Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Titel: Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
Vom Netzwerk:
Wenn dieser Punkt nicht John war, dann hatte er sicher schon die
    andere Seite des Berges erreicht, sagte sie sich. Wie spät war es überhaupt?
    Sie trug keine Uhr, Paul hatte ihr immer die Uhrzeit gesagt. Paul ... Paul war
    einfach weggegangen ...
    Ihre Hände zitterten und
    fühlten sich kalt an. Dabei war es sicher schon Mittag. Der Schatten des Wagens
    war zu einem schmalen Streifen geschrumpft, und sie merkte auf einmal, dass sie
    ihren Hut nicht trug. Ich muss in den Schatten, ermahnte sie sich, in den
    Schatten. Auf allen vieren kroch sie um den Wagen herum. Letzte Nacht hatte sie
    geglaubt, sie müsste sterben. Ihr Herz hatte nur noch ganz schwach und langsam
    geschlagen, und ihre Glieder waren so schwer gewesen, dass sie sich nicht bewegen
    konnte. Sie wunderte sich, dass sie den Weg um den Wagen herum überhaupt
    schaffte. Als sie endlich den Durchschlupf erreicht hatte, legte sie sich auf
    den Boden, wäre am liebsten einfach dort eingeschlafen. Doch die Sonne brannte
    von einem hellblauen, wolkenlosen Himmel und sie musste in den Schatten. So
    zwang sie sich, bis unter den Wagen weiterzukriechen Sie streckte die Hand nach
    dem Blechbecher aus, den John mit dem Rest Trinkwasser gefüllt hatte. Ihre
    Finger tasteten über den Rand und ... oh, nein ... Der Becher fiel um. Hektisch
    versuchten ihre Finger, den Becher zu fassen, doch die letzten Tropfen waren
    schon herausgelaufen und bildeten dunkle, feuchte Flecken im Sand. „Lieber
    Gott“, flüsterte sie, „lass mich nicht verzweifeln.“
    Sie versuchte sich wach
    zu halten, indem sie zwischen den Kisten hindurch in die Helligkeit des Mittags
    hinaus sah. Die Ebene war zu einer gleißenden Fläche geworden, die ihre Augen
    blendete. Sie spürte ihr Fieber. Ihre ausgetrocknete Kehle schmerzte, und das
    Schwindelgefühl wurde stärker. Eine Zeit lang kämpfte sie dagegen an, riss
    immer wieder die Augen auf, stemmte sich mit den Armen vom Boden ab, damit sie
    nicht zusammensackte, doch schließlich waren ihre Kräfte verbraucht.
    Verzweifelt kauerte sie sich auf dem Boden zusammen. Bald mussten sie
    zurückkommen. John und Paul und Hassan ...

    Ein Geräusch weckte sie.
    Schwerfällig hob sie die Augenlieder. Das Licht ließ sie zurückzucken. Aber war
    nicht ein Schürfen oder Reiben in ihre wirren Phantasien eingebrochen? Da! Im
    hellen Viereck des Eingangs lag etwas. Ihr Gehirn arbeitete langsam. Was war
    das? Schwarz hob es sich von der gleißenden Helligkeit ab. Ihr Instinkt schlug
    Alarm, zwang sie, sich aufzurichten. Sie riss sich zusammen, sammelte all ihre
    Kraft und stützte sich auf die Arme. Aber ... Sie starrte das schwarze,
    glänzende Etwas an ... Das war doch ... Aber John hatte sie doch getötet ...
    die Schlange ... Im Gegenlicht sah sie das Gewehr, das an der Außenseite des
    Wagens lehnte. John hatte es dahin gestellt, nachdem er auf die Schlange
    geschossen hatte ... oder nicht?
    Sie zuckte zurück. Das
    schwarze Etwas hatte sich bewegt. Es gab keinen Zweifel: Es war eine Schlange.
    Noch eine Schlange. Wo eine Schlange ist, ist oft eine zweite, hatte sie gehört
    ... Sie musste jetzt klar denken. Ihr Herz hämmerte, ihr Atem ging rasend
    schnell. Das Gewehr lehnte außen am Wagen, auf halbem Weg zwischen ihr und der
    Schlange. Wer wäre schneller?
    Ein Lichtstrahl blitzte
    auf der glänzenden Schlangenhaut. Hinter dem Kopf, der nur wenige Zentimeter
    über dem Boden schwebte, krümmte sich der Körper seitlich, sodass der Kopf in
    einer blitzschnellen Bewegung nach vorne schnellen könnte. Lieber Gott, Jesus
    Christus, Heiliger Geist, steh mir bei! Lass dein Geschöpf, die Schlange, etwas
    anderes suchen als mich ... Was sollte sie tun? Nach hinten konnte sie nicht
    fliehen. John hatte den Wagen mit Kisten umstellt. Emma streckte vorsichtig den
    Arm nach hinten, versuchte, eine Kiste zurückzuschieben. Unmöglich. Sie war
    viel zu schwer. Es gab nur einen Weg
    unter dem Wagen hervor - und genau dort lag die Schlange. Leise zischend
    züngelte die lange gespaltene Zunge. Ihr Kopf bewegte sich nun über die Grenze
    zwischen dem Licht und dem schmalen Streifen Schatten, den der Wagen warf. Es
    war zu spät, um zum Gewehr zu stürzen. Emma hätte sich direkt vor die Schlange
    werfen müssen. Die Schlange kroch näher, langsam und geschmeidig und fast
    lautlos, bis auf das leise Zischen der Zunge und das kaum hörbaren Schürfen der
    Haut auf dem rauen, trockenen Boden. Emma wagte kaum zu atmen. Sie starrte die
    Schlange an, als könne

Weitere Kostenlose Bücher