Das Leuchten der purpurnen Berge (German Edition)
mit einem
Stein Bush Tucker auf dem Coolamon zu klopfen. Jalyuri nickte und hockte sich
ihr gegenüber in den Sand. Mani und seine Tante kamen näher. Sie trugen Rinde
und Zweige und sahen ihn erstaunt an. Er blickte sich um, doch es war niemand
in der Nähe. Sie hatten offenbar das Lager an der Missionsstation verlassen, um
in der weiteren Umgebung zu jagen und nach Nahrung zu suchen. „Wo sind die
anderen, und wo ist mein Sohn?“, fragte er. Isi fing wieder an zu klopfen. Sie
zerkleinerte die Schale einer Frucht, aus der kleine rote Beeren herausfielen.
„Dein Sohn ist mit den anderen unterwegs zum Jagen“, antwortete sie, ohne ihn
anzusehen.
Er betrachtete sie. Sie,
die sonst so kräftig war, war dünner geworden, seit er gegangen war. Ihre
Brüste hingen schlaff auf ihrem aufgeblähten Bauch. Der Rockbund saß stramm
unterhalb ihres Nabels. „Der Medizinmann war hier. Er sucht dich“, sagte Mani,
deren Bauch auch dicker geworden war ... aber aus anderen Gründen. Sie legte
das Brennholz ab und drückte ihre langen, dürren Arme ins Kreuz. Sie hatte
seinen Blick bemerkt. Ein kurzes Lächeln glitt über ihr kleines Gesicht mit den
großen Känguru-Augen. Sein Onkel hatte sich mit ihrem Onkel geeinigt, dass sie
Jalyuris Frau werden sollte. Nach den Gesetzen waren nur noch zwei andere
Frauen in Frage gekommen. Die eine war zu alt, und die andere, die
Dreizehnjährige, war schon einem älteren Mann aus dem Nachbarstamm versprochen.
Die alten Männer brauchten junge Frauen, damit diese sie versorgen konnten.
Jalyuri war mit seiner
zweiten Frau zufrieden. Sie war gesund, und ihre Augen gefielen ihm. Er hätte
sowieso nichts gegen die Entscheidung seines Onkels tun können. So war es schon
immer gewesen, und das war gut so. Es vermied Streit. Und wenn Frauen gewaltsam
von Männern anderer Stämme weggeholt wurden, dann musste man um sie kämpfen.
Der Kindergeist war zu
der alten Wasserstelle gekommen, hatte Mani ihm anvertraut. Vor Monaten war
dort das Wasser versiegt. Die Frauen waren in das Loch hinuntergestiegen und
hatten mit den Händen tiefer gegraben. Doch es war nicht viel Wasser gekommen.
Dass dennoch ein Kindergeist in den Leib seiner Frau geschlüpft war, deutete
Jalyuri als gutes Zeichen. Er warf ihr einen Blick zu. Sie rieb sich mit einem
zufriedenen Ausdruck über den nackten Bauch.
„Was ist mit deinem
Bruder, Jalyuri?“, fragte jetzt seine Tante und legte Isi zwei weitere Früchte
zum Aufklopfen neben den Coolamon. „Ich hab’ die Missionare gesehen“, sagte er,
ohne auf ihre Frage zu antworten. „Zwei Männer und eine Frau. Und ein
Kameltreiber war noch dabei.“ Er verstummte. Nein, er würde ihnen nichts von
seiner Reise erzählen, von den Goldgräbern, von der Missionarin mit dem
hellgelben Haar.
Die Frauen schwiegen.
Nur das stete Klopfen des Steins auf dem Holz war zu hören. „Was will
Wirinun?“, fragte er schließlich. „Geh hin, und frag ihn“, erwiderte Isi knapp,
wie es ihre Art war. Sie redete nie um die Dinge herum. „Aber mein Sohn ist
doch nicht mehr krank, oder?“, fragte er vorsichtig. „Jungala geht es gut“,
antwortete Isi, ohne von ihrer Arbeit aufzusehen. Er beobachtete seine Frau,
sie schien nichts vor ihm zu verbergen. Und was war mit den anderen beiden
Frauen? Mani wandte sich ab, als er sie ansah. „Was ist?“, fragte er. „Nichts“,
gab sie zur Antwort. „Was ist das für eine Frau?“ Das kam von seiner Tante. Isi
hörte auf zu klopfen, und auch Mani musterte ihn. Er sah hinunter zum sandigen
Bett des Flusses, dem er gefolgt war. Die mächtigen weißen Stämme der
Geisterbäume strahlten hell in der Mittagssonne. Ein hohles Klirren drang
herüber, wenn der Wind durch die silbrigen scharfen Blätter fuhr.
„Jalyuri, was ist das
für eine Frau, die Missionarin?“, wiederholte die Tante in schärferem Ton. Er
stand auf. Nein, auf diese Frage würde er nicht antworten. Was sollte er auch
sagen? Er kannte sie doch gar nicht ... „Ich gehe den Medizinmann suchen.“ Mit
diesen Worten ging er in die Richtung der alten Wasserstelle. Etwas sagte ihm,
dass er ihn dort finden würde. Noch immer hatte das Klopfen nicht wieder
begonnen, und in seinem Rücken spürte er die Blicke der Frauen.
Seine Füße trugen ihn
über die trockene Erde, über spitze Steine und Dornen, die kein Känguru fraß.
Schon auf dem langen Weg zurück hatte er die Trockenheit sehen können. Die
Wasserlöcher waren kleiner
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