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Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)

Titel: Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
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wolligen Höcker und Kopfe der
    Kamele. Und am Horizont erhoben sich die rötlich leuchtenden Berge aus dem
    Nebel. Irgendwo dort lag Stuart. Von da wären es nur noch zwei Tagesreisen nach
    Neumünster. Ihr Herz schlug heftiger. Neumünster, dachte sie, sie konnte es
    kaum erwarten, dort anzukommen.
    Sie sah zu Paul hinüber.
    Seit er mit Hassan und John zurückgekommen war, hatte er kaum mit ihr
    gesprochen. Auch bemerkte sie, dass er ihrem Blick immer wieder auswich, und
    wenn er sie doch ansah, dann glaubte sie, eine tiefe Verunsicherung darin zu
    erkennen. Lag es an ihrer Veränderung?
    „Was ist mit dir?“
    Sofort sah er weg, blickte geradeaus und ließ die Zügel knallen. „Warum fragst
    du mich das, Emma? Warum fragst du dich nicht selbst?“ Er wich ihr aus. Sollte
    das immer so weitergehen? „Ich denke eher, du bist mir eine Erklärung schuldig“, sagte er schließlich. „Ich?“ Sie
    begriff nicht. Er ließ sich Zeit mit der Antwort und knallte mit der Peitsche.
    Die Kamele brüllten auf. „Was meinst du, Paul? Ich verstehe nicht ...“ „Nein?
    Wirklich nicht?“ Es klang herausfordernd. „Dann will ich es dir erklären: Kaum
    bist du mit John allein, wirst du gesund!“ Wieder knallte er mit der Peitsche.
    Emma war sprachlos. Was unterstellte er ihr? „Paul, du irrst dich ...“ Weiter
    kam sie nicht. „Ich soll mich irren?“, schrie er sie an. „Ich habe Augen im
    Kopf!“ Jetzt hieb er mit voller Wucht auf die Kamele ein. „Paul!“ Sie ertrug es
    nicht länger. „Hör auf, die Tiere zu quälen! Sie können nichts dafür!“ „Sie
    sind faul und störrisch!“, erwiderte er und versetzte ihnen einen weiteren
    Schlag. Er hieb immer wieder auf sie ein, bis Emma ihm in den Arm fiel. „Hör
    endlich auf!“, schrie sie ihn an. „Hör auf!“ Verstört sah er sie an und ließ
    den Arm sinken. Noch nie hatte sie ihn so angeschrien. Schweigend und den Blick
    stur geradeaus gerichtet, hockte er auf dem Kutschbock, die Zügel locker in der
    Hand. Die Tiere fielen in ihren eigenen Trott.
    Und auf einmal lichtete sich der Nebel
    und gab den Blick auf eine mit Büschen und Baumgruppen bewachsene Ebene frei,
    durch die sich das sandige Bett des ausgetrockneten Finke River wand wie eine
    große weiße Schlange.
    Am frühen Nachmittag
    erreichten sie die Wasserstelle, an der Paul und Hassan den anderen Wagen und
    auch die Rinder und Pferde zurückgelassen hatten. Die Tiere hatten sich nicht
    von der Wasserstelle entfernt. Am Ufer fanden sie genügend Gräser und Büsche,
    sodass sie nicht woanders nach Futter suchen mussten. Auch waren sie wohl zu
    erschöpft, um herumzustreifen. Die Wasserstelle lag mitten im sandigen Bett des
    ausgetrockneten Finke River. Felsbrocken lagen entlang des Ufers, an dem auch
    die hellstämmigen Eukalyptusbäume wuchsen. Emma stellte sich vor, wie einst das
    große Binnenmeer mit seinen gewaltigen Wassermassen abgeflossen war, wie es
    tosend und donnernd Felsen mit sich riss, bis es irgendwann versiegte, sodass
    die Steinbrocken einfach liegen geblieben waren. Sie kletterte vom Wagen, und
    sofort sanken ihre Schuhe im feinen Sand eins. Sie bückte sich, um sie
    auszuziehen. Sie konnte sich kaum vorstellen, dass sich hier nach langen oder
    starken Regenfällen reißende Fluten hinunterwälzten. Doch das Flussbett war
    breit, bestimmt achtzig Meter, wenn nicht sogar mehr, und das Wasser würde die
    Ebene überfluten.
    Im Schutz mächtiger
    Felsbrocken, die Emma an gigantische Eier eines Urlebewesens erinnerten,
    schlugen sie im weichen Sand ihr Lager auf. Während Hassan und Paul die Kamele
    ausspannten und ihnen wie üblich die Vorderfüße zusammenbanden, nahm John das
    Gewehr und verschwand zwischen den Felsen und Bäumen. Emma wollte ihre Kleider
    waschen. Das Wasser war so glatt wie ein Spiegel, sodass sie sich darin sehen
    konnte. Wie angenehm es sein würde, wenn sie die Hände darin eintauchte. Doch
    als sie es tat, bildeten sich Ringe, und ihr Gesicht löste sich auf - gerade
    als sie sich erkannt hatte.

13
    Schon von weitem konnte
    Jalyuri sie zwischen den Bäumen am Rande des trockenen Flussbetts ausmachen.
    Die drei Frauen, Isi, Mani und seine Tante, waren schmale, zerbrechliche dunkle
    Wesen. Sie bereiteten das Essen vor oder sammelten Beeren und Wurzeln. Der Wind
    wehte leise Laute von ihnen heran. Als er näher kam, konnte er ihre Stimmen
    hören. Isi, seine erste Frau, bemerkte ihn und verstummte.
    „Jalyuri, du bist schon zurück?“ Sie hatte aufhört,

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