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Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Titel: Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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Körper
    einer Black Snake. Ihr Biss würde einen erwachsenen Menschen in weniger als
    einer Stunde töten. Nur keine rasche Bewegung, mahnte sich John, beweg dich
    ganz langsam, du darfst sie nicht erschrecken, ganz vorsichtig ... So langsam
    wie möglich stand er auf.
    Die Schlange rührte sich nicht, lag da,
    harmlos, wie ein vergessener Gürtel. Er musste das Gewehr vom Wagen nehmen.
    Vorsichtig hob er den rechten Arm, die Schlange ließ er dabei nicht aus den
    Augen. Wie schnell wäre sie unter dem Wagen bei Emma! Seine Hand tastete sich
    vor und bekam das Metall des langen Laufs zu fassen. Er hob das Gewehr über den
    Wagenrand. Langsam, ganz langsam. Da, plötzlich bewegte sich die Schlange
    weiter. Wie ein großes, wulstiges S glitt sie über den Sand. Nur das leise
    Reiben der Schlangenhaut über den körnigen Boden war zu hören. Zielsicher
    steuerte die Schlange auf den Wagen zu. In wenigen Sekunden wäre sie bei Emma.
    Er wusste, er hatte nur zwei Schuss. Er riss das Gewehr zu sich heran, lud
    durch, zielte und feuerte. Die Schlange schnellte nach vorn, ihr Kopf erreichte
    fast den Wagen. Sand spritzte auf.
    Daneben. Er drückte wieder ab. Die Kugel riss den schwarzen Körper zurück und
    schleuderte ihn in die Luft. Ein letzte Zucken ging durch ihren Leib, als sie
    in den Sand fiel.. Der Schuss hallte noch immer durch die weite Ebene.
    Er atmete auf und sah
    dass Emma unter dem Wagen hervorblickte. Erst sah sie die Schlange, dann John
    an. Er ließ das Gewehr fallen. Mit einem dumpfen Geräusch landete es im Sand.
    Was wäre geschehen, wenn er ein paar Minuten früher aufgebrochen wäre? „Es tut
    mir Leid“, stieß er leise hervor. Er würde bei ihr bleiben. Und wenn es seinen
    Tod bedeuten würde. Vielleicht war das ja seine Bestimmung. Sie hob ihren Blick
    zu ihm und sah ihn an, als begegne sie ihm zum ersten Mal. „Nein, John, Sie
    müssen gehen.“ Er fiel auf die Knie. Sein Gesicht war dem ihren jetzt ganz nah.
    „Emma, die Schlange hätte Sie getötet!“ Sie betrachtete wieder die schwarze
    Schlange. Dann sah sie ihm in die Augen und sagte leise zu ihm: „Ich sende
    einen Engel vor dir her, damit er dich auf deinen Wegen behüte und dich an den
    Ort führe, den ich bestimmt habe ...“ Sie berührte seine Hand. „Gott ist mit
    uns, John.“ Er drückte ihre Hand. „Emma, ich ...“, begann er, um ihr endlich
    das zu gestehen, was er so lange unterdrückte hatte. „Schhhhhh ...“ Sie
    schüttelte den Kopf. „Gehen Sie schon ...“ Sie zog ihre Hand zurück und auch
    ihren Blick – und das schmerzte ihn so, dass er am liebsten in den Staub
    gesunken wäre und geweint hätte. Doch er schluckte nur und stand dann auf,
    klopfte sich den Sand von den Hosenbeinen, bückte sich nach dem Gewehr und
    schleuderte mit dem Lauf den Schlangenkörper in die Büsche. Dann lud er das
    Gewehr neu und lehnte es ans Wagenrad. „Für alle Fälle. Ich bin so schnell wie
    möglich zurück.“
    Ohne sie noch einmal
    anzusehen, drehte er sich zum Wagen, kletterte hinauf und holte einen der
    leeren Wasserkanister herunter. Mit diesem als einzigem Gepäck marschierte er
    los, den Berg hinauf.

10
    Mühsam schleppte Emma
    sich auf die Seite des Wagens, von der aus sie den Berg beobachten konnte,
    lehnte sich dort an das hintere Wagenrad und sah John nach. Er war schon ein
    großes Stück vorangekommen, und sie beobachtete, wie er zwischen den
    grausilbrigen Büschen hinaufstieg. Der Weg fiel ihm nicht leicht, immer wieder
    blieb er stehen, um zu verschnaufen. Sie spürte noch seine Lippen auf den ihren
    - noch nie hatte jemand sie so zärtlich geküsst ... aber ... Es durfte nicht
    sein ...

    Irgendwann musste sie eingenickt
    sein, denn sie fuhr hoch, als ihr Kopf zur Seite sackte und an die Holzspeiche
    des Rades schlug. Sie riss die Augen auf. Gerade eben noch hatte sie geglaubt,
    in einen tiefen, dunklen Abgrund zu stürzen. Vor ihren Augen flimmerte es. Der
    Schwindel von heute Morgen war zurückgekehrt. Sie konzentrierte sich auf einen
    Punkt, von dem sie annahm, dass es John war, kniff die Augen zusammen,
    bekämpfte die aufsteigende Übelkeit, doch der Punkt bewegte sich nicht. Er
    verharrte vor dem Busch, der vor dem engen Durchgang zwischen den Bergspitzen
    wuchs. War das John oder war es nur ein Felsbrocken? Sie hielt den Atem an und
    starrte auf die Stelle ... Hatte sich nicht doch etwas bewegt? Vielleicht
    machte er eine Rast? Sie durfte nicht wieder einschlafen. Sie musste unbedingt
    wach bleiben.

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