerade den Fuß des Hangs,
    auf dem sie festsaßen, als er unter den Wagen zu Emma kroch und hoffte, dass
    Wagen und Kisten für diesen Sturm zu schwer wären. In diesem Augenblick heulte
    der Wind auf und rüttelte an allem, was sich ihm in den Weg stellte.
    „Was ist das?“ Emma war hochgefahren und sah ihn aus glasigen
    Augen an. „Nur der Sturm“, sagte er und versuchte Ruhe und Gelassenheit in
    seine Stimme zu legen. Er lächelte sogar. „Keine Sorge, ich bin da. Legen Sie
    sich hin und versuchen Sie zu schlafen.“ Behutsam legte er die Hand auf ihre
    Schulter, damit sie sich zurücklegte. Sie rückte enger an ihn und hielt seine
    Hand fest. „Bitte“, flüsterte sie, „lassen Sie mich nicht allein.“ Sie kauerte
    sich an ihn, ihr Kopf lag an seiner Brust, ihre Hand in seiner Hand. Er spürte
    ihr Zittern und legte den Arm um ihre Schulter. Jesus Christus, steh mir bei.
    Ich will nichts Schlechtes ... „Wir sollten beten, Emma“, sagte er. Doch sie
    war schon in seinem Arm eingeschlafen.
    Donnernd traf die Wucht
    des Sturms auf die Verbarrikadierung. Über ihnen peitschten die losen Enden der
    Riemen auf die Planken. Bei jedem Schlag zog John reflexartig den Kopf ein.
    Zwischen den Kisten, die er als Schutz aufgestellt hatte, fegte der Sand
    herein, und er musste sich und Emma ein Tuch vor die Nase binden, damit sie
    nicht den Staub einatmeten. Wie würde es nur Paul und Hassan mit den Tieren
    ergehen? Was geschähe, wenn die Tiere scheuten und in allen Richtungen
    davonliefen? Hätte er nicht doch mitgehen sollen? Aber was wäre dann mit Emma
    geschehen? Man hätte sie doch unmöglich hier allein lassen können. Seine
    Gedanken drehten sich im Kreis.
    Inzwischen war es stockdunkel
    geworden. Emmas Stirn war so heiß, dass er begonnen hatte, ihr Wadenwickel zu
    machen. Die Frau von Pastor Emig hatte ihm davon erzählt. Als sie nach
    Australien gekommen war, hatte sie Lehrbücher von einem Herrn Hahnemann dabei.
    Sie hatte schon einige Krankheiten mithilfe seiner Methoden geheilt. John hatte
    sein Hemd ausgezogen und nur die Weste anbehalten, hatte es auseinander
    gerissen und die Stücke in den Eimer mit Wasser getaucht, das er aus dem
    letzten halb vollen Kanister gefüllt hatte. Ihnen blieben noch etwa anderthalb
    Liter zum Trinken. Das müsste genügen, bis Paul oder Hassan mit den Kamelen und
    hoffentlich einem Kanister frischem Wasser zurückkam. Vorsichtig schob er ihren
    Rocksaum über die Knie, zog ihr die Schuhe aus und wickelte einen
    wassergetränkten Lappen um ihre heiße Wade. Dann wiederholte er dasselbe mit
    dem anderen Bein. Da es dunkel war, konnte er nichts sehen, sondern musste sich
    vortasten. Jesus Christus, betete er immer wieder, bewahre mich vor schlechten
    Gedanken!
    Er glaubte jemanden rufen zu hören. Waren das Paul
    und Hassan? Vielleicht war es aber auch nur das Heulen des Windes. Er befühlte
    die Tücher an Emmas Beinen. Bald müsste er sie erneuern. Er lehnte sich an die
    Innenseite des Wagenrades. Emma lag neben ihm und hielt seine Hand fest. Er
    dachte an Isabel, versuchte sich ihr Gesicht vorzustellen, doch es gelang ihm
    nicht mehr. Er hörte auch den Klang ihrer Stimme nicht mehr. Isabel verschwamm
    zu einem konturenlosen Gesicht, ihr sich auflösender Mund formte stumme Laute.
    Erschüttert verbot er sich diese Gedanken und konzentrierte sich auf
    Neumünster. Wenn sie diesen Berg hinter sich gebracht hatten, waren es nur noch
    wenige Tagesreisen durch ein recht einfaches Gelände. Sie müssten nur noch dem
    ausgetrockneten Flussbett des Finke River folgen.
    „Margarete ...“ John
    zuckte zusammen. „Es war das Nierenfett ...“ Emmas Stimme klang undeutlich. Im
    Heulen des Sturms konnte er sie kaum verstehen. Er beugte sich näher zu ihr und
    drückte ihre Hand. „Emma?“ „Sie haben ihr das Nierenfett genommen ...“,
    murmelte sie durch das Tuch vor ihrem Mund. „Sie phantasieren. Das ist nur das
    Fieber“, sagte er und versuchte die Geräusche des Windes zu übertönen. Über ihm
    peitschten die Riemen auf die Kisten.

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